In dieser Saison herrscht zumindest bis jetzt ein bisschen verkehrte Welt in der Fußball-Bundesliga. Nach 20 Spieltagen steht nicht etwa der FC Bayern München ungeschlagen an der Tabellenspitze und begeistert mit attraktivem Offensivfußball, sondern Bayer Leverkusen.
Unter Trainer Xabi Alonso brilliert die Werkself mit temporeichem Offensivfußball und der besten Abwehr (14 Gegentore) der Bundesliga. Deutschlandweit überschlagen sich die TV-Experten mit Lobeshymnen für Bayer und ihren spanischen Trainer.
Etwas anders sieht das in München aus. Lothar Matthäus und Didi Hamann kritisieren fast wöchentlich die Leistungen der Münchner. Nun schlug mit Michael Ballack eine weitere Legende des Vereins in eine ähnliche Kerbe.
"Das sind noch nicht die Tuchel-Bayern, da ist noch Luft nach oben, viel Steigerungspotenzial. Die Ergebnisse stimmen meist, die Punkteausbeute in der Liga ist sehr gut, aber spielerisch ist es zu dürftig", sagte er in einem Interview mit dem "Sportbuzzer".
Obwohl Tuchel seit gut einem Jahr Trainer der Münchner ist, habe man den "wahren Tuchel-Fußball" noch nicht gesehen. Immer wieder hat die Mannschaft in der Offensive Probleme, gegen tief stehende Gegner Torchancen zu erspielen. In der Defensive zeigt sich das Team oft unkonzentriert und es kommt zu einfachen individuellen Fehlern.
"Mit dem Einstieg im letzten Drittel der Saison hatte er es schwer. Klar ist aber auch: Er braucht einen Titel, die Meisterschaft letzte Saison haben die Dortmunder den Bayern ja geschenkt", bilanzierte Ballack die bisherige Zeit.
Über die unterschiedliche Bewertung der Spielzeiten beschwerte sich Tuchel bereits auf der Pressekonferenz zum Spiel am Freitagvormittag. "Man hat eher so das Gefühl, eines wird tendenziell ein wenig überhöht und auf alle anderen kann man draufhacken. Ich weiß nicht, ob das dem immer gerecht wird."
In die gleiche Kerbe schlug auch Uli Hoeneß in einem Interview mit der "FAZ". Der 72-jährige Klub-Patron sagte: "Mir kommt auch Thomas Tuchel in der Öffentlichkeit zu schlecht weg, uns haben ja zeitweise zehn Nationalspieler gefehlt, außerdem musste die Abwehr permanent neu formiert werden."
Zudem polterte Hoeneß über einen weiteren TV-Experten: ".
Strunz hatte Tuchel in einer "Bild"-Sendung "Dünnhäutigkeit" und "fehlende Souveränität" im Umgang mit TV-Experten vorgeworfen.
Für Ballack haben die Bayern weiterhin den besten Kader, "aber vielleicht brauchen einigen Spieler nach elf Meisterschaften in Serie den besonderen Reiz."
Trotz dieser Umstände liege die Münchner mit 50 Punkten nur zwei Zähler hinter Leverkusen und könnten mit einem Sieg am Abend wieder an der Tabellenspitze stehen. Drucksituationen, in denen der deutsche Rekordmeister in der Vergangenheit am besten performte. "Am Samstag wollen sie es allen beweisen – und das macht die Bayern so gefährlich", sagte Ballack.
So forderte auch Thomas Tuchel von seiner Mannschaft eine "Statement-Leistung". Ähnlich wie Anfang November als die Münchner spielerisch nicht überzeugen konnten, aber dann im Auswärtsspiel bei Borussia Dortmund mit 4:0 gewannen.
"Wir müssen eine Schippe drauflegen, alles bis zum letzten Prozentpunkt ausreizen. Ich hätte beinahe gesagt: Hosen runter... Karten auf den Tisch!", sagte Tuchel mit einem Lachen.