Seit 30 Jahren überträgt RTL die Formel 1. Damit ist nun Schluss: Nachdem die Einschaltquoten zuletzt abermals gesunken waren, hatte der Privat-Sender zuletzt angekündigt, sich komplett aus der schnellsten Rennserie der Welt zu verabschieden. In Zukunft werden die Rennen in Deutschland ausschließlich beim PayTV-Sender Sky übertragen.
Damit verschwindet auch "Mr. Boxengasse" Kai Ebel von der Formel-1-Bildfläche. Im Interview mit dem "Spiegel" erinnert sich der 58-Jährige an seine ersten Formel-1-Erfahrungen und gewährt Einblicke hinter die Kulissen. Bei der Gelegenheit verrät er auch, wie die Piloten zur neuen Netflix-Serie "Drive to Survive" stehen.
"Die Serie geht nicht zu sehr in die Tiefe und setzt auf starke optische Effekte, auf Drama", lautet Ebels persönliche Einschätzung. Für Formel 1-Experten hat die Serie demnach wenig zu bieten. "Es ist eine Gebrauchsanweisung für Einsteiger in den Motorsport", erklärt der Sportjournalist.
Ähnlich haben auch viele langjährige F1-Fans die Serie aufgenommen. In den sozialien Netzwerken kursieren inzwischen zahlreiche Memes, die "Drive to Survive" für die künstliche Dramaturgie aufs Korn nehmen.
Dabei war Netflix vor Ort, was aber auch auf Kritik stößt. "In jeder zweiten Garage stand ein Netflix-Team", schätzt Ebel. "Ich habe das vor Ort mitbekommen. Das ist den Teams und Fahrern teilweise auch auf den Geist gegangen", verrät der Reporter.
Das von den Formel-1-Bossen verfolgte Ziel habe die Serie aber erreicht: Die Serie sei "maßgeschneidert für den amerikanischen Markt", um in den USA Zuschauer zu gewinnen. "Und das ist mit 'Drive to Survive' auch gelungen", glaubt Ebel.
Auch Ebel, der bei RTL ursprünglich für Fußball und Boxen zuständig war, war anfangs nur schwer für die Formel 1 zu begeistern, wie er dem "Spiegel" verrät. "Mein erster Gedanke war: Um Gottes Willen, dieses Im-Kreis-Fahren?", beschreibt er den Moment, als er erstmals in die Boxengasse beordert wurde. "Ich hatte mit Autos damals überhaupt nichts am Hut."
Im Laufe der Jahre hat Ebel jedoch im Motorsport seine Leidenschaft gefunden. Dabei halfen wohl auch Formel-1-Legenden wie Ayrton Senna, Michael Schumacher und Sebastian Vettel.
Besonders ein Fahrer beeindruckte Ebel mit seiner Arbeitsmoral: "Als [Schumacher] mit Ferrari zum ersten Mal Weltmeister geworden ist, hatten wir beide schon ein Gläschen in der Hand und ich gratulierte ihm zum Titel und dann sagte er plötzlich: So, ich gehe jetzt ins Meeting", erinnert sich Ebel, nach wie vor staunend.
"Ich habe gefragt, ob das sein Ernst sei. Er war ja gerade Weltmeister geworden, was gibt es da noch zu analysieren? Er sagte nur: Du weißt doch, von nix kommt nix", erklärt der 58-Jährige anerkennend. "[Schumacher] war immer einen Schritt weiter."