Es war ein spanischer Unterarm, der Toni Kroos das rühmende Karriereende verwehrt hat. Die Szene ist hinlänglich bekannt und wurde im Sommer so oft wiederholt wie wohl keine zweite.
EM-Viertelfinale zwischen Deutschland und Spanien, Marc Cucurella bekommt einen Schuss von Jamal Musiala, der höchstwahrscheinlich im Tor gelandet wäre, an den linken Unterarm, Schiedsrichter Anthony Taylor entscheidet allerdings auf Weiterspielen. Und, der eigentliche Skandal, auch der Videoschiedsrichter griff nicht ein.
Kurz vor Ende der Verlängerung trifft Mikel Merino dann zur spanischen Führung und macht das Viertelfinale somit zum letzten Karrierespiel von Toni Kroos. Die Enttäuschung war riesig, der Aufschrei groß. Am Montag, zweieinhalb Monate später, hat die Uefa laut dem spanischen Portal "Relevo" seine Fehlentscheidung eingeräumt.
"Nach den neuesten Uefa-Richtlinien sollte ein Hand-Ball-Kontakt, der einen Torschuss verhindert, härter bestraft werden und in den meisten Fällen sollte ein Strafstoß verhängt werden", zitiert "Relevo" aus einem Bericht des europäischen Fußballverbands. Im Fall von Cucurella habe ein Spieler "den Torschuss mit seinem Arm gestoppt, der nicht sehr nah am Körper ist, wodurch er sich selbst vergrößert hat". Ergo "hätte ein Strafstoß verhängt werden müssen".
Dass die Uefa nun zu einem abschließenden Ergebnis gekommen ist, hat bei Toni Kroos für Belustigung gesorgt.
"Sie haben jetzt drei Monate gebraucht, um mitzubekommen, dass es Hand war, was fast alle eigentlich schon in der Sekunde geschafft haben", sagte Kroos als Co-Kommentator der Icon League am Montag. "Das beruhigt mich ungemein. Aber danke, war nicht so wichtig, gibt mir ein gutes Gefühl."
Für den früheren Real-Madrid-Profi stellt sich die Frage: "Darf ich mich jetzt im Nachgang Europameister nennen?" Die Uefa habe es schließlich offiziell bestätigt. "Ich glaube nicht".
Weniger locker nahm Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus das Urteil des Dachverbands hin. "Wenn es stimmt, dass die Uefa jetzt zugibt, dass es eine Fehlentscheidung war – dann sind wir offenbar betrogen worden", sagte Matthäus der "Bild".
Die Szene von Marc Cucurella sorgte für eine erneute Diskussion über die Handspiel-Regel und vor allem über die Sinnhaftigkeit des Videoschiedsrichters. Wenn es eine Kontrollinstanz für die Entscheidung auf dem Feld gibt, diese aber in so klaren Fehleinschätzungen nicht geltend gemacht wird, brauche es diese auch nicht, so die Einschätzung vieler Beobachter:innen.