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Fußball-Kolumne

EM 2024: Schottland importiert die Stimmung zum Eröffnungsspiel gegen DFB-Team

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Ein kleiner Vorgeschmack: Die schottische Kultur verschmilzt mit der deutschen. Bild: PA Wire / Andrew Milligan
Fußball-Kolumne

EM 2024: München wird zu Glasgow – was Deutschland von Schottland lernen kann

In seiner wöchentlichen Kolumne schreibt der Fanforscher Harald Lange exklusiv auf watson über die Dinge, die Fußball-Deutschland aktuell bewegen.
14.06.2024, 15:31
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Schottland ist ein kleines Land mit einer großartigen Fußballkultur. Die Schotten werden mit 200.000 Fans nach Deutschland reisen und es spricht vieles dafür, dass sie den Titel für das stimmgewaltigste Publikum gewinnen werden.

Der Fußball in Schottland ist nicht sonderlich erfolgreich, aber er hat Tradition und wird durch Herzblut und Leidenschaft geprägt. Die schottische Nationalmannschaft trug am 30. November 1872 das erste offizielle Länderspiel der Geschichte des Fußballs aus. Das Team der Bravehearts spielte damals in einem Vorort von Glasgow vor 4000 Zuschauern Unentschieden (0:0) gegen England.

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Fußball war bereits damals ein Publikumsmagnet und Länderspiele wurden als nationale Feste zelebriert. Vor allem, wenn es gegen England ging. Die Fans stehen hinter ihrem Team, wohl wissend, dass sie sportlich mit den großen Mannschaften Europas nicht mithalten können.

Für die Schotten war die erfolgreiche Qualifikation zur EM Endrunde nach Deutschland ein Riesen-Erfolg. Im Grunde hat das Team die Erwartungen der Fans jetzt schon erfüllt und kann sich bereits vor dem Anpfiff des Eröffnungsspiels feiern lassen.

EM 2024: 500.000 Briten in Deutschland erwartet

Genau das passiert in diesen Tagen. Der britische Konsul in München, Mark Dittmer-Odell, erwartet mehr als 500.000 britische Fußballfans, die wegen der EM nach Deutschland reisen werden. Davon sollen mindestens 200.000 aus Schottland kommen.

Eine beeindruckende Anzahl, vor allem wenn man bedenkt, dass Schottland nur 5,5 Millionen Einwohner hat. Viele von ihnen sind bereits in Garmisch-Partenkirchen angekommen, wo die schottische Nationalmannschaft vor dem ersten Gruppenspiel am Freitag gegen Deutschland ihr Quartier bezogen hat.

München ist die Gastgeberstadt für die EM Eröffnung und wir können davon ausgehen, dass die wichtigsten Plätze, Kneipen und Orte für Public Viewing fest in schottischer Hand sein werden.

Die wegen ihrer Kilts mit den charakteristischen Tartanmustern weltweit bekannten schottischen Fans werden als "Tartan Army" in diesen Tagen das Stadtbild in München und danach in Köln (19. Juni gegen die Schweiz) und abschließend in Stuttgart (23. Juni gegen Ungarn) prägen. Die Bravehearts sind für ihre Reiselust, Trinkfestigkeit und Fröhlichkeit bekannt und sie werden authentische EM-Atmosphäre in die genannten Gastgeberstädte transportieren.

Schottland importiert die EM-Stimmung nach Deutschland

Ein Stimmungsimport, den die Veranstalter dieser Europameisterschaft dringend gebrauchen können, denn im Kreise der deutschen Fußballfans hält sich die Vorfreude auf dieses Turnier in Grenzen. Wir schauen deshalb nicht nur mit der sportlichen Brille auf das Eröffnungsspiel Deutschland gegen Schottland, sondern blicken auch auf die Fankulturen unserer Gäste. Im deutschen Team ist Toni Kroos der Star. Bei den Schotten ist es anders. Dort sind die Fans der Star.

Eine Konstellation, die sich die DFB-Oberen ruhig einmal aus der Nähe anschauen sollten, denn im schottischen Fußball läuft vieles anders als beim DFB. Die Fans stehen zu und hinter ihrem Team, auch wenn sie verlieren und wieder einmal in der Vorrunde ausscheiden werden.

EM 2024: Die deutschen Fans haben keine Chance gegen die schottischen

Das ist echte Leidenschaft. Das sind wahrhafte Fans. Fußballliebhaber, die ohne jede Chance eines der 10.000 Tickets bekommen zu können, dennoch nach Deutschland reisen, einfach nur um die von ihnen maßgeblich mit kreierte EM-Atmosphäre aufzusaugen.

Fanforscher Harald Lange.
Fanforscher und watson-Kolumnist Harald Lange. Bild: Uni Würzburg
Über den Autor
Harald Lange ist seit 2009 Professor für Sportwissenschaft an der Universität Würzburg. Er leitet den Projektzusammenhang "Fan- und Fußballforschung" und gilt als einer der bekanntesten Sportforscher in Deutschland. Der 55-Jährige schreibt und spricht täglich über Fußball, auch in seinem Seminar "Welchen Fußball wollen wir?"

Wenn tatsächlich 200.000 Schotten nach München reisen sollten, wird es eng. München hat nur 90.000 Hotelbetten und das Areal des Fan-Festes im Olympiapark bietet lediglich 35.000 Besuchern Platz. Die Fans müssen deshalb in die Innenstadt, Kneipen und großen Biergärten der Stadt ausweichen. Das wird ein genialer und stimmungsvoller EM-Auftakt und ich gehe davon aus, dass sich München für einen Tag in ein Glasgow verwandeln wird.

Die 10.000 schottischen Fans, die an Karten für die Allianz-Arena gekommen sind, werden für Stadionatmosphäre sorgen und den deutschen Anhang in Grund und Boden singen. Egal, wie viele Tore Niclas Füllkrug und die anderen schießen werden, das Stadion wird fest in schottischer Hand sein. Ich freue mich darauf und hoffe, dass vielleicht auch ein Funke dieser Leidenschaft auf die Fans in Deutschland überspringen mag.

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