Nach dem enttäuschenden Ausscheiden im Champions-League-Viertelfinale gegen Villarreal zieht man beim FC Bayern schon jetzt Bilanz der ersten Saison unter dem Trainer Julian Nagelsmann: Trotz neun Punkten Vorsprung in der Tabelle und der wohl unabwendbaren 10. Meisterschaft in Folge ist zumindest Nagelsmann unzufrieden.
Der Trainer selbst weiß: "Sollten wir Meister werden, ist es das gleiche Ergebnis wie letzte Saison. Das ist für Bayern München nicht ausreichend. Das Halbfinale ist immer das Minimalziel für uns."
Dementsprechend bastelt die Vereinsführung derzeit an einem Plan für die Zukunft: Ein Umbruch soll angestoßen werden, von dem ein oder anderen Leistungsträger könnte man sich trennen, gleichzeitig scoutet man schon neues Personal.
Doch der Kader ist nur eine der Baustellen beim FC Bayern. Auch von den Funktionären wird eine Weiterentwicklung erwartet: "Aus dem Verein heißt es, Kahn müsse an seiner Kommunikation und Außendarstellung arbeiten", verrät die "Sport Bild" am Mittwoch. Demnach soll der Umgang von Bayern-Boss Oliver Kahn mit den Medien innerhalb des Vereins als zu zurückhaltend wahrgenommen werden.
Nach dem Europapokal-Aus gegen Villarreal war Kahn zuletzt am Wochenende im Sport1-"Doppelpass" deutlich geworden: "Wir lassen uns nicht am Nasenring durch die Manege führen." Eine verbale Offensive, die innerhalb des Vereins wohl häufiger von Kahn gewünscht wird. Für den ehemaligen Kapitän der Nationalmannschaft ist es die erste Saison als Vorstandsvorsitzender. Er übernahm im vergangenen Sommer das Amt von Karl-Heinz Rummenigge.
Tatsächlich ist die berüchtigte "Abteilung Attacke" seit dem Rückzug von Uli Hoeneß 2019 etwas eingeschlafen. Der langjährige Manager und Präsident des FCB hatte während seiner 40 Jahre in der Vereinsführung immer wieder durch lautstarke und offensive Aussagen polarisiert. Egal, ob er seine Mannschaft gegen die Medien verteidigte, bei Konkurrenten Unruhe stiftete oder einfach nur seinen Senf dazugeben wollte: Uli Hoeneß hat sich nie mit seiner Meinung zurückgehalten. Dafür wurde er beim FC Bayern genauso verehrt, wie vom Rest der Liga gehasst. In fremden Stadien erntete er oft Schmähgesänge.
Oliver Kahn polarisierte als Spieler selbst sehr oft. Als Bayern-Vorstand zeigt er sich allerdings noch recht zahm. So richtig provokant, wie man es von der "Abteilung Attacke" gewohnt ist, wirkt der ehemalige Welttorhüter eben nicht.
Zugegeben: Einen klaren nationalen Konkurrenten, bei dem man Unruhe stiften muss, gibt es derzeit nicht. Und wenn Kahn meint, die Medien würden seine Bayern zu unrecht verurteilen, dann stellt er sich auch vor das Team (siehe letztes Wochenende).
Dementsprechend genießt Kahn laut "Sport Bild" auch die volle Unterstützung von Bayern-Präsident Herbert Hainer. Es bleibt abzuwarten, ob Kahn in seiner zweiten Saison als Vorstandsvorsitzender dem internen Druck nachgibt und bei Medienauftritten öfter eine klare Meinung vertritt.
(kpk)