In der Firma, im Freundeskreis, in der Lerngruppe fürs Examen, überall laufen Tipprunden für die Fußball-WM 2018 in Russland.
Hier sind 3 Tipps von Ökonomen und ein Ratschlag, warum du ihnen vielleicht doch nicht trauen solltest.
Vor der EM 2004 saß Jörg Seidel im Zug auf dem Weg zu seiner Arbeit nach Bremen. In der Firma lief ein Gewinnspiel und der Finanz-Analyst Seidel fragte sich, warum er nicht auf den Fußball anwende, was er täglich auf der Arbeit mache: Nämlich Wahrscheinlichkeiten zu mathematischen Formeln zusammenzupacken, sogenannten Algorithmen.
Seidel tippte auf Griechenland und gewann die Wette haushoch. Seine Methode in Kurzform: Seidel schaut, wie oft ein Team gewinnt, wenn ein bestimmter Spieler mitspielt.
Auch sonst beweist er ein gutes Gespür: Schon 2004 tauchte in seinen Berechnungen ein damals 17-jähriger Spieler aus der Jugend von Schalke 04 auf, Seidel sagte ihm eine Weltkarriere voraus. Der Name: Mesut Özil.
Bald gründete Seidel, heute Manager in einem Energieunternehmen, eine eigene Firma: Goalimpact. Das Unternehmen berät unter anderem Vereine, die aber lieber über die mathematisch basierte Unterstützung von außen schweigen.
Seidel hat seine Methode seither stetig verfeinert, der Algorithmus verbessert. Vor der vergangenen Saison lautete Seidels Prognose für den Aufstieg aus der 2. Liga: Holstein Kiel.
Das Team scheiterte knapp. Für die WM 2018 in Russland rechnet er für Deutschland mit einem Achtelfinale gegen Brasilien, einem Viertelfinale gegen Belgien und einem Halbfinale gegen England.
Die Gesamtwahrscheinlichkeit für Deutschland als Weltmeister lautet 18 Prozent.
Achtung! Das bedeutet immer noch, dass in 4/5 der Fälle ein anderes Team gewinnen kann.
Die USA sind Vorreiter in der Statistik als hilfreicher Assistent des Trainers (wie im Buch und Film "Moneyball" zum Aufstieg des Baseballteams Oakland Athletics eindrucksvoll beschrieben).
Die Goldman-Methode beruht in Kürze auf
Aber, obacht: Die Bank sitzt in den USA, nicht gerade eine Heimstatt des Fußballs. Und, es geht um Investmentbanker, seit der Finanzkrise von 2008 sind da manche etwas vorsichtiger mit Glaubwürdigkeit und Gültigkeit was statistische Modelle angeht.
Das Londoner Wirtschaftsmagazin "Economist" hat seine renommierte Statistik-Abteilung ebenfalls ins WM-Lager gesteckt. Das Ergebnis: Deutschland holt den Titel.
Die Autoren gehen in ihrer Analyse mit Spielstatistiken ans Werk, aber auch mit viel liberaler Überzeugungskraft. Demnach sind:
Als Faktoren ziehen die Analysten unter anderem in Betracht:
Vorsicht, Wirtschaft ist nicht alles. Wie die Erfolge von Argentinien und Brasilien zeigen.
Und noch etwas fällt auf: Die Londoner Autoren betonen die Erfolge der englischen Nachwuchsteams in jüngster Zeit.
Und am Ende gewinnt Deutschland? Muss nicht. Es geht ja um Wahrscheinlichkeiten.
Der Journalist Simon Kuper hat mit dem Wirtschaftsmathematiker Stefan Szymanksi ebenfalls zu Sport und Statisitk publiziert.
In der Financial Times gesteht der intime Kenner jetzt, dass er beim letzten WM-Turnier 2014 auf Brasilien gesetzt hat.
Halbfinale, 1:7, es kam anders.
Kupers Ratschlag: "Hör nicht auf Vorhersagen." Kein anderer Sport sei so sehr vom Glück und Tagesform abhängig wie Fußball, gerade während eines Turniers mit K.O.-Spielen,
Glückssache eben. Wie sagte schon Sepp Herberger, der die DFB-Elf 1954 zum WM-Titel coachte: "Die Wahrheit liegt auf dem Platz" und "Die Leute gehen zum Fußball, weil sie nicht wissen, wie es ausgeht"...
(per)