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Verletzung von Manchester-City-Star Rodri: Fifa wegen Belastung vor Wendepunkt

Premier League Manchester City v Arsenal Rodri of Manchester City receives treatment for an injury during the Premier League match Manchester City vs Arsenal at Etihad Stadium, Manchester, United King ...
Knapp eine Woche, nachdem Rodri mit Streiks gedroht hat, hat er sich das Kreuzband gerissen. Bild: imago images/ News Images
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Vom Warner zum Opfer: Wie der Kreuzbandriss von Rodri den Fußball verändern kann

24.09.2024, 09:50
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"Es ist so hart mit diesen verrückten Zeitplänen", sagt Jude Bellingham. "Wir haben es satt", sagt Alisson. "Vielleicht gehe ich mit 30 in Rente", sagt Manuel Akanji. Und Rodri glaubt, sie stünden "kurz davor" zu streiken. Jules Koundé und Dani Carvajal haben sich der Drohung angeschlossen.

Eine Woche nach seiner viel beachteten Aussage hat sich Rodri einen Kreuzbandriss zugezogen. Der Spieler, der beste Chancen hat, Ende Oktober mit dem Ballon d'Or prämiert zu werden, wird in dieser Saison womöglich kein Spiel mehr absolvieren.

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Seit Jahren ächzen Spieler:innen wie Trainer:innen unter der immer größer werdenden Belastung im Profifußball. Von Pep Guardiola bis Xabi Alonso haben sämtliche Größen den Vorstoß von Rodri unterstützt. Nur: Sie werden nicht gehört. Mittlerweile ist aber wohl ein Wendepunkt erreicht.

Die internationale Spielergewerkschaft Fifpro hat im Juni gemeinsam mit nationalen Gewerkschaften rechtliche Schritte gegen die Fifa am Brüsseler Handelsgericht eingeleitet. Der Vorwurf: Eine "einseitige Festlegung des internationalen Spielkalenders" durch die Fifa. Die Ligen sollen mitbestimmen dürfen und die Spieler:innen ein Recht auf Erholung haben.

Fifa sieht sich mit mehreren Klagen konfrontiert

Darüber hinaus streben die Fifpro und die europäischen Ligen eine Beschwerde bei der EU-Kommission an, weil die Fifa nach ihrem Dafürhalten "kommerzielle Interessen begünstigt, ihre Verantwortung als Dachverband vernachlässigt und die wirtschaftlichen Interessen der nationalen Ligen sowie das Wohlergehen der Spieler beeinträchtigt".

Wie watson aus Kreisen der Fifpro erfahren hat, steht eine Rückmeldung bei der ersten Beschwerde noch aus. Im zweiten Fall soll die Klage Mitte Oktober eingereicht werden, die Kommission werde daraufhin Befragungen bei den teilnehmenden Parteien vornehmen und auf Grundlage dessen entscheiden, ob sie eine formelle Untersuchung einleitet oder nicht.

Die rechtliche Eskalation ist der Gipfel einer seit Jahren schwelenden Auseinandersetzung. Fifpro und die europäischen Ligen kritisieren mangelnde Mitsprache am Kalender, die Fifa betont wiederum ihre Dialogbereitschaft und zeigt mit dem Finger auf die Uefa und die Ligen selbst, die "aus kommerziellem Eigeninteresse, heuchlerisch und ohne Rücksicht auf alle anderen in der Welt" handeln würden.

Julian Alvarez war 2023/24 in 83 Spiele involviert

Ganz grundsätzlich gibt es im aktuellen Profifußball zwei Probleme: zu viele Spiele in zu kurzen Zeiträumen und zu wenig Pausen. Zwei Beispiele: Julián Álvarez hat in der vergangenen Saison 75 Spiele absolviert, weitere achtmal stand er im Kader. Das sind in der Summe 83 Spielbeteiligungen. Und Takumi Minamino hat im Februar im Asien-Cup-Viertelfinale in Katar gespielt, 22,5 Stunden später stand er in Monaco wieder auf dem Feld.

Gerade die Zahl der Kadernominierungen sei die "holistischere Metrik", betont Alexander Bielefeld von der Fifpro bei einer Medienrunde Anfang September. Es geht bei der Bewertung auch um die allgemeine Erholungszeit. Auch wenn Spieler nicht eingesetzt werden, machen sie die Reisestrapazen mit und können nicht regenerieren.

Aus dem jüngsten Bericht der Fifpro geht hervor, dass die Spieler im Schnitt 88 Prozent ihrer Zeit in einem Arbeitsumfeld verbracht haben. Dabei ist das Limit noch nicht erreicht. Die bevorstehende Saison werde "die schlimmste aller Zeiten sein", sagt Bielefeld. Die Klub-WM, sagt Fifpro-Vorstandsmitglied Maheta Malongo, "ist der Wettbewerb, der zeigt, dass wir jetzt den Wendepunkt erreicht haben".

Champions League, WM und Klub-WM: Es werden immer mehr Spiele

Bislang hat es alle zwei Jahre entweder eine Weltmeisterschaft oder eine kontinentale Meisterschaft (EM oder Copa América) gegeben. Sprich: Nach einem Turnier mit der Nationalmannschaft hatten die Spieler zumindest im Jahr darauf im Sommer Pause. Das ist Geschichte.

In diesem Jahr findet zum ersten Mal die ausgeweitete Champions League mit 189 statt bisher 125 Spielen statt, 2025 wird die Fifa Klub-WM erstmals mit 32 Teams ausgetragen (unter anderem auch der FC Bayern und Borussia Dortmund). Und die WM 2026 wurde von 64 auf 104 Spiele aufgestockt.

Schaut man sich die Projektion der nächsten zwei Jahre am Beispiel von Phil Foden an, werden die Ausmaße deutlich. In der zurückliegenden Saison hat Foden bereits 72 Spiele absolviert, in der laufenden werden es bei gleichem Pensum 77 und 2025/26 83 Spiele. In puncto Kadernominierungen wird von einer Steigerung von 77 auf 83 und 89 Spiele ausgegangen.

Und die Frauen stehen den Männern in nichts nach. "Der Kalender auf der Frauenseite ist nicht besser als auf der Männerseite", sagt Molango. "Ich bin versucht, zu sagen: Er ist sogar noch schlechter."

Florian Wirtz, Phil Foden und Jude Bellingham: Spieler sind am Limit

Dabei sind die Auswirkungen schon jetzt evident. Bei Florian Wirtz wurde im Sommer vulgärmedizinisch diagnostiziert, er sei "überspielt", als sei das ein nerviger Schnupfen und kein strukturelles Problem. Zum Vergleich: Michael Ballack hat vor seinem 21. Lebensjahr 4175 Spielminuten absolviert. Wirtz 11.501.

"Ohne besondere Schutzvorkehrungen für junge Spieler sind die Risikofaktoren, denen sie ausgesetzt sind, alarmierend", sagt Bielefeld in der Medienrunde. Und Darren Burgess, Fifpro-Berater und früherer Performance Coach bei Liverpool und Arsenal, ergänzt: "Das Erschreckendste ist: Wir wissen nicht, was das mit ihnen macht. Wir wissen nur, dass wir sie einem erhöhten Risiko aussetzen, die Werte sind so stark gestiegen."

In Ermangelung von Leitplanken sind die Vereine oder im Zweifelsfall die Spieler selbst für ihre eigene Gesundheit verantwortlich. Phil Foden wird bereits zu Saisonbeginn geschont, während Erling Haaland, der im Sommer eine tatsächliche Pause hatte, weil sich Norwegen nicht für die EM qualifiziert hat, erneut Torrekorde pulverisiert.

"Wir müssen die Spieler vor sich selbst schützen", sagt Molango. Viele Profis brechen ihren Urlaub vorzeitig ab oder spielen wider besseres Wissen. Bielefeld: "Als Gewerkschaften glauben wir einfach nicht, dass freiwillige Rotation und Ruhepausen den Kern der Sache lösen." Es braucht verbindliche Vorgaben.

"Produkt" Fußball wird entwertet, wenn nicht die Besten spielen

Wenn die Fifpro über Belastungssteuerung und Spielkalender spricht, fällt häufig eine Bezeichnung, die im Subtext auch bei der Fifa mitschwingt: der Fußball als "Produkt". Dadurch soll deutlich gemacht werden: Nicht nur die Gesundheit der Spieler ist in Gefahr, auch die des Sports als globalen Popularitätsplatzhirschen.

Die Fifa ist selbstverständlich daran interessiert, das bestmögliche Produkt zu vermarkten, konterkariert im Versuch, den letzten Rest an Spielen aus dem Kalender auszuwringen, aber genau dieses Unterfangen. Bei einem derartigen Pensum können die besten Spieler der Welt nicht immer spielen oder zumindest nicht auf dem höchsten Niveau – was zur Entwertung des eigenen Produkts führt. Und daran hängen Erlöse in Milliardenhöhe.

Die Forderungen der Fifpro sind klar: Die maximale Anzahl an Spielen soll zwischen 50 und 60 liegen, das Aufkommen mehrerer Spiele innerhalb einer Woche auf fünf bis sechs reduziert werden. Zudem soll es innerhalb der Saison knapp zwei, und zwischen zwei Saisons drei bis vier Wochen Pause geben.

Wie das durchgesetzt wird, sagt Molango "ist die Aufgabe der Fifa". Es gehe dabei auch nicht darum, einzelne Parteien oder Wettbewerbe zu attackieren, "sondern um die Anhäufung von verschiedenen Wettbewerben, und die Situation, in der die Leute im Grunde ihren eigenen Kalender in Silos betrachten".

Was aber, wenn das alles nicht klappt? Wenn die Fifa kein Entgegenkommen zeigt und die Klagen ins Leere laufen? "Wir wollen nicht streiken", sagt David Terrier, Vizepräsident der französischen Spielergewerkschaft. "Aber es ist die letzte Möglichkeit."

Knapp 15 Minuten bevor die Fifpro in der Medienrunde ihren aktuellen Bericht vorstellt, gibt die Fifa die "musikalische Signatur" für die hauseigene Klub-WM bekannt. Die Hymne des Turniers ist: "Freed from Desire" – "Befreit von Verlangen".

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