Durch eine 1:2-Pleite in Leverkusen ist Bayern München am Sonntag von der Tabellenspitze gestürzt. Durchaus überraschend für die Bayern-Bosse – spätestens nach dem souveränen Viertelfinaleinzug in der Champions League gegen Paris hatten die Funktionäre wohl gehofft, das Team habe seine Form-Schwankungen endlich überwunden.
"So wenig Antrieb, so wenig Mentalität, so wenig Zweikampfführung, so wenig Durchsetzungsvermögen habe ich selten erlebt", schimpfte Sportvorstand Hasan Salihamidžić nach dem Spiel entsetzt. "Das war nicht das, was Bayern München bedeutet. Wir haben alles vermissen lassen", haderte er mit dem erneuten Verlust der Tabellenführung.
Ausgerechnet einen Tag später erscheint das Interview mit Vereinspräsident Herbert Hainer im "Kicker": Der Bayern-Boss wehrt sich darin gegen das Gerücht, es gäbe eine interne Trainerdiskussion. Dass die Bayern nun als Verfolger in das Spitzenspiel mit Borussia Dortmund (1. April, 18.30 Uhr) gehen werden, war zum Zeitpunkt des Gesprächs noch nicht bekannt.
Schon zweimal hatte der FC Bayern in der laufenden Saison eine mehrere Wochen andauernde Sieglos-Serie. Infolgedessen wurde auch immer wieder über die Zukunft von Julian Nagelsmann spekuliert: Der 35-Jährige war zwar schon mit Leipzig und Hoffenheim erfolgreich, aber hat er schon genug Erfahrung, um das Star-Ensemble vom Weltklub FC Bayern zu leiten?
Im Interview mit dem "Kicker" stellte FCB-Präsident Hainer nun abermals klar, dass es vereinsintern solche Zweifel nicht gebe. "Die Trainer-Diskussion zwischendurch kam von außen, die haben nicht wir vom Zaun gebrochen", betont Hainer und spricht dem Trainer sein Vertrauen aus.
Die Bayern-Bosse planen langfristig mit Nagelsmann, daher habe man ihm ja auch direkt bei Einstellung einen Fünf-Jahres-Vertrag gegeben – von den 25 Millionen Euro Ablöse ganz zu schweigen. "Weil wir mit ihm etwas aufbauen wollen", wie Hainer erläutert.
Abgesehen davon, dass die Bayern ihrem noch jungen Coach Zeit geben wollen, sieht Hainer auch keinerlei Anlass für Kritik an dessen Leistungen: "Julian stellt die Mannschaft auf die unterschiedlichsten Situationen perfekt ein", findet er. Das habe Nagelsmann unter anderem "gegen Paris auf höchstem europäischen Niveau bewiesen."
Dass Nagelsmann noch dazulernt, findet Hainer nur natürlich. "Es ist logisch, dass Julian wie jeder Mensch mit der Zeit weitere Erfahrungen sammeln wird. Wir haben über 20 Top-Spieler, die alle immer in der Startelf stehen könnten und wollen – das ist nicht einfach", weiß er über das bayerische Star-Ensemble.
"Aber Julian macht es klasse", resümiert Hainer. "Man erkennt einen deutlichen Fortschritt in diesen eineinhalb Jahren", attestiert er schließlich seinem Coach.
Generell zeigt sich Hainer voll zufrieden mit dem Weg des FC Bayern. "Natürlich können andere Klubs mehr investieren", betont er mit Blick auf die englische Konkurrenz. "Aber schauen Sie sich an, was Hasan Salihamidžić unter diesen Voraussetzungen für einen Kader zusammengestellt hat", staunt er über dessen Transfers, mit denen Brazzo im Sommer vom Transfer-Buhmann zum Transfer-König wurde.
Dementsprechend wähnt er den Verein auch für die Zukunft gut aufgestellt. "Ich denke, dass der Übergang gut gelungen ist", erklärt er rückblickend auf das Ende der Ära Hoeneß/Rummenigge. "Hasan [Salihamidžić] hat ein herausragendes Gespür für die Kader-Entwicklung [...] und Oliver [Kahn] bringt den FC Bayern mit innovativen Ideen für die Zukunft voran", lobt er die neuen Bayern-Bosse.
"So, wie der FC Bayern dasteht, können die Fans sehr zufrieden sein", lautet sein Fazit. Ob er bei einem Interview direkt nach der Niederlage in Leverkusen genauso zuversichtlich geklungen hätte, bleibt zu spekulieren.