Am Schiedsrichter lag es nicht, dass Leipzig aus der Uefa Champions League flog: Nach dem beeindruckenden 1:1 im Hinspiel gingen die Sachsen am Dienstag in Manchester mit 0:7 unter, Erling Haaland markierte dabei gar einen Fünferpack.
"Wir wurden mehr oder weniger aufgefressen", zeigte sich Benjamin Henrichs bei Amazon Prime schockiert über die Höhe der Pleite. "Ich glaube, dass City heute mehr als verdient gewonnen hat", musste auch RB-Coach Marco Rose nach dem Spiel eingestehen. Daher sei es auch "nicht der richtige Zeitpunkt, um Ausreden oder Alibis zu suchen."
Trotzdem sorgte eine Schiedsrichter-Entscheidung im Anschluss für heftige Diskussionen: Nach dem fragwürdigen Handelfmeter in der 22. Minute attestierten manche Stars der Uefa sogar ein systemisches Problem im Umgang mit vermeintlichem Handspiel.
Beim Stand von 0:0 war eine Hereingabe in den Leipziger Strafraum gesegelt, wo Rodri im Luftduell mit Henrichs diesem den Ball von hinten an den Arm köpfte. Schiedsrichter Slavko Vinčić hatte es nicht gesehen, nicht mal die City-Spieler reklamierten.
Dann jedoch schaltete sich der Video-Assistant-Referee (VAR) ein, bat Vinčić in die Review-Area und der slowenische Schiedsrichter zeigte nach kurzer Betrachtung der Szene tatsächlich auf den Punkt. Haaland nahm das Geschenk dankend an und verwandelte zum 1:0.
Verstehen konnte die Entscheidung im Nachhinein niemand. "Du brauchst diese Armbewegung zum Hochspringen", verteidigte Ex-Bundesliga-Schiedsrichter Wolfgang Stark RB-Verteidiger Henrichs. "Ich hätte auf Weiterspielen entschieden, weil es für mich ein natürlicher Bewegungsablauf war", erklärt Stark bei Amazon Prime.
So oder so habe es sich nicht um eine "eindeutige Fehlentscheidung" gehandelt, daher resümiert Stark: "Für mich ist der VAR-Eingriff nicht in Ordnung."
Henrichs berichtete nach dem Spiel zudem von einem Gespräch mit dem Schiedsrichter: "Auf dem Spielfeld habe ich nichts gemerkt vom Handspiel. Der Schiedsrichter meinte, er hat es auch nicht wirklich gesehen, aber ihm wurde es gesagt. Wenn der Schiri dann durch den Videobeweis entscheidet und auf dem Platz keine Macht mehr hat... so ist der Fußball halt geworden."
Bei Amazon Prime Video echauffierte sich Matthias Sammer in der Halbzeit über die "Witz-Nummer". Er konnte nicht verstehen, wie "auf so einem Niveau solche katastrophalen Entscheidungen" fallen können. "Bei großen Spielen muss es klare Entscheidungen geben", fordert Sammer in Richtung Uefa.
Auch für BVB-Star Mats Hummels kann es so nicht weitergehen: "Wir brauchen eine Veränderung in der Entscheidungsfindung von Hand-Elfmetern", fordert Hummels auf Twitter. "Das geht derzeit in die falsche Richtung."
Schon beim BVB-Ausscheiden vor einer Woche hatte es einen kontroversen Handelfmeter gegeben, der – anders als beim Leipzig-Aus – sogar ausschlaggebend für die Dortmunder Niederlage war. Im Spiel gegen den FC Chelsea war es Marius Wolf, der im eigenen Strafraum den Ball mit dem angelegten Arm touchiert hatte. Schon da konnte kaum jemand die Elfmeter-Entscheidung nachvollziehen
Ex-Bundesliga-Schiedsrichter Manuel Gräfe hat bei dem Thema inzwischen resigniert: "Handstrafstoß nach VAR: Mir fällt dazu langsam nichts mehr ein", erklärte er auf Twitter nach dem Leipzig-Spiel.
"Mittlerweile sind wir beim Handspiel im Fußball wie beim Hockey mit dem Fuß: Jeder Winzkontakt wird gepfiffen. Und das ist nicht die Regel, sondern die Auslegung", beschwerte sich Gräfe über seine Uefa-Kollegen. Weshalb die Fans das nicht mögen, ist ihm klar: "Da hat man immer wieder den Eindruck kommt manches gelegen."
Allerdings tritt dieses Problem nicht nur im Europapokal auf, sondern auch in der Bundesliga: Erst am vergangenen Wochenende hatte der VAR im Spiel zwischen Hertha und Mainz auf ein Handspiel verwiesen, das mit bloßem Auge nicht erkennbar war.