Nach der Auslosung der Champions League-Gruppenphase kann fast schon Mitleid für den tschechischen Meister Viktoria Pilsen aufkommen: Aus jedem der drei anderen Lostöpfe erwischten der Klub jeweils eins der härtesten Lose: Sie treffen nun in Gruppe C auf Inter Mailand, Bayern München und den FC Barcelona.
Das große Thema nach der Auslosung ist stattdessen das direkte Aufeinandertreffen der beiden FCBs. Nachdem die beiden Fußball-Giganten Barcelona und Bayern München in der Sommerpause um die Dienste von Robert Lewandowski konkurriert hatten, kommt es nun zum doppelten Duell auf dem Rasen.
"Solche Geschichten wie mit Lewandowski schreibt nur der Fußball", findet Bayerns Sportvorstand Hasan Salihamidžić. "Da haben wir vorher im Büro schon Späßchen drüber gemacht." Auch Vorstandsboss Oliver Kahn hatte die Paarung gegen die Katalanen schon befürchtet: "Das war so klar, das war so klar! Natürlich bekommen wir Barcelona in der Gruppe."
Trotz seiner Vorahnung reagierte Kahn während der Ziehung in Istanbul auf das Barça-Los mit einem ungläubigen Lachen. Eine grobe Unsportlichkeit, findet zumindest die spanische Presse: "Kahn verspottet Barça" lautete die Schlagzeile der spanischen "Sport". Der einstige Welttorhüter habe "seine Zufriedenheit nicht unterdrücken" können und den Respekt vermissen lassen, den man bei solchen Auslosungen gewohnt sei.
Tatsächlich scheint es jedoch die "Sport" zu sein, die unmittelbar nach der Auslosung – noch bevor überhaupt der genaue Spielplan feststeht – das Duell zu emotionalisieren versucht. Auch dem Bayern-Trainer Julian Nagelsmann warf das Blatt eine Provokation in Richtung der Katalanen vor, allein weil er an die letzten Paarungen mit Barcelona erinnerte.
"Ich hoffe, dass wir ähnliche Ergebnisse erzielen können wie in den letzten Jahren", hatte der 35-jährige Chefcoach nach der Auslosung erklärt. Schon in der vergangenen Saison – Nagelsmanns erster Spielzeit bei den Bayern – trafen die beiden FCBs in der Gruppenphase aufeinander. Beide Partien konnten die Münchner mit 3:0 für sich entscheiden.
In Wahrheit gaben sich die Bayern jedoch alles andere als rauflustig. Stattdessen kamen nach der Auslosung die üblichen Floskeln: Nagelsmann sprach von einer "anspruchsvollen Gruppe voller Herausforderungen", Manuel Neuer freute sich auf "super Klubs" und "super Stadien" und Thomas Müller warnte, dass die Bayern ihre "Hausaufgaben machen [müssen], um das Achtelfinale zu erreichen."
Selbst den Gegner aus Plzeň, zweifelsohne der krasse Underdog der Gruppe, wollte man bloß nicht unterschätzen. Dass sie zuletzt tschechischer Meister wurden "vor den Prager Klubs, das heißt schon was. Wir müssen von Beginn an voll da sein", warnte etwa Nagelsmann.
Vorstandsboss Kahn hat die Vorwürfe der spanischen Presse inzwischen klar zurückgewiesen: "Diese Interpretation ist wirklich völlig aus der Luft gegriffen", erklärte er gegenüber "Bild". Und: "Robert Lewandowski ist erst vor wenigen Wochen von uns zum FC Barcelona gewechselt – nun führt uns das Los bereits in der Gruppenphase der Champions League wieder zusammen. Über solche Kuriositäten des Fußballs habe ich geschmunzelt", stellt der Vorstandsboss der Bayern klar.
Dass die katalanische Presse aktuell aus jeder Richtung Provokationen wahrnimmt, mag auch damit zusammenhängen, dass Barça seit dem Abgang von Messi im Sommer 2021 seiner eigenen Favoritenrolle nicht mehr gerecht werden konnte.
Bei den Buchmachern wird daher Bayern im direkten Aufeinandertreffen definitiv Favorit sein. Setzt man heute beispielsweise 10 Euro auf einen Champions League-Sieg der Katalanen, kriegt man im Gewinnfall 130 Euro. Falls Bayern das Turnier gewinnt, könnte man je nach Wettanbieter maximal das Achtfache seines Einsatzes herausholen.
Kleines Trostpflatser für die zitternden Katalanen: Bei vielen Wettanbietern hat Barça keine schlechteren Quoten als Titelverteidiger Real Madrid. Die kostspielige Shopping-Tour im Sommer hat dem zuletzt lahmenden Raubtier also zumindest wieder eine Aura der Gefahr verliehen.
(kpk)