Die 1:3-Niederlage beim FC St. Pauli war dann doch ein enttäuschender Auftritt zu viel, am Mittwoch zog der FC Schalke 04 die Reißleine und trennte sich von Trainer Thomas Reis. Der hätte den Verein in der Vorsaison zwar beinahe noch zum Klassenerhalt geführt, nach dem Abstieg konnte er ihn aber nicht zurück in die Spur führen.
So kassierten die Gelsenkirchener an den ersten sieben Spieltagen der 2. Bundesliga bereits vier Niederlagen. Mit gerade einmal sieben Pünktchen steht der Traditionsverein auf dem 16. Tabellenplatz. Das ist eindeutig zu wenig, hieß das zu Saisonbeginn formulierte Ziel doch direkter Wiederaufstieg.
Zum Aus von Reis sollen allerdings nicht nur sportliche Gründe geführt haben. Schon vor der Entlassung machten Spekulationen die Runde, der Übungsleiter habe Teile der Mannschaft nicht mehr erreicht.
Symbolisch dafür galt die Personalie Timo Baumgartl, der nach der Niederlage bei St. Pauli öffentlich Kritik an der taktischen Ausrichtung formuliert hatte. Reis verbannte den Abwehrspieler in der Folge in die U23, der Verein belegte ihn zudem mit einer Geldstrafe.
Ein Bericht der "Bild" bestätigt nun entsprechende Spekulationen. Demnach hätte die Mannschaft teils mit Freude auf die Information reagiert, dass sie künftig einen neuen Trainer bekommt.
Ein Vorwurf an den entlassenen Übungsleiter sei demnach gewesen, dass das Aufwärmprogramm vor der Partie in Hamburg derart anstrengend war, dass die Profis schon vor dem Anpfiff kaputt waren.
Die Verkündung am Mittwoch habe teilweise aber auch für Verwunderung gesorgt. Weniger wegen der Entlassung selbst als vielmehr ob des Zeitpunkts. Noch am Montag soll Sportdirektor André Hechelmann in der Kabine gesagt haben, dass man gemeinsam, also mit Reis, den Turnaround schaffen werde.
Dass man sich von Reis trennen werde, entschieden Sportvorstand Peter Knäbel und Hechelmann laut "Bild" am Dienstagabend. Bis 23.45 Uhr hätten die Bosse zusammengesessen, ehe die Entscheidung fiel. Am Mittwochmorgen teilten sie diese Reis und seinem Assistenten Markus Gellhaus mit.
Gerald Asamoah, der Leiter der Lizenzspielerabteilung, soll in der Folge die Mannschaft per WhatsApp informiert haben. Einzig Kapitän Simon Terodde habe es demnach persönlich in einem Telefonat mit Hechelmann erfahren. Eine knappe Stunde später sprachen die Bosse auf dem Vereinsgelände dann zu den Profis.
Matthias Kreutzer, der das Team nun als Interimslösung übernimmt, war bei dieser Ansprache ebenfalls dabei. Dass er die Verantwortung nur für maximal zwei Spieltage tragen wird, steht indes schon fest. Dem 40-Jährigen fehlen die erforderlichen Trainerlizenzen, laut Uefa-Regularien darf er die Profis maximal 15 Tage lang betreuen.
Der "Kicker" berichtet zudem, dass Kreutzer auf Schalke zwar als "hoch anerkannter Experte seines Fachs" gilt und als gute Dauerlösung betrachtet wird, es dem 40-Jährigen aber an seiner Bereitschaft zum Cheftrainerjob mangelt.
Das ist in Anbetracht des enormen Trainerverschleißes in Gelsenkirchen allerdings durchaus verständlich. Kreutzer arbeitete vor seiner Zeit beim S04 zudem zwölf Jahre beim Hamburger SV, erlebte dort ebenfalls einen Trainerwechsel nach dem anderen hautnah mit.
Dem Bericht zufolge sollen diese vielen Entlassungen bei den Königsblauen nicht nur Kreutzer, sondern auch externe Kandidaten abschrecken. Das Fachblatt habe sich in Trainer- und Beraterkreisen nach dem Interesse am Job auf Schalke umgehört und vornehmlich Kopfschütteln als Antwort erhalten.
Anders als noch vor einigen Jahren kann der Traditionsverein zudem nicht mehr mit großem Gehalt locken. Finanziell ist S04 mittlerweile derart schlecht aufgestellt, dass Reis bei seiner Verpflichtung im letzten Jahr sogar einen Teil seiner eigenen Ablösesumme an den VfL Bochum zahlen musste.
Deshalb sollen die Königsblauen nun eine interne Lösung favorisieren. Ein geeigneter Kandidat hierfür wäre wohl Onur Cinel gewesen. Der gleichermaßen erfolgreiche wie ambitionierte Jugendtrainer verließ den Klub aber im Sommer gen Österreich, schloss sich dem FC Liefering an. Auf Schalke fehlte ihm die Perspektive. So muss der Verein nun eine andere Lösung finden.