Dienstagabend, 22 Uhr im Berliner Olympiastadion. Real Madrid liegt zur Pause ebenso überraschend wie unglücklich mit 0:1 gegen den 1. FC Union zurück. Trotz eines erdrückenden Ballbesitzanteils belohnen sich die Königlichen nicht. Trainer Carlo Ancelotti aber weiß, was er in dieser Situation zu tun hat: Er bringt Toni Kroos.
Der Weltmeister von 2014 sammelt in den folgenden 45 Minuten 71 Ballaktionen – mehr als jeder Union-Profi am ganzen Abend. Noch wichtiger: Kroos verteilt die Bälle mit gewohnt tödlicher Präzision, 95 Prozent seiner Zuspiele landen bei den Mitspielern. Real legt sich die Köpenicker so zurecht. Und gewinnt am Ende mit 3:2.
Die Königlichen können sich auch im Dezember 2023 noch immer auf den Mittelfeldmann verlassen. In der Champions League hat er diese Saison 58 Prozent der möglichen Einsatzzeit absolviert, in der Liga gar 68 Prozent. Das liegt auch an Verletzungsproblemen, mit Aurélien Tchouaméni und Eduardo Camavinga fallen zwei flexible Mittelfeldspieler aus, noch mehr aber an Kroos' Klasse.
Der einst als "Querpass-Toni" gescholtene Routinier glänzt nämlich nicht nur mit einer Passsicherheit, die jeden Gegner entnervt, sondern strahlt auch Torgefahr aus. So kommt er in der laufenden Spielzeit bereits auf fünf Vorlagen sowie einen eigenen Treffer.
Da überrascht es nicht, dass seine Kollegen in den höchsten Tönen von ihm sprechen. "Toni Kroos ist Toni Kroos. Puls 20 und ein Passspiel vom anderen Stern", schwärmte Antonio Rüdiger kürzlich in einem Interview mit Dazn. Der Verteidiger arbeitet im Verein Tag für Tag mit dem Weltmeister zusammen – und würde dies am liebsten auch im DFB-Team wieder tun.
"Ich würde mir sehr gerne wünschen, dass er für die Nationalmannschaft spielt. Aber das ist seine Entscheidung." Mit diesem Wunsch sei Rüdiger auch an Kroos herangetreten. Das wiederum bestätigte der 33-Jährige am Dienstagabend nach dem Sieg über Union.
"Antonio hat mich auf dem falschen Fuß erwischt, denn den Gedanken hatte ich selbst nicht", gestand Kroos am Mikrofon von Dazn. "Ich habe lange überlegt und ihm dann eine Antwort gegeben, die ich heute hier nicht geben kann." Verkündet habe er diese seinem Kollegen mit einem Schmunzeln, ergänzte der Routinier vielsagend.
Diese verhaltene Aussage kommt nun dahingehend überraschend, dass er einer Rückkehr in die Nationalmannschaft in der Vergangenheit immer eine klare Absage erteilt hat.
"Ich sage mal so: Ich habe ja eine bewusste Entscheidung getroffen", betonte Kroos die Endgültigkeit im April gegenüber "Prime Video". Diese sei "reif überlegt" gewesen. "Und wenn ein Norddeutscher so eine Entscheidung trifft, ist sie relativ in Stein gemeißelt. Das ist nach wie vor der Fall."
Ob sich in den vergangenen acht Monaten etwas daran geändert hat? Ob Julian Nagelsmann womöglich versucht, Kroos ob der anhaltenden Probleme des DFB-Teams zurückzuholen? Es bleibt vorerst spekulativ, der Weltmeister hat die Gerüchte mit seinen Aussagen nun aber fraglos neu befeuert.