Die Fußball-Ligen Europas haben seit Jahren ein Riesenproblem mit Piraterie. Ob die Fans nun privat und Zuhause eine der etlichen Streaming-Seiten anklicken. Oder, ob die Kneipen in den Städten auf das teure Pay-TV-Angebot verzichten und stattdessen per Beamer einen ominösen Internet-Channel an die Wand werfen.
Den Fans ist es gleich, solange die Bild-Qualität stimmt, den Ligabetreibern aber gehen hunderte Millionen Euro durch die Lappen.
Scheinbar führt der verzweifelte Kampf gegen das illegale Angebot zu teils ebenso verzweifelten Maßnahmen. Die spanische Fußball-Liga etwa hat gerade zugegeben: Sie nutzt die rund zehn Millionen User ihrer App, um Kneipen nachzuspionieren, ob diese auch für ihre Übertragung zahlen.
Das funktioniert so:
Wer die App in Spanien herunterlädt, stimmt ihren
Geschäftsbedingungen zu und erklärt sich bereit, ein Überwachungs-Feature auf sein Mikrofon zugreifen zu lassen.
Das erkennt bestimmte Sound-Fragmente, die nur das spanische Pay-TV ausstrahlt, nämlich bei der Übertragung von Fußballspielen.
Sobald das Feature den Sound wahrnimmt, aktiviert es sich und übermittelt den
Standort des Users.
Schaut ein Fan also in seiner Lieblings-Sportbar ein
Spiel an, sieht die spanische Liga genau, wo er sich befindet.
Dann prüft, ob die Kneipe einen Pay-TV Anschluss hat, oder ob sie ein
Spiel illegal überträgt.
Damit wolle man gegen einen jährlichen Schaden von
rund 150 Milliarden Euro vorgehen, heißt es bei der Liga. Man brauche die App, um der eigenen Verantwortung gegenüber den Vereinen Gerecht zu werden.
Das klingt illegal, aber die User stimmten zu
Man könnte argumentieren, dass sich die User willentlich zum Späher für den spanischen
Fußballverband machen.
Die Enthüllung des Ortungs-Features kommt allerdings zu einer Zeit, in der Europa über seinen neuen Datenschutz diskutiert.
Nach Inkraftreten der neuen EU-Regeln mussten Unternehmen ihre Geschäftsbendingungen aktualisieren. Viele von ihnen nutzen diese Gelegenheit aber dazu, um sich von ihren Usern sogar noch mehr Rechte zugestehen zu lassen. Um ein Angebot überhaupt weiter benutzen zu können, müssen sie zustimmen.
Facebook etwa versuchte prompt, durch die Hintertür seine eigentlich abgeschaffte Gesichtserkennung per Zustimmung wieder online zu bringen. Nur, wer aufpasste, konnte das Feature sofort wieder ausschalten.
Auch die spanische App hat wie oben beschrieben zehn Millionen
Fans, die auf "Ja" klickten. Kaum einer von Ihnen wird sich bewusst darüber gewesen sein, dass er oder sie als Spitzel für den spanischen Fußball unterwegs war.
Was macht eigentlich die DFL?
Wir haben die Geschäftsbedingungen der DFL sofort durchgelesen: Darin steht zum Glück nichts, was auch nur ansatzweise an die Spanier erinnert, auch wenn durch aus "Ortungsdienste" zum Einsatz kommen. Die dienen etwa dazu, bestimmte Videos nur im Inland zugänglich zu machen.
Auch IT-Sicherheitsexperten, die watson fragte, bestätigten: Die App fragt nicht nach der Möglichkeit, auf das Mikro zugreifen zu können, und scheint das auch nicht zu tun.
Es dauerte nicht lange, bis die DFL sich auf eine Anfrage von watson meldete.
Ein Sprecher sagte:
"Auf den von der DFL und ihren Tochtergesellschaften
betriebenen Plattformen gibt es keine solchen Funktionen“
watson
Mehr dazu sagen, wollte die Liga nicht. Auch auf die Frage, wie man das Verhalten der spanischen Kollegen einschätze, ging der Sprecher nicht ein.
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