Angefangen hat alles mit David Beckham. Als erster Fußballspieler hat er es verstanden, sich nicht nur über seine spielerischen Leistungen zu profilieren, sondern als kosmopolitische Werbefigur. Wer mit Dreadlocks dem Papst die Hand schüttelt, muss sich nicht über seine Freistöße beweisen.
Seitdem sind Fußballspieler keine bloßen Athleten mehr, sondern Personen des öffentlichen Lebens, die durch alle Bereiche der Popkultur tingeln. David Alaba wird im Rap so häufig erwähnt wie Luxusautos, Robin Koch modelt für Luxusmarken und Cristiano Ronaldo hat sich selbst als Multimillionenmarke manifestiert. Man ist sogar geneigt zu sagen: Fußballer sind auch nur verkappte Influencer.
Der Verdacht erhärtet sich, wenn man sich den Auftritt von Manuel Neuer auf dem Youtube-Kanal des Lifestyle-Magazins "GQ" anschaut. In der Serie "10 Essentials" werden Prominente gefragt, ohne welche Gegenstände sie nicht leben könnten. In Neuers Fall sucht man vergeblich nach dem QVC-Logo.
Nachdem der Bayern-Torwart volksnah offenbart, dass eine Zehnerkarte für den ÖPNV zu seinen unverzichtbaren Gadgets gehört, glaubt man, sich in die Instagram-Story von Dagi Bee verirrt zu haben. "Das nächste Essential ist meine Gesichtssonnencreme von Newkee", erklärt der alabasterhäutige Neuer und es fehlt nur noch, dass er seine Hand hinter das beworbene Produkt hält, um den Kontrast zu schärfen.
"Die perfekte Manuel-Neuer-Wanderung wäre es", erzählt er weiter, womöglich als Elevator-Pitch für Jochen Schweizer, "zu Hause am Tegernsee zu starten über die Galaun, über Bodenschneid Richtung Valepp zu wandern, in mein Forsthaus zu gehen und da ein schönes Mittagessen zu haben". Was darf da nicht fehlen? "Die GT 5 Pro von Huawei." Auch die Marken des Lieblingsespressos und des süffigsten Proteinriegels erfahren die kauffreudigen Zuschauer:innen.
In den Kommentaren schlägt ein Nutzer deshalb vor, die Sendung doch eher "10 Dinge, für die Manuel Neuer Werbung macht" zu nennen. Vielleicht auch "Dauerwerbesendung Neuer", weil es noch dazu klinge, "als würde er ein Skript ablesen". Die Marken zu nennen, meint ein anderer, sei an sich ja in Ordnung, aber "wäre es wirklich so nötig gewesen, die Marken immer so zu betonen?"
Bei der GQ-Reihe nutzen die Teilnehmer in aller Regel die Möglichkeit, sich von einer anderen Seite zu zeigen, und im besten Fall noch ein individualistisches Alleinstellungsmerkmal aufzuweisen. Dabei kommt es auch gelegentlich vor, dass Markennamen zu sehen sind, sie werden aber entweder nicht weiter besprochen oder zumindest nicht im Kim-Kardashian-Duktus vorgetragen.
Der Comedian Teddy Teclebrhan kann einfach nicht ohne Weihrauch, Model Brooklyn Beckham liebt Zahnstocher, "um sich wie James Dean zu fühlen". Podcaster Tommi Schmitt zählt Kerzen zu seinen Must-haves, der Basketballer Moritz Wagner eher Zehenspreizer.
Jamal Musiala liebt berühmterweise Maultaschen und zwar zum "Mittagessen, Abendessen, als einen Snack". Und Schauspieler Jeremy Strong geht nirgendwo ohne die Schallplatte von Glenn Goulds erster Aufnahme der Goldberg-Variationen von Johann Sebastian Bach hin.
Auch Schade: Manuel Neuer bewirbt nicht mal einen Gutscheincode.