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EM 2024: Alkohol, Terror-Gefahr und Nazi-Parolen – wie sicher ist Berlin?

Polizei auf dem Stadionvorplatz, Fans Zuschauer laufen ins Olympiastadion / / Fu
Polizist:innen auf dem Vorplatz des Olympiastadions sorgen für Sicherheit.Bild: Contrast / imago images
Interview

EM 2024: Alkohol, Terror-Gefahr und Nazi-Parolen – wie sicher ist Berlin?

06.07.2024, 11:4806.07.2024, 11:48
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Europa ist "zu Gast bei Freunden". Seit Wochen pilgern unzählige Fußball-Fans nach Deutschland. Ihr Wunsch: mit ihrem Team am Finaltag in Berlin dabei zu sein. Hier soll am 14. Juli 2024 der EM-Pokal gen Himmel gestreckt werden.

Aber auch vorher kommen in der Hauptstadt fußballvernarrte Menschen auf ihre Kosten. Am Brandenburger Tor, auf der "Mutter aller Fanmeilen", können sie feiern, Bier trinken und Fußball schauen. Doch wie friedlich geht es auf den Straßen von Berlin zu, wenn Party-Stimmung und Rivalität bei den Fans aufeinander treffen?

Beate Ostertag, Pressesprecherin der Polizei Berlin, hat während der Gruppenphase mit watson über die Sicherheitslage bei der EM gesprochen und erzählt, welchen Gefahren Polizei und Fans ausgesetzt sind.

watson: Die Fußball-EM ist in vollem Gange. Wie ist die Stimmung in Berlin?

Beate Ostertag: Die Stimmung, die wir bislang erleben, ist gut. Das Einzige, was die Stimmung manchmal ein bisschen trübt, ist das schlechte Wetter.

Für viele Fans gehören Fußball und Bier zusammen. Werden betrunkene Fans schonmal aggressiver?

Bislang beobachten wir keine Auffälligkeiten. Wie bei jedem anderen Fußballspiel in Berlin sehen wir in der Stadt Menschen, die feiern, Alkohol trinken und gute Laune haben. Vielleicht eckt man auch mal an, aber im Regelfall sind alle am Sport interessiert. Allerdings darf nicht unerwähnt bleiben, dass wir in Berlin in der Vorrunde keine Risikospiele hatten.

Beate Ostertag (r.), Polizeisprecherin Berlin, im Gespräch mit ihren Kolleg:innen.
Beate Ostertag (r.), Polizeisprecherin Berlin, im Gespräch mit ihren Kolleg:innen.bild: watson / lisa slomka

Im Vorfeld der EM wurde vor Anschlägen gewarnt. Wann klingeln bei Ihnen die Alarm-Glocken?

Am Tag des EM-Eröffnungsspiels ist ein größeres Gepäckstück an einer Kontrollstelle festgestellt worden. In diesem Fall wurde nicht nur der Rucksack durchsucht, sondern das volle Programm aufgefahren: von Hunden, die Sprengstoff aufspüren, bis hin zu Kriminaltechniker:innen. Da geht Sicherheit einfach vor. Wir konnten jedoch schnell feststellen, dass von dem Rucksack keine Gefahr ausgeht.

Haben Sie Angst um Ihre Kolleg:innen, wenn Sie auf den Fanmeilen unterwegs sind?

Berlin ist einiges gewohnt, wir sind ständig im Dauereinsatz. Seit dem 7. Oktober steht die Stadt eigentlich nicht mehr still und die abstrakt hohe Gefahr, die vom islamistischen Terrorismus ausgeht, begleitet uns leider auch schon lange. Unsere Kolleg:innen sind für ihre Arbeit aber gut ausgebildet und mit Schutzausrüstung ausgestattet.

Und wie haben Sie sich auf die EM vorbereitet?

Wir haben uns auf diese EM sehr gut vorbereitet. Während des Turniers stehen wir über das eigens dafür eingerichtete IPCC (Anm. d. Red.: International Police Cooperation Center), das polizeiliche Kooperations- und Lagezentrum in Neuss, mit unseren Kolleg:innen im In- und Ausland im Austausch. Dort werden polizeiliche Informationen aus den jeweiligen EM-Einsätzen ausgewertet. Auch sonstige nationale und internationale Hinweise und Erkenntnisse, die Auswirkungen auf die Sicherheit der EM haben könnten, gehen dort ein.

Das letzte große Heimturnier war die Fußball-WM 2006. Was ist jetzt anders?

Es ist viel Zeit vergangen, fast 20 Jahre. Die Rahmenbedingungen haben sich verändert. Die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus und die Kriege in der Ukraine sowie im Nahen Osten beeinflussen unsere Sicherheitslage in Berlin.

Und was hat sich in den fast 20 Jahren an den Arbeitsweisen der Polizei verändert?

Technologische Innovationen haben das Arbeiten von Polizist:innen maßgeblich verändert. Das Internet spielt zum Beispiel eine große Rolle für die Mobilisierung und Aufstachelung von Menschen, die Verbreitung von Hass und Hetze oder für die Anleitung von Straftaten. Wir leben zudem in einer Zeit, in der Drohnentechnik im Grunde für jedermann zugänglich ist. Das müssen wir bei unserem Einsatz für die Sicherheit der EM natürlich mitdenken.

Throwback 2006: Bei der Heim-WM vor 18 Jahren feierten Zehntausende auf der Berliner Fanmeile.
Throwback 2006: Bei der Heim-WM vor 18 Jahren feierten Zehntausende auf der Berliner Fanmeile.bild: IMAGO / Seeliger

Welche Sicherheitsvorkehrungen, die damals noch keine Beachtung gefunden haben, sind heute relevant?

Heutzutage stellen sogenannte Überfahrttaten eine Bedrohung dar. Ein eindringliches Beispiel dafür war der Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz, als ein islamistischer Attentäter zwölf Menschen tötete. Um ein Einfahren von Fahrzeugen in bestimmte Bereiche zu verhindern, setzen wir beispielsweise mobile Zugfahrtsperren ein.

Immer wieder wurden in Städten auch rassistische Parolen zur Melodie des Party-Hits "L'amour toujours" gesungen: Sind solche Fälle auch in Berlin bekannt?

Nein, bislang nicht.

Und wenn es zu rechtsextremen und volksverhetzenden Parolen kommen würde?

Wenn volksverhetzende Parolen zu hören sind, schreiten meine Kolleg:innen ein. Im Hinblick auf dieses Lied wurden alle Einsatzkräfte vor der EM sensibilisiert, nachdem die Strafbarkeit durch die Staatsanwaltschaft geprüft wurde. Danach ist das Singen dieser Liedzeilen nicht per se strafbar. In Kombination mit verbotenen Symbolen aus der Nazizeit wäre eine Strafbarkeit aber gegeben. Und, wenn Personen mit erkennbarem Migrationshintergrund gezielt mit diesem Lied angesungen werden, besteht der Verdacht der Volksverhetzung.

Ihr Fazit: Können sich alle Fußball-Fans in Berlin sicher fühlen?

Wir tun alles für die Sicherheit, natürlich im engen Schulterschluss mit den verantwortlichen Veranstaltern und den anderen Behörden in Berlin. Aber ein Restrisiko bleibt immer. Das muss allen klar sein. Aber die Gäste unserer Stadt und die Berliner:innen dürfen darauf vertrauen, dass wir alle Mittel und Expertise für eine sichere EM auf das Spielfeld gebracht haben.

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