Stürmer Daniel Frahn musste wegen seiner Nähe zu rechtsradikalen Fans Anfang August den Chemnitzer FC verlassen. Das stößt bei den CFC-Anhängern auf Widerstand. Beim DFB-Pokalspiel gegen den Hamburger SV solidarisierten sich die Fans mit dem gefeuerten Spieler – ein Blick durch das Stadion verriet, dass die große Mehrheit der Fans auf Frahns Seite steht.
Es ist nicht das erste Mal, dass der Chemnitzer Verein und seine Fans wegen politisch fragwürdigem Auftreten in die Schlagzeilen gerät.
Wir sprachen mit zwei Mitgliedern des Bündnis "Chemnitz Nazifrei". Sie berichten, wie tief die rechten Strukturen beim Chemnitzer FC wirklich verankert sind.
Aus Angst erkannt zu werden, wollen beide Mitglieder anonym bleiben. Die Namen wurden von der Redaktion geändert.
watson: Woran liegt es, dass die Rechten beim Chemnitzer FC so viel Macht haben?
Thomas: Chemnitz ist in Sachsen eine Hochburg für gewaltbereite Hooligans, die findet man natürlich auch zu Genüge beim CFC. Neben denen gibt es sonst fast nur unpolitische oder rechte Fans. Es fehlt eine Gegenbewegung.
Wie erklärt ihr euch das Fehlen dieser Gegenbewegung?
Thomas: Neonazis werden schon immer beim CFC akzeptiert. Rechtsradikal zu sein ist kein Ausschlusskriterium – im Gegenteil: Jede Nazistruktur, die es jemals in Chemnitz gab, hatte Verbindungen zum Chemnitzer FC. Die Neonazis rekrutieren dort ihre Mitglieder.
Lotta: Wenn man sich offen bei einem Chemnitz-Spiel gegen Nazis stellt oder als Linker dort in den Reihen steht, ist man sehr alleine und es kann richtig gefährlich werden. Das mussten wir auch schon erfahren.
Erzählt mal.
Lotta: Letztes Jahr im Dezember wurden wir als Bündnis "Chemnitz Nazifrei" beim Spiel gegen Babelsberg 03 vom Verein ins Stadion eingeladen. Einige CFC-Fans enttarnten uns vor dem Stadion schon anhand unserer Kleidung als "Nicht-Fans". Sie begannen, uns zu beschimpfen, trennten zwei Mitglieder von unserer Gruppe ab, schubsten und boxten sie. Wir Restlichen, etwa acht Leute, wurden von weiteren Fans zurückgehalten.
Wie hat der Verein auf diesen Zwischenfall reagiert?
Lotta: Gar nicht. Das Erschreckende war auch, dass dort viele Leute und CFC-Fans standen – sei es ein Vater mit seinem Sohn oder sogar Ordner. Als die Gruppe Hools uns angriff, hat niemand reagiert oder irgendwas gemacht. Das war für alle völlig normal. Die Nazis haben eine Machtstellung beim Verein und die wird kommentarlos zugelassen.
Was könnte der Verein denn gegen die rechte Gewalt in der Fanszene tun?
Thomas: Der Chemnitzer FC hat wenig Kontrolle über die Ultraszene. Im Moment fehlt ein handlungsfähiger Vorstand, der Verein hat finanzielle Probleme und die Spitze des CFC hat überhaupt nicht die Kraft und Struktur, sich den rechten Problemfans zu stellen. Der Verein wirkt ziemlich machtlos.
Lotta: Dazu kommt, dass der Chemnitzer FC durch eine aktive Positionierung noch mehr Fans gegen sich aufbringen würde. Strengere Regeln und schneller eingeführte Stadionverbote würden vielleicht helfen, die aggressiven, rechten Anhänger wenigstens teilweise aus dem Stadion zu verbannen. Aber das passiert nicht, weil sie damit einen Großteil ihrer Fans verlieren würden.
Besteht Hoffnung, dass der Verein das rechte Problem in den Griff kriegt?
Lotta: Nein, ich glaube nicht. Wir als Bündnis haben schon gesagt: Das Beste wäre, wenn sich der Verein auflösen würde. Der Chemnitzer FC hat es noch nie geschafft, ein glaubwürdiges Zeichen gegen Rechts und gegen die Problemfans zu setzen. Alles was sie tun, wirkt wie Symbolpolitik. Und selbst die kommt nur, wenn der Verein in schlechte Presse gerät und die Sponsoren abspringen. Ich persönlich würde nicht um den CFC weinen.