Bundestrainer Julian Nagelsmann und die Nationalmannschaft haben das geschafft, was ihnen im November noch niemand zugetraut hätte. Mit zwei überzeugenden Auftritten in Frankreich (2:0) und gegen die Niederlande (2:1) hat das DFB-Team Vorfreude auf die Heim-EM im Sommer geweckt.
Auswuchs dieser aufkeimenden Euphorie ist auch die Debatte um die Torhymne. Letztlich hat sich auf Druck von Social Media und einer Online-Petition der DFB dazu entschieden, den Song "Major Tom" bei einem Torerfolg zu spielen und somit tausenden Fans den Wunsch erfüllt.
Der Fokus rückt nun nach den letzten Testspielen auf die EM-Vorbereitung und die dann anstehende Gruppenphase. Für Ende Mai wird die vorläufige Kaderbekanntgabe erwartet, am 7. Juni muss Nagelsmann dann die endgültigen 23 Profis benennen, die den DFB bei der Heim-EM vertreten dürfen.
Im "Copa TS"-Podcast haben nun ZDF-Moderator Tommi Schmitt und ZDF-Experte und Gladbach-Profi Christoph Kramer ein Fazit zur vergangenen Länderspielpause und den Hoffnungen auf die EM gezogen. Gerade im Vorausblick auf das Turnier wurde Kramer eindeutig.
Schmitt beginnt den Abschnitt mit der These, dass Deutschland mit Frankreich und den Niederlande "mitspielende" Gegner hatte. Er habe sich daher gefragt, ob das DFB-Team nicht vor größeren Problemen stehen würde, wenn es auf eine Mannschaft trifft, die sich defensiv aufstellt und "tief steht". Als Beispiel nannte er Deutschlands Auftaktgegner zur EM, Schottland.
"Das wäre das Beste, was uns passieren könnte", entgegnete Kramer wie aus der Pistole geschossen. Er begründet das damit, dass sich das DFB-Team dann gerade mit Real-Madrid-Star Toni Kroos die Angriffe und den Gegner zurechtlegen könne. "Nicht in den ersten 20 Minuten", ergänzt er, "aber irgendwann. Du hast mit Musiala, Wirtz und Kai Havertz drei Ausnahmespieler. Wenn die permanent in der Nähe des Sechzehners sind, dann fällt irgendwann ne Kirsche ins Tor."
Auch wegen Antonio Rüdiger und Jonathan Tah als schnelle Innenverteidiger in der Konterabsicherung wären tief stehende Gegner kein Problem. Kurz danach ordnet Kramer aber auch ein, was die unangenehmste Spielweise eines Gegners für die deutsche Mannschaft sein könnte. Er nennt dort die österreichische Nationalmannschaft um Trainer Ralf Rangnick. "Die verteidigen eins gegen eins auf dem ganzen Platz. Das ist super schwer."
Schmitt und Kramer reden aber nicht ausschließlich über die Spielweise von EM-Gegnern der deutschen Nationalmannschaft, sondern auch über Kramers Emotionen. Schmitt will wissen, wie der Gladbach-Profi damit umgeht, wenn er nicht für die Nationalmannschaft nominiert wird und ob er dann den anderen Spielern wünscht, dass sie Fehler machen.
Kramer reagiert mit einem fiktiven Beispiel aus der Arbeitswelt, bei dem zwei Menschen um eine Beförderung kämpfen und jeweils einen Vortrag halten müssten. Auch wenn die beiden Personen sich untereinander mögen, würde dann darauf gehofft werden, dass bei einer Präsentation ein kleiner Fehler unterlaufen würde. Ähnlich sei es grundsätzlich im Fußball.
"Du weißt in deiner Jugend, aus den ganzen Jungs, mit denen ich zusammengespielt habe, schaffen es vielleicht zwei oder drei", beginnt Kramer einen Monolog: "Wenn du diesen Traum hast, musst du Leute hinter dir lassen. Das ist nicht romantisch."
Im Anschluss daran redet sich der zwölfmalige Nationalspieler in Rage: "Das ist scheiße. Deswegen ist es auch voll das Haifischbecken. Normalerweise müsste man diese ganze Nummer hinterfragen, weil du aus Kindern Maschinen machst. Konkurrenzmaschinen ohne Herz. Deswegen lasse ich auch nie diese Mentalitätsdebatte zu, dieses: 'Manchmal will er und manchmal nicht'."
Gerade zu diesem Thema wird Kramer noch deutlicher: "Das ist so ein Bullshit. Wenn du da oben angekommen bist, kannst du dir sicher sein, du hast eins: Wille. Und zwar in jeder Sekunde." Im Anschluss daran beruhigt sich Kramer wieder, machte aber dadurch klar, was er um die Debatten um beispielsweise Kai Havertz hält. Dem Arsenal-Star wird immer wieder vorgeworfen, dass er lustlos auf dem Feld wirke.
Er selbst hat das bereits mehrfach in Interviews bestritten, nun kam ihm indirekt auch Kramer zur Seite.