Eigentlich galt Vinícius Júnior als Favorit auf den diesjährigen Ballon d'Or, also für die Auszeichnung als bester Fußballer des Jahres. Noch bevor der goldene Ball am Montagabend in Paris verliehen wurde, sickerte aber die Information durch, dass der Brasilianer nur Zweiter wird.
So kam es dann auch, der prestigeträchtige Preis ging stattdessen an Rodri, Mittelfeldmotor von Manchester City und der spanischen Nationalmannschaft. Ebenfalls eine verdiente Auszeichnung, da waren sich die Expert:innen schnell einig. Der Spanier besticht seit Jahren mit einer enormen Konstanz, ist sowohl bei City als auch im Nationalteam der Denker und Lenker.
Mit seinem Verein wurde er in den vergangenen Monaten unter anderem zum vierten Mal in Folge englischer Meister, mit Spanien gewann er die Europameisterschaft in Deutschland. Der Ballon d'Or ist nun die vorläufige Krönung seiner beeindruckenden Karriere.
So ließe sich das zumindest ganz objektiv einordnen. Toni Kroos hingegen denkt etwas anders über den Ballon d'Or. "Ich finde das alles um den Preis viel zu aufgebauscht. Ich finde den Preis wirklich nicht wichtig, das fand ich noch nie", sagte er am Montagabend am Rande der Icon League.
Die DFB-Legende sei "aus tiefstem Herzen der Meinung, dass individuelle Auszeichnungen im Fußball nichts verloren haben. Das kannst du beim Tennis machen, wenn wirklich einer das Ding gewinnt", zog er einen Vergleich mit einer Individualsportart. Obwohl er kein großer Fan des Ballon d'Or ist, machte Kroos keinen Hehl daraus, dass er sich dieses Jahr einen anderen Sieger gewünscht hat: "Wenn es den schon gibt, wäre es für mich Viní gewesen."
Das haben die Verantwortlichen bei Real Madrid offenbar genauso gesehen. Als am Montagabend die Information durchsickerte, dass der Brasilianer in Paris leer ausgehen würde, cancelten die Spanier kurzerhand ihre Reisepläne, obwohl sie eigentlich mit einer knapp 50-köpfigen Delegation anreisen wollten.
"Es ist klar, dass beim Ballon d’Or Real Madrid nicht respektiert wird. Und Real Madrid wird nirgendwo hingehen, wo es nicht respektiert wird. Wenn die Vergabekriterien Vinícius nicht als Sieger benennen, sollten dieselben Kriterien Carvajal als Sieger benennen", teilte der Verein in einem bockig anmutenden Statement mit.
Statement und Nichterscheinen wiederum ließen den Respekt Reals gegenüber den anderen Profis, Vereinen und deren sportlichen Leistungen vermissen. Obendrein suggerierten die Spanier damit, all die anderen Auszeichnungen, die am Montagabend in Paris vergeben wurden, nicht wertzuschätzen. So wurde Carlo Ancelotti im Herrenbereich als Trainer des Jahres ausgezeichnet, Real Madrid im Herrenbereich zudem als Team des Jahres.
Mehrere spanische Medien berichteten noch vor dem Beginn der Ballon-d'Or-Zeremonie von dem Nichterscheinen Reals, auch Fabrizio Romano sprang darauf an. Auf einen Tweet des Transferexperten bezog sich schließlich auch Kroos, als er am Rande der Icon League zu einer kleinen Stichelei gegen seinen ehemaligen Vereinspräsidenten ansetzte. "So wie ich ihn kennengelernt habe: Florentino Pérez hat die ganze Reisegruppe kurzerhand in Madrid belassen", sagte er.
Dabei berichtete die DFB-Legende, ebenfalls von Real nach Paris eingeladen gewesen zu sein. "Das habe ich aber dankend abgelehnt, weil ich Prioritäten gesetzt habe und heute hier bin", erklärte Kroos augenzwinkernd.