Sportlich läuft es für Sebastian Vettel derzeit eher bescheiden. Beim jüngsten Rennen in Miami schied er nach einem Crash mit Mick Schumacher in Runde 50 punktlos aus. Überhaupt sind ihm dieses Jahr erst vier Punkte gelungen, beim verregneten Grand Prix in Imola. "Unser 'Normal' liegt eher am Ende des Feldes", schätzt der viermalige Weltmeister daher die Situation bei seinem Team Aston Martin ein.
Doch nicht nur mit der Qualität seines Teams geht der Heppenheimer offen um, sondern auch mit seiner eigenen Rolle als Formel-1-Fahrer und Klimaaktivist.
In der britischen Fernsehsendung "Question Time" wurde der 34-Jährige von Moderatorin Fiona Bruce darauf hingewiesen, dass die Formel-1 wegen des hohen CO₂-Ausstoßes selbst oft in der Kritik stehe. Auf die Frage, ob ihn das zu einem Heuchler mache, gestand Vettel den Interessenskonflikt und sagte: "Da haben Sie Recht."
"Wenn ich aus dem Auto aussteige, denke ich mir schon: 'Sollten wir das wirklich tun, um die Welt reisen und Ressourcen verschwenden?'" Die Formel-1 in der Klima-Politik zu kritisieren sei legitim, sich selbst nimmt Vettel da nicht aus: "Es gibt vieles, was ich besser machen kann." Zum Interview mit der BBC sei er mit der U-Bahn gefahren.
"Ich bin kein Heiliger. Ich mache mir Sorgen um die Zukunft. Die Fragen um Energie und die Abhängigkeit von Energie beschäftigen mich. Wir müssen aufhören, von Energie abhängig zu sein. Und das können wir. Es gibt Lösungen dafür."
Einmal mehr betonte der 34-Jährige dabei seine Forderung nach nachhaltigen Energiequellen. "Wir sollten nicht davon abhängig sein. Wir müssen in den nächsten Gang schalten und uns bereit machen für die Zukunft." Es sei wichtig sicherzustellen, dass wir auf einem Planeten leben, "der morgen noch so angenehm ist wie heute."
Schon beim Opening-Event vor dem Grand Prix in Miami hatte er mit einem T-Shirt provoziert mit der Aufschrift: "Miami 2060 Grand Prix Under Water", dazu der Aufruf: "Act now or swim later". Die Botschaft: Das Miami-Rennen im Jahr 2060 werde unter Wasser stattfinden, wenn die Menschen nichts gegen den Klimawandel unternehmen.
Bei "Question Time" betonte er zudem, dass alternative Energiequellen nicht nur aus umweltpolitischer Sicht wichtig seien, sondern auch aus außen- und sozialpolitischer Sicht.
Vettel findet, man solle erneuerbare Energieträger auch als "Friedens- oder Freiheitsenergie" bezeichnen. Als Friedensenergie, weil in der Vergangenheit schon viele Kriege um brennbare Materialien geführt worden seien. Als Freiheitsenergie, weil fossile Energie langfristig so teuer werde, dass sie sich der Normalverbraucher nicht mehr leisten könne.
Allerdings betonte der Rennfahrer bei aller Kritik am Motorsport auch, dass die Formel-1 den Menschen gerade in Zeiten der Pandemie und der Langeweile wichtig war.
"Wir waren mit die Ersten, die wieder angefangen haben, als bei vielen Menschen die Köpfe zu explodieren drohten. Es gibt viele Bereiche der Unterhaltung – Sport, Kultur, Kabarett – die nicht stattfinden konnten und die vielen Menschen gefehlt haben. Wenn wir das nicht hätten, würden wir durchdrehen."
(kpk)