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BBL: Ligachef Holz über Corona-Management der Basketball-Bundesliga

28.06.2020 Basketball easyCredit Final-Turnier Basketball M
BBL-Geschäftsführer Stefan Holz mit der deutschen Meistertrophäe.Bild: www.imago-images.de / BBL-Foto
Interview

"Klubs haben es verstanden und ernst genommen": Ligachef Holz erklärt, wie Basketball-Bundesliga 99-prozentige Impfquote erreichte

01.12.2021, 10:5802.12.2021, 18:08
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Während sich die Ministerpräsidenten der Länder seit einigen Wochen für eine Impfpflicht für Profi-Sportler und insbesondere Fußballer aussprechen und Christian Seifert, Chef der Deutschen Fußball-Liga, erklären muss, warum 86 Profis noch nicht geimpft sind, muss sich Stefan Holz um solche Themen keine Gedanken machen.

Der 55-Jährige ist seit 2015 Chef der Deutschen Basketball-Bundesliga und konnte bereits vor Saisonstart Ende September verkünden, dass 99 Prozent der Spieler, Betreuer und Verantwortlichen geimpft oder genesen seien.

"Das Live-Erlebnis und das gemeinsame Training lassen sich am Ende nicht digital ersetzen."
BBL-Geschäftsführer Stefan Holz zu den Auswirkungen der Corona-Krise auf den Basketball-Nachwuchs

Im Interview mit watson erklärt Holz, wie ihm und seinen Liga-Kollegen das gelungen ist, wie enorm sich die Zuschauerzahlen durch die Corona-Pandemie verändert haben und wie die Liga künftig mit einer möglichen Pflicht für Booster-Impfungen umgehen wird.

watson: Herr Holz, verraten Sie uns das Geheimnis der Basketball-Bundesliga, wie Sie es geschafft haben, noch vor Saisonstart eine Impfquote von 99 Prozent verkünden zu können?

Stefan Holz: Wir haben einfach von Anfang an darauf hingewiesen, wie eminent wichtig eine Impfung ist. Die Klubs und Spieler haben das offensichtlich verstanden und ernst genommen.

Und Sie mussten die Vereine nicht nochmal nachdrücklich auf die Wichtigkeit hinweisen?

Wir haben keinen Druck auf die Vereine ausgeübt oder mit Gehaltskürzungen operiert. Wir haben einfach vernünftig informiert und darauf hingewiesen, dass der Saisonverlauf mit der Impfquote steht und fällt. Und das ist offensichtlich auf fruchtbaren Boden gefallen.

Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) und die Deutsche Eishockey Liga (DEL) können "nur" eine Impfquote von 93 Prozent vorweisen. Was haben Sie anders gemacht?

Ich will jetzt nicht oberschlau daherkommen und sagen, warum wir so gut dastehen und die anderen nicht so. Wir haben nicht mehr und nichts groß anders gemacht als die DFL. Man muss natürlich auch einordnen, dass die Kader und Funktionsteams in der Fußball-Bundesliga ungleich größer sind als bei uns.

Dr. Stefan Holz rechts Dieter Hoeness bei der Auslosung der Halbfinale im Top Four, FC Bayern Muenchen Basketball vs. brose bamberg, Qualifikation Basketball Pokal, Basketball, 21.01.2018, Foto: Lange ...
Stefan Holz (l.) und Ex-Bundesliga-Manager Dieter Hoeneß bei einer Pokalauslosung 2018.Bild: picture alliance / EIBNER/Harry Langer

Holt sich die DFL dennoch Tipps von Ihnen?

In der IPD, also der Vereinigung der vier großen Profi-Ligen, sind wir seit Pandemiebeginn im nahezu täglichen und vertrauensvollen Austausch, und das nicht nur mit der DFL, sondern auch mit der DEL und der HBL.

Trotz der hohen Impfquote in all diesen Ligen erklärten die Ministerpräsidenten der Länder vergangene Woche, eine Impfpflicht für Sportler juristisch prüfen zu wollen. Was halten Sie von der Idee?

Das ist derzeit kein Thema für uns, weil es aktuell einfach nicht relevant ist. Wir haben genug Baustellen durch Corona und sind froh, dass wir über dieses Thema nicht nachdenken müssen.

Dennoch befinden wir uns mitten in der vierten Corona-Welle. Trotz Impfung gibt es immer wieder Spieler, die sich mit dem Virus infizieren. Haben Sie nochmal nachdrücklich an die Vereine appelliert, ihr internes Hygienekonzept zu verschärfen?

Wir sind permanent dabei, die Klubs zu erinnern, zu mahnen und zu sagen: Bitte haltet euch an die AHA-Maßnahmen. Denn die Verlockungen waren bis vor wenigen Wochen ja schon groß, weil die Zahlen eben nicht auf einem so hohen Niveau waren.

Wie sehen die konkreten Maßnahmen für die Teams aktuell aus?

Es gilt beispielsweise weiterhin, die Zusammenkünfte in Mannschaftskreisen zu minimieren, bei Videositzungen und dem Teamessen Maske tragen. Auch längere Busfahrten sind nicht vermeidbar, daher gilt dort ebenfalls Maskenpflicht

Werden diese Regeln aufgrund der enorm hohen Infektionszahlen nochmal verschärft?

Wir haben ein sogenanntes Covid-Board, in dem wir mit Vertretern der Klubs und zwei Experten jeden Dienstagnachmittag tagen. Dort sind wir permanent dabei, die Regeln zu überprüfen und zu schärfen. Wir hinterfragen jede Woche, was sinnvoll ist, und vor allem aktuell, wie wir mit den Booster-Impfungen umgehen.

Wird die Booster-Impfung Pflicht für die Spieler werden?

Nein, das geht momentan arbeitsrechtlich gar nicht, aber wir werden als Liga klare Empfehlungen aussprechen. Gerade mit diesem Thema beschäftigen wir uns gerade intensiv.

Von den 18 BBL-Klubs spielen aktuell acht in internationalen Wettbewerben. Haben Sie Angst, wenn diese Teams zu Auswärtsreisen unterwegs sind, dass sie mit zu vielen positiven Tests zurückkehren und schlussendlich einen reibungslosen Ablauf der Liga gefährden?

Eigentlich nicht. Auch bei Europapokalspielen gelten strikte Protokolle, die Teams werden getestet und befinden sich quasi in ihrer Bubble. Wir haben keine Indikationen, dass Europapokalspiele ein höheres Infektionsrisiko bergen, als wenn die Spieler die Woche zu Hause unterwegs sind und in ihrer Freizeit vielleicht in eine Bar gehen.

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Stefan Holz, Geschäftsführer der Basketball-Bundesliga.Bild: www.imago-images.de / Jörn Wolter / wolterfoto.de

Was ist ihr Eindruck, wie die Zuschauer die aktuelle Lage wahrnehmen?

Wir haben gesehen, dass die Zuschauer ganz offensichtlich zögerlich waren, und das beschäftigt uns. Wir haben allerdings keine klaren Marktforschungserkenntnisse und kratzen eher noch an der Oberfläche. Sicherlich gibt es nachvollziehbare Befindlichkeiten und haben Regeln wie 3G oder 2G oder Maske am Platz Zuschauer vom Besuch abgehalten. Aber ich glaube, dass es sich um ein komplexeres Phänomen handelt.

Können Sie dennoch konkrete Zahlen nennen?

Die 18 Klubs haben gegenüber der Vor-Corona-Zeit 2019 einen Zuschauerrückgang um insgesamt ziemlich genau ein Drittel zu verzeichnen. Die besten Klubs liegen bei minus 15 Prozent, andere verzeichnen einen Rückgang von bis zu 60 Prozent. Leider stellen alle Sportarten gerade fest, dass die Zuschauerrückkehr nicht selbstverständlich ist.

Macht Ihnen das Sorgen?

Wir müssen definitiv aufpassen, dass wir die Fans und die Bindung zu ihnen nicht verlieren. Das Freizeitverhalten hat sich vielleicht auch geändert, wir haben ein umfassendes Pay-TV-Angebot und die Leute haben sich in der Pandemie vielleicht einen Hund gekauft und verbringen den Sonntag jetzt ganz anders, als in die Halle zu gehen. Wir müssen darum kämpfen, dass die Fans wieder zurückkommen, das Live-Erlebnis wiederentdecken und die Bindung zu Ihrem Klub wieder intensivieren.

Das wird nun durch Zulassungsbeschränkungen wie die 2G-Plus-Regel oder Geisterspiele für die Niners Chemnitz in Sachsen oder bei Vereinen in Bayern aber noch ein bisschen schwerer.

Absolut. Aber ich habe in zwei Jahren Pandemie gelernt, dass man kaum ein, zwei Wochen vorausplanen kann. Wirtschaftlich wären Geisterspiele enorm schwierig, aber wir haben natürlich absolutes Verständnis dafür. Wir können uns als Profisportler und als BBL nicht vom Pandemiegeschehen abkoppeln. Wir müssen uns damit arrangieren und hoffen, dass es nur für einige Wochen ist und wir dann wieder Licht am Ende des Tunnels sehen.

"Habe in zwei Jahren Pandemie gelernt, dass man kaum ein, zwei Wochen vorausplanen kann."
BBL-Geschäftsführer Stefan Holz

Fürchten Sie langfristige Auswirkungen auf den Basketball-Sport, gerade was Nachwuchsgewinnung angeht?

Definitiv. Da haben wir schon verlorene Jahrgänge. Das ist wirklich ein Drama, dass Kinder und Jugendliche keinen Mannschaftssport treiben konnten, weil die Hallen zu waren.

Wie wollen Sie dem entgegenwirken?

Es ist vor allem digitale Kreativität in Richtung Nachwuchs, Fans und Sponsoren gefragt. Aber am Ende ist das immer nur ein kleiner Ersatz. Das Live-Erlebnis und das gemeinsame Training lassen sich am Ende nicht digital ersetzen.

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In seiner wöchentlichen Kolumne schreibt der Fanforscher Harald Lange exklusiv auf watson über die Dinge, die Fußball-Deutschland aktuell bewegen.

Der FC St. Pauli kultiviert auf vielen Ebenen den Widerspruch als Markenkern. Inmitten der Debatte um den Investoreneinstieg in die DFL bereitet der Klub aus Hamburg eine Alternative in der Beschaffung zusätzlicher Liquidität vor. Auf Sankt Pauli wird es keinen klassischen Investor geben, der irgendwann den Return of Invest einfordern oder erwirtschaften will.

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