Das Schweden unter Trainer Janne Andersson wirken gelöster, geschlossener als noch zu Zeiten von "König Zlatan", ein Sieg gegen Weltmeister Deutschland könnte sie vorzeitig ins Achtelfinale bringen und für Glückseligkeit daheim in Schweden sorgen – wäre da nicht Zlatan.
Zlatan Ibrahimović ist bereits 2016 aus der Nationalmannschaft zurückgetreten – was ihn nicht davon abhält, die "Tre Kronen" als Trittbrett für seine markigen Sprüche zu nutzen. Wenn er sagt, eine WM sei keine WM, wenn sie ohne ihn stattfinde, kann man das mit einem Schmunzler unter "Ach, Zlatan..." ablegen. Problematisch für Schweden ist da schon eher, dass sich Ibra bei jeder sich bietenden Gelegenheit als absolutistischer Herrscher des schwedischen Fußballs darstellt. Kostprobe gefällig?
Ibrahimović wirkt durch solche Aussagen wie ein Kleinkind, das sich erst klar darüber wird, wie sehr es an seinem Kuscheltier hing, nachdem es bei der Wohlfahrt gelandet ist. Ein Spieler mit seiner Vita hat ein solches mediales Tamtam eigentlich nicht nötig – aber es ist nunmal Zlatan. Lieben oder Hassen, bei ihm gibt es – auch dank seiner legendären Zoten – kein "Ist mir egal."
Abgesehen davon, dass seine aktuellen Aussagen Quatsch sind (Trainer Andersson stand seit seiner Berufung 2016 nie zur Debatte), sorgen sie auch noch für unnötige Aufregung im schwedischen Camp.
Trainer Andersson, Sportdirektor Lars Richt, Kapitän Andreas Granqvist: sie alle mussten bereits wiederholt zu Zlatans Aussagen Stellung beziehen. Die Reaktionen reichten dabei von Gesprächsbereitschaft über Augenrollen bis Trotz. Sie alle zeigten jedoch, dass Zlatan, sobald er den Mund öffnet, die schwedische Nationalmannschaft überstrahlt.
"Glauben Sie wirklich, das würde helfen?", retournierte Teammanager Richt den Vorschlag eines Journalisten, Ibra doch einfach darum zu bitten, die Füße still zu halten. Coach Andersson signalisierte sogar Gesprächsbereitschaft und bat Ibrahimović öffentlich um einen Anruf. Aber hat er allen ernstes geglaubt, ein Ibrahimović würde IHN anrufen? Die Aussprache kam nie zustande. ("Spiegel Online")
Granqvist, der die Kapitänsbinde von Ibrahimović erbte, kann noch so viel die Geschlossenheit der Mannschaft propagieren, Trainer Andersson noch so oft daran erinnern, dass es um die Spieler, die in Russland auch im Kader stehen, gehen sollte. Am Ende sprechen doch alle über Zlatan – das schwedische Team eingeschlossen. Und das nervt sie. ("ZDF")
Denn Ibrahimović Omnipräsenz erzeugt ein Dilemma, das zu dem Stolperstein für Schweden werden kann: Egal, was gegen Deutschland am Samstag passiert – jeder wird sich fragen, was Zlatan getan oder nicht getan hätte, was mit "Ibrakadabra" anders gelaufen wäre. Ibrahimović hat sich längst zum bösen Geist statt zum Maskottchen der Schweden entwickelt. Jetzt muss das Team dafür sorgen, dass er nicht auch noch zu ihrem größten Albtraum wird.