Der FC Bayern München ist mal wieder frühzeitig aus dem Pokal ausgeschieden, gegen Saarbrücken (1:2) setzte es den entscheidenden Gegentreffer in der letzten Minute der Nachspielzeit. In den vergangenen vier Anläufen verlor der Rekord-Pokalsieger nun zum dritten Mal in der 2. Runde. Nur im vergangenen Jahr, als gegen Freiburg (1:2) im Viertelfinale Schluss war, ging es etwas weiter. Ein Halbfinale erreichten die Münchner zuletzt 2020, als später im Finale auch der Sieg gegen Leverkusen folgte. Damals wegen Corona sogar noch vor leeren Rängen.
Eine ähnlich lange Durststrecke beendete der Rekordmeister zuletzt vor rund 25 Jahren. 1998 gewannen die Bayern das Finale gegen den MSV Duisburg 2:1, nachdem zuvor zwölf Jahre lang nicht mal das Halbfinale erreicht wurde.
Nun müssen sich die Bayern-Bosse um Trainer Thomas Tuchel und Aufsichtsratsmitglied Uli Hoeneß das Pokalfinale am 25. Mai erneut im Fernsehen angucken, was nicht zu Festtagsstimmung in München führen wird. Der jährliche Anspruch der Münchner ist zumindest das Double aus Meisterschaft und DFB-Pokal. Daher war die Enttäuschung bei Tuchel nach der Pleite im "ARD"-Interview spürbar: "Wir sind super enttäuscht, wir wollten mit aller Macht nach Berlin."
Im Laufe des Abends musste Tuchel immer und immer wieder erklären, woran es lag, dass ein Drittligist die hohen Ansprüche seiner Mannschaft zunichtemachte. Bei "Sky" kritisierte er seine Mannschaft, besonders Innenverteidiger Min-jae Kim geriet dabei für sein Verhalten vor dem ersten Gegentor in den Fokus: Demnach sei es "keine gute Entscheidung gewesen, den Frans (Krätzig, d. Red.) da anzuspielen unter vollem Druck". Zusätzlich habe Krätzig danach eine unglückliche Entscheidung getroffen.
Doch damit noch nicht genug. Auch nach Krätzigs Ballverlust verhielt sich Kim nicht, wie vom Trainer erhofft. Beim Zweikampf mit Vorlagengeber Lukas Boeder fand Tuchel ebenfalls Mängel: "Min-jae geht danach in den Zweikampf, der ein 50/50-Zweikampf ist. Er kann auch auf den Beinen bleiben und ihn abdrängen und ihm einen Schuss aus spitzem Winkel geben."
Grundsätzlich machte Tuchel klar, dass aber nicht nur Kims Leistung nicht seinen Vorstellungen entspricht. Auch die Spielweise der Bayern-Profis passe nicht zu den Ideen, die der 50-Jährige eigentlich umgesetzt haben möchte. Er benannte klar: "Wir spielen zu häufig in den Druck rein und spielen zu häufig longline statt diagonal. Das haben wir die letzten Spiele gemacht und heute wurden wir dafür bestraft."
Der Hintergrund dazu: Durch Pass-Stafetten, die lediglich auf einer Seite des Feldes heruntergespielt werden, wird es der gegnerischen Mannschaft leicht gemacht, zu verteidigen. Bei diagonalen Spielverlagerungen hingegen muss sich die Abwehr des Gegners neu sortieren, es kann zu Verschiebe-Fehlern und dadurch zu mehr Raum für die Angreifer kommen. Genau das wird laut Tuchel allerdings zu wenig gemacht.
Beim zweiten Gegentor gesteht Tuchel allerdings selbst einen Fehler ein. Der Treffer ging aus einem Einwurf hervor, bei dem die Abstimmung zwischen Konrad Laimer und Kingsley Coman nicht stimmte. Erst im Anschluss hatte der Drittligist viel Platz, um den Konter zum entscheidenden Tor zu spielen. "Ich habe Kingsley rausgeschickt, weil ich davon ausgegangen bin, dass Konny bleibt und Kingsley ins Mittelfeld reinrückt. Es kann auch sein, dass ich es auf meine Kappe nehmen muss", gab Tuchel nach dem Spiel klein bei.
Gleichzeitig betonte Tuchel aber auch, dass in den vergangenen Wochen "schon ein paar Mal" ein "Einwurf zum Verhängnis" für sein Team wurde. Während Tuchel noch halbwegs diplomatisch blieb, sprach Münchens Sportdirektor Christoph Freund die Dinge, die ihm missfielen, bei "Sport1" klar an: "Wir haben eine richtig, richtig schlechte erste Halbzeit gespielt. Das darf einfach nicht passieren."
Er ergänzte und kritisierte dann das gesamte Team: "Wir dürfen einfach nicht so eine erste Halbzeit spielen, ohne Aggressivität, ohne Mumm. Das war einfach viel zu wenig. Wir müssen uns das selbst zuschreiben, das ist eine riesige Enttäuschung."
Den einzigen Lichtblick nach dem Pokal-Aus gab Thomas Müller im Hinblick auf das kommende Wochenende und das Topspiel gegen Borussia Dortmund: "Das Gute ist, dass wir in zwei Tagen wieder spielen. Da gibt es gar nicht viel nachzudenken, auch wenn es ein brutaler Schlag ist, dass wir in der 2. Runde im Pokal ausscheiden." Verliert der FCB allerdings gegen den BVB auch, wird die Katerstimmung in München noch schlimmer sein.