Die Schmäh-Spruchbänder von Bayern-Fans gegen Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp sind offenbar während des Spiels im Gästeblock zusammengestellt worden. Dies erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Polizeikreisen.
Die Gäste-Fans hatten dort zuvor eine Choreografie zum 120. Vereinsjubiläum der Münchner mit vielen einzelnen Plakaten gezeigt. Einsatzpolizisten berichteten am Samstagabend in Sinsheim, dass Fans größere Mengen an Klebebänder mit in die Arena genommen hätten – offiziell, um damit Fahnen an den Stangen zu befestigen. Diese seien aber dazu verwendet worden, um aus einzelnen Plakaten die Banner zu basteln. In der Vergangenheit war schon oft gerätselt worden, wie trotz strenger Kontrollen Schmäh-Plakate wie das gegen Hopp ins Stadion kommen konnten.
Bayern-Fans hatten Hopp mit zwei Spruchbändern als "Hurensohn" beleidigt, das Bundesliga-Spiel (6:0 für Bayern) bei der TSG war daraufhin zweimal von Schiedsrichter Christian Dingert unterbrochen worden. In den letzten 13 Minuten spielten die beiden Mannschaften nur noch symbolisch den Ball hin und her.
Zuvor hatte ein Plakat, das Hopps Gesicht hinter einem Fadenkreuz zeigte, dazu geführt, dass das DFB-Sportgericht Anhänger von Borussia Dortmund für zwei Jahre von Auswärtsspielen bei den Hoffenheimern ausgeschlossen hat. Aus Protest dagegen hatten am Wochenende zuvor auch Fans von Borussia Mönchengladbach gegen Hopp gehetzt und für eine Unterbrechung der Partie gegen Hoffenheim gesorgt. Das Urteil in diesem Fall steht noch aus.
Die Fanszene des FC Bayern München hat sich in einem online veröffentlichten Schreiben für die Vorfälle bei der Partie in Sinsheim gerechtfertigt und keinerlei Einsicht gezeigt. In dem am Samstag auf "suedkurve-muenchen.org" veröffentlichten Text heißt es unter anderem: "Man muss den Wortlaut nicht gutheißen, aber es gab für uns hierzu keine Alternative, da nur so das Thema die nötige Aufmerksamkeit erhält."
"Will man zukünftig immer, wenn solche Beleidigungen auf der Zuschauertribüne geäußert werden, Fußballspiele ab- oder unterbrechen, wird man keine Partie mehr über 90 Minuten spielen können. Die Unterbrechung heute war einfach nur überzogen und absurd", hieß es. Der Fußball bleibe "dreckig", die Fans "rebellisch".
Das Fadenkreuz-Plakat und die jüngste Schmähkritik gegen Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp sind nach Ansicht der Fanorganisation ProFans zum Symbol gegen die Kollektivstrafe geworden. Dies sagte ProFans-Sprecher Sig Zelt der Deutschen Presse-Agentur. "Ein Weg zur Befriedung wäre freilich, wenn der DFB wirklich die Kollektivstrafe abschafft. Dann wäre die Luft sofort raus", sagte er. Dieser Schritt sei überfällig. Er erwarte aber nicht, dass der Deutsche Fußball-Bund über seinen Schatten springen werde – "gerade jetzt nicht".
Der DFB verhalte sich in der Frage "nicht geschickt", sagte Zelt. "Man zeigt die Stirn und provoziert damit nur noch Gegenreaktionen, sodass keiner zurückweicht. Im Moment sehe ich da keine Bewegung aufeinander zu." Der frühere DFB-Präsident Reinhard Grindel hatte die Kollektivstrafe bei Fanvergehen ausgesetzt.
Hopp wird von einigen Fans angefeindet, seit er seinem Heimatclub Hoffenheim den Aufstieg bis in die Bundesliga finanzierte. Die Kraichgauer sind aber dank hoher Transfereinnahmen in den vergangenen Jahren mittlerweile unabhängig von dem 79-jährigen Milliardär.
Das erste Plakat mit Hopp im Fadenkreuz tauchte bereits 2008 auf und war der Beginn einer Dauerfehde zwischen den Fans von Borussia Dortmund und Hopp. Daraus wurde ein Lagerkampf, der den Fußball mehr denn je spaltet. Unabhängig von Finanzgeflechten bei den eigenen Vereinen sagt ein harter Kern der Fans: Hopp hat den Erfolg gekauft. Mit seinem Geld hat der einstige SAP-Mitbegründer – dem US-Wirtschaftsmagazin "Forbes" zufolge derzeit mit einem Vermögen von 10,2 Milliarden Dollar (ca. 9,2 Milliarden Euro) auf Platz 15 der reichsten Deutschen – den Dorfclub Hoffenheim zu einem Bundesligisten gemacht.
Von einem klassischen Investor unterscheidet sich Hopp dennoch: Der gebürtige Heidelberger kickte einst selbst bei der TSG, der Club ist ihm eine Herzensangelegenheit. Eine Zeit lang drängten die Proteste gegen die Emporkömmlinge von RB Leipzig die Causa Hopp/Hoffenheim in den Hintergrund. Nach dem DFB-Urteil mit einer zweijährigen Stadion-Sperre gegen die Wiederholungstäter aus dem Fanlager des BVB vor zehn Tagen ist die Auseinandersetzung wieder neu entflammt. Hopp geht schon länger auch zivilrechtlich gegen Fans vor, die ihn beleidigen.
(as/dpa)