An der Säbener Straße gibt es gerade für rekordmeisterliche Verhältnisse recht viele schlechte Nachrichten. Ergebnistechnisch läuft zwar (natürlich) alles gewohnt rund beim FC Bayern München: Das Team von Trainer Hansi Flick ist Spitzenreiter in der Bundesliga, die Qualifikation fürs Achtelfinale der Champions League ist auch schon in der Tasche, den Gruppensieg kann den Bayern keiner mehr nehmen.
Aber trotzdem sorgt man sich in München um die vielen Verletzten und die damit einhergehende Anfälligkeit in der Defensive.
"Da müssen wir uns verbessern, wir müssen die Tiefe besser absichern und die Räume eng machen", sagte Flick am Dienstag auf der Pressekonferenz vor dem Königsklassenspiel zu Hause gegen Lokomotive Moskau (Mittwoch, 21 Uhr/Sky). Beim 3:3 im Spitzenspiel gegen Leipzig hatte Flick einmal mehr zu viele Lücken ausgemacht. Auch der Aufbau hatte ihm nicht gefallen. Deshalb will Flick gegen Lokomotive "keine langen und unvorbereiteten Diagonalbälle" mehr sehen.
Auch Torwart Neuer forderte "mehr Stabilität. Die Kette muss gut stehen". 16 Gegentore in der Liga seien "definitiv zu viel". Die zuletzt angeschlagenen Abwehrspieler Lucas Hernández und Jérôme Boateng dürften in dem Spiel immerhin wieder zur Verfügung stehen. Doch auf den beiden wichtigen Positionen im defensiven Mittelfeld kann Flick zurzeit nicht aus dem Vollen schöpfen: Joshua Kimmich, Javi Martínez und Corentin Tolisso sind verletzt, die Neuzugänge Tanguy Nianzou und Tiago Dantas nicht für die Champions League gemeldet.
Flicks Gedanken seien allerdings weniger bei den Verletzten. Eher seien sie bei denjenigen Spielern, die zur Verfügung stünden. Hauptsache keine weiteren Rekonvaleszenten, bloß nicht allzu viele Kräfte vergeuden: Flick muss die hohe Belastung seiner Spieler im sportlich bedeutungslosen finalen Gruppenspiel gegen Moskau weise steuern. Wie zuletzt gegen Atlético Madrid wird er wohl auch einige Wechsel vornehmen und dabei auch mal wieder sein Improvisationstalent unter Beweis stellen.
Aus dem Profikader stehen ihm im defensiven Mittelfeld aktuell nur Leon Goretzka und Neuzugang Marc Roca zur Verfügung. Hinzu kommen zwei Unerfahrene: Der 19-jährige Angelo Stiller aus der zweiten Mannschaft sowie Max Zaiser, 21 Jahre alt.
Der Fokus sei "ganz klar, dass wir das Spiel gewinnen und unsere Serie ausbauen wollen", betonte Flick. Auf dem schmalen Grat zwischen Automatismen einspielen und Belastungssteuerung wird er also höchstwahrscheinlich nicht Zaiser und Stiller ins kalte Startelfwasser werfen, damit sie mehr Spielpraxis bekommen, sondern eher auf ein Tandem aus Goretzka und Roca setzen.
Der Neuzugang von Espanyol Barcelona kam bislang nämlich noch nicht so richtig zum Zug. In Bundesliga, Pokal und Königsklasse setzte ihn Flick erst in jeweils einer Partie ein. Unterm Strich stehen für dem 24-Jährigen erst 156 Spielminuten, 90 davon im DFB-Pokal gegen den FC Düren. Ihm fehlt entsprechend noch etwas die Anbindung zum Team. "Ich muss an Intensität und Aggressivität gewinnen", sagte Roca zuletzt dem spanischen Radiosender "Cadena Ser".
Nach einer Gelb-Rot-Sperre, die er sich in der Champions-League-Partie gegen Salzburg einhandelte, verpasste er das vergangene Spiel gegen Atlético Madrid. Zwar attestierte ihm Flick "ein sehr gutes Debüt" in der Königsklasse, der Platzverweis aber sei "unnötig" gewesen: "Da war er etwas zu ungestüm". Nun ist Roca gegen Lok Moskau wieder spielberechtigt.
Roca kam im Sommer als amtierender U21-Europameister nach München, gilt als technisch guter Defensivspieler, der auch im Spielaufbau Akzente setzt. "Er wird hoffentlich immer wieder mal für den ein oder anderen einspringen und dann auch seine Leistung abrufen können", sagte Flick damals bei "Eurosport" über Roca nach dessen Verpflichtung.
Einspringen wird er nun wohl im Spiel gegen Lokomotive Moskau. Roca bekommt damit wieder eine Gelegenheit, sich auf großer Bühne zu zeigen – und den Experten zu beweisen, warum Bayern München ihn im Sommer zurecht für neun Millionen Euro aus der zweiten Liga Spaniens holte.
Immerhin überbrachte Flick am Dienstag auf der Pressekonferenz trotz der vielen Negativnachrichten die "freudige" Botschaft, dass der lange Zeit verletzte Alphonso Davies erstmals wieder im Kader stehen wird. "Und es ist auch angedacht, dass er spielt", betonte Flick. Weltmeister Tolisso sei "vielleicht" am Samstag bei Union Berlin wieder eine Option, erklärte Flick.
Die Sorgen der Bayern müsste man haben...
(as/mit Material von sid)