Andere Länder sind bei der Berichterstattung der Paralympics weiter, kritisieren Beteiligte. Bild: imago images / /Beautiful Sports/ Axel Kohring
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Bevor es im Herbst mit der Champions League und der Bundesliga-Rückkehr aus der Länderspielpause wieder mit der Lieblingssportart der Deutschen weitergeht, stand Ende August noch das letzte große Sportereignis des Sommers 2024 an.
Nach Fußball-EM und den Olympischen Spielen hätten die Paralympics in Paris eigentlich auch für deutsche Zuschauer:innen den idealen sportlichen Abschluss des Sommers bilden können. Doch im Gegensatz zu Olympia war im deutschen Fernsehen nur wenig von den Wettkämpfen in Paris zu sehen, einige deutsche Medaillenentscheidungen waren nirgendwo verfügbar.
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"So viel wie nie"? Trainer kritisiert Berichterstattung aus Paris
"Noch nie zuvor" sei der Fokus auf die Paralympischen Spiele im öffentlich-rechtlichen Rundfunk so groß wie im Jahr 2024 gewesen. So zumindest beschrieb es vor Beginn der Wettkämpfe ARD-Programmchefin Miriam Bach.
Die Realität allerdings war eine andere. Von allen Seiten hört man, dass nur wenig von den Paralympics aktiv geschaut wurde – obwohl Olympia wiederum in diesem Jahr ungewöhnlich viel Aufmerksamkeit bekam. Von insgesamt 12 Paralympics-Wettkampftagen wurde bei ARD und ZDF mit 60 Stunden Sendezeit allerdings auch sehr viel weniger live übertragen als bei Olympia.
Andere Länder wie Großbritannien oder Frankreich machten hingegen in diesem Jahr deutlich mehr Wettkämpfe und Vorläufe sichtbar. "In Australien wird alles vollständig übertragen: Jede Sportart, jeder Vorlauf, alles", weiß Matthias Ulm, seinerseits Trainer des integrativen Berliner Schwimmteams. Er selbst hatte einst Elena Semechin trainiert, die bei den Paralympics in Paris nun Gold über 100 Meter Brust geholt hatte.
"Mein Problem als Trainer ist, dass ich teilweise Sportler trainiere, die wir für die Paralympics 2028 vorbereiten und es mir nahezu unmöglich ist, mich über den aktuellen Weltstand zu informieren, weil ich die Vorläufe nicht sehen kann", erklärt der Schwimmtrainer gegenüber watson. "Das ist schon zum Kotzen."
Mehr Berichte gab es im deutschen Fernsehen hingegen über das individuelle Schicksal der Athlet:innen. Zahlreiche Sportler:innen kritisieren hier, dass die Behinderung vielerorts die sportliche Leistung überlagere.
Die Gründe für das fehlende Paralympics-Interesse
Im Umkehrschluss kann durch diese Form der Berichterstattung natürlich auch wenig Begeisterung in der Gesellschaft hervorgerufen werden. Schaut man sich die Einschaltquoten der vergangenen Wochen an, lag das Interesse für die Paralympics auch zahlenmäßig deutlich unter dem für Olympia. Wettkämpfe, die zur Primetime liefen, erzielten laut "meedia.de" hingegen deutlich bessere Quoten.
Als Lösung merken viele integrative Konzepte bei sportlichen Großevents an. Bei den US Open etwa haben sich die Verantwortlichen mittlerweile dafür entschieden, Tickets vom Grand Slam gleichzeitig für das danach oder davor stattfindende Finale im Rollstuhltennis gültig zu machen.
Schwimmtrainer zeigt fehlende Barrierefreiheit bei ARD und ZDF
Wenig inklusiv ist aktuell aber auch die Berichterstattung in Deutschland an sich. "Barrierefreiheit ist keine Option, sondern ein Muss", gab das ZDF in Person von Chefredakteurin Bettina Schausten vor den Spielen an. Die Realität bei den Livestreams der Paralympics ist aber eine andere.
"Es gibt weder einfache Sprache noch eine Möglichkeit für jemanden, der hörgeschädigt ist", kritisiert Matthias Ulm im Gespräch mit watson. "Auch für die Sehbehinderten ist es letztlich nicht so aufbereitet, dass wirklich alle Informationen zugänglich sind. Also auf Deutsch: Das ist überhaupt gar nicht barrierefrei."
Dass das Interesse an den Paralympics gesamtgesellschaftlich, unter anderem auch durch Social Media, steigt, bestätigen sowohl Matthias Ulm als auch verschiedene Athlet:innen in Gesprächen mit watson. Ein weiter Weg zur Gleichberechtigung aber bleibt.
Der 1. Juni 2024 ist ein Tag, den Toni Kroos wohl niemals vergessen wird. Im legendären Wembley bezwang er mit Real Madrid den BVB und setzte sich so zum sechsten Mal die europäische Krone auf. Es war ein würdiger Abschluss seiner großartigen Klubkarriere, es war sein letztes Spiel für die Königlichen.