Die neue Fußballsaison startet sogleich mit einem Fanprotest. Ultras aus Leverkusen und Stuttgart haben dazu aufgerufen, den Supercup, der heute Abend um 20.30 Uhr in Leverkusen ausgetragen wird, zu boykottieren.
Die Fans kritisieren, dass das Spiel parallel zur ersten Runde im DFB-Pokal stattfindet. Die Spiele der beiden Finalteilnehmer werden deshalb an unattraktiven Terminen in Dienstags- und Mittwochsspielen nachgeholt. Stuttgart spielt am 27. August um 20.45 Uhr in Münster und Leverkusen muss einen Tag später nach Jena reisen.
Beide Zusatztermine sichern den Klubs exklusive Medienzeiten zu. Das ist wirtschaftlich gesehen hochattraktiv, denn die Fans können sich beide Spiele im Fernsehen anschauen. Zu Saisonbeginn mag deshalb auch die erste Pokalrunde der beiden Spitzenteams Einschaltquoten und Werbeeinnahmen bringen.
Genau darauf pfeifen die Fans, die am Stadionerlebnis interessiert sind und ihre Teams aus der Kurve heraus anfeuern möchten. Mit der Bahn braucht man zwischen fünf und sieben Stunden von Leverkusen nach Jena und muss mindestens zweimal umsteigen.
Mit dem Bus oder Auto sind es auch noch 420 Kilometer, sodass Allesfahrer zwei Urlaubstage für diese Begegnung einplanen müssen. Gleiches gilt für die Stuttgarter Fans. Die Strecke Stuttgart – Münster ist mit 480 Kilometern sogar noch weiter.
Unterm Strich wird den Fanszenen der Supercup Finalteilnehmer also das Liveerlebnis der ersten Pokalrunde genommen. Das ist aus Sicht der Fans ein absolutes Ärgernis und sollte zum Nach- und Umdenken anregen.
Schauen wir mal, wie glaubhaft und spürbar der Fanprotest heute Abend ausfallen wird. Möglicherweise sind dann die DFL-Oberen bereit, die vor zwei Jahren eingeführte Regelung zur Terminierung des Supercups gleich wieder einzukassieren und einen neuen Spieltag für diesen zwielichtigen Wettbewerb zu finden.
Der Dachverband der organisierten Fanszenen aus Leverkusen („Nordkurve 12“) hatte bereits im Juni Protest angemeldet und den Supercup als Kirmespokal stigmatisiert. Über den sportlichen Wert dieses ersten Titels der Saison lässt sich trefflich streiten. Im Grunde handelt es sich um einen aufgesetzten Titel, dem der Wettbewerbsgedanke fehlt.
Wenn Meister und Pokalsieger der vergangenen Saison gegeneinander Fußball spielen, kann das zum Saisonstart ein aufschlussreiches Testspiel werden. Mehr nicht, auch weil die Titel der letzten Saison Geschichte sind.
Nichtsdestotrotz verfügt der Supercup inzwischen über eine 40 Jahre andauernde Geschichte. Zumeist spielten Dortmund oder Bayern mit, was als weiterer Beleg für eine Inflation dieses „Wettbewerbs“ gelten muss. Deshalb ist es schon etwas Besonderes, dass heute Abend erstmals seit 31 Jahren weder die Bayern noch der BVB mitspielen und Stuttgart und Leverkusen diesen Titel unter sich ausmachen.
Ich bin gespannt, wie die beiden Erfolgsteams der letzten Saison durch die Vorbereitung gekommen sind und in die neue Saison starten. Deshalb gefällt mir dieser sportliche Härtetest durchaus. Gleiches wäre aber auch mit Blick auf alle anderen Teams hochinteressant.
Deshalb können wir uns alle auf die erste Pokalrunde und die zu erwartenden Überraschungen freuen. Leider ohne Beteiligung aus Leverkusen und Stuttgart.
Übrigens. Ein Blick in die Statuten der DFL bietet noch einen ganz anderen Anlass für Fanprotest. Dort steht nämlich explizit drin, dass die DFL den Supercup auch in einem Stadion in einem anderen Land austragen darf. Saudi-Arabien, Katar, China oder USA? Das würde zweifelsohne richtig viel Geld bringen.