Seit Todd Boehly den FC Chelsea im Mai 2022 übernommen hat, investierte der amerikanische Unternehmer mittlerweile schon 600 Millionen Euro für neue Spieler. Der 49-Jährige will den Londoner Klub mit aller Macht wieder erfolgreich machen und scheut sich daher nicht, sein Geld in die Hand zu nehmen.
Ex-Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge nahm dies zum Anlass, die Premier League zu kritisieren: "England gibt astronomische Summen auf eine wenig intelligente, irrationale Weise aus", spottete die Bayern-Legende zuletzt im Interview mit der "Corriere dello Sport".
Ein anderer Ex-Bayern-Boss forderte bei dieser Gelegenheit stattdessen die Abschaffung der "50+1"-Regel in Deutschland: "Wir wären total dafür, dass diese Regelung fällt", positionierte sich Bayern-Ehrenpräsident Uli Hoeneß in der vergangenen Woche in einer Talkrunde der "Neuen Presse". Durch die Regel, wonach Bundesliga-Vereine mehr als 50 Prozent der eigenen Anteile halten müssen, gerate die Bundesliga "international total ins Hintertreffen."
Für seine Forderung gibt es nun heftigen Gegenwind: Ausgerechnet die Bayern-Ultras nutzten das Spitzenspiel gegen Union Berlin (3:0) für eine Botschaft an ihren Ehrenpräsidenten.
"Wenn jeder für sich entscheidet, ist noch lange nicht jedem geholfen, Uli", lautete das Spruch-Banner in der Südkurve. Darunter der Schlachtruf, den sich nahezu alle Ultras in der Bundesliga teilen: "50+1 bleibt unverhandelbar!"
Bei den Fans sind Großinvestoren extrem unbeliebt: Einerseits, weil sie oft umfangreiche Einflussnahme fordern, was dann in Zeiten des sportlichen Misserfolgs zu vereinsinternen Gefechten führt – wie man an den Beispielen Martin Kind (Hannover), Klaus-Michael Kühne (Hamburg) und Lars Windhorst (Hertha) sieht.
Andererseits, weil die Fans finden, dass Großinvestoren mit ihren Geldern den Wettbewerb verzerren – weshalb Ultras in der Bundesliga seit Jahren schon gegen Red Bull (Leipzig) und Dietmar Hopp (Hoffenheim) wettern. Die Wettbewerbsverzerrung beklagt auch Uli Hoeneß. Besonders im internationalen Vergleich sieht er Teams wie Chelsea, Manchester City oder Paris Saint-Germain klar im Vorteil.
Viele Fans und Funktionäre befürchten, dass durch eine Abschaffung der "50+1"-Regel die Traditionsvereine, die sich gegen den Einstieg eines Investors sträuben, aus der Bundesliga verdrängt werden könnten. Die Änderung könnte aber auch den Wettbewerb an der Tabellenspitze steigern, argumentiert Bayerns aktueller Vorstandsboss Oliver Kahn.
Man könne "davon ausgehen, dass unsere Konkurrenz stärker [wird], wenn die 50+1-Regel fällt", erklärte er letztes Jahr dem Sportmagazin "11Freunde". Trotzdem kämpfen die Bayern-Bosse gegen die Regelung, denn: Um den FC Bayern "in der absoluten Spitze zu halten [...] brauchen wir alle eine hochklassige Liga", weiß Kahn.
Dabei gehe es nicht darum, den FC Bayern zu verkaufen. Die Münchner wollen – unabhängig von der 50+1"-Regel – unabhängig bleiben: "Das ist unsere Basis, unsere Kultur", betont Kahn.
Allzu hohe Hoffnungen, dass es mit einer Abschaffung der Regel klappt, hegt Kahn jedoch nicht. In der DFL haben die "50+1"-Befürworter um BVB-Boss Hans-Joachim Watzke nach wie vor eine deutliche Mehrheit. Zudem sei die "50+1"-Frage mittlerweile zu einer ideologischen geworden, meint Kahn: "Jeder, der das Konzept in Frage stellt oder zumindest mal Gedankenspiele anregt, ist automatisch der Böse", bemängelt der Bayern-Boss.