Kaum ein Wettbewerb ist so wenig divers wie die Formel 1: Fast alle Fahrer sind weiß, reich und männlich. Keine einzige Frau hatte bislang Zutritt zu diesem elitären Kreis. In der über 70-jährigen Geschichte der Rennserie ist Mercedes-Pilot Lewis Hamilton der bisher einzige schwarze F1-Fahrer. Und zumindest offiziell ist nie ein homosexueller Mann Formel 1 gefahren.
Ein Zustand, den Aston-Martin-Pilot Sebastian Vettel vor dem anstehenden Rennen in Baku (Sonntag, 13 Uhr MEZ) kritisiert hat. "Homophobie ist ein Vorurteil, und Vorurteile sind falsch. So einfach ist das", sagte Vettel dem britischen Queer-Magazin "Attitude". Der Deutsche ist als erster Formel-1-Fahrer überhaupt auf dem "Attitude"-Cover abgebildet.
Der viermalige Weltmeister kann nicht glauben, dass kein einziger der bisherigen F1-Fahrer schwul war. Vielmehr sei es für sie, wie im Profifußball, schlicht nicht möglich gewesen, sich zu outen.
Vettels Erklärung: Rennfahrer müssten "dem alten Bild eines Spielers oder Fahrers als 'Held' mit bestimmten Kriterien entsprechen". Doch diese seien schlicht falsch. "Es erfordert enormen Mut, sein wahres Ich zu zeigen, anstatt sich hinter einer Fassade zu verstecken, die darauf beruht, was die Leute erwarten."
Der 34-Jährige, der sich in der Vergangenheit immer wieder für Themen wie Gleichberechtigung und Klimaschutz starkgemacht hat, wünscht sich ein Ende der Diskriminierung im Motorsport. "Wenn du schnell genug bist, solltest du willkommen sein – egal ob du ein Mann, eine Frau oder homosexuell bzw. Teil der LGBTQ+-Community bist."
Ein schwuler Fahrer könne dazu beitragen, "Vorurteile zu beseitigen und unseren Sport in eine bessere Richtung zu lenken", so Vettel. "Ich denke und hoffe also, dass unser Sport für einen solchen Fahrer bereit wäre."
In Ländern wie Saudi-Arabien oder Ungarn, in denen queere Menschen diskriminiert werden, keine Rennen mehr auszutragen, ist für Vettel aber der falsche Weg. Dann könne man nämlich überhaupt nichts bewirken. "Wenn wir aber in diesen Rennen fahren und höflich, aber bestimmt für das eintreten, was wichtig ist, können wir eine positive Wirkung erzielen. Werte und Prinzipien können nicht an Grenzen Halt machen."
Weltweit wird im Juni der "Pride Month" gefeiert, um auf die Diskriminierung der LGBTQ+-Community aufmerksam zu machen. In Baku fahren deshalb auch die Teams von Mercedes und Alpine mit in Regenbogenfarben lackierten Fahrzeugteilen.
(nik)