Gladbach nach Virkus: Tabellenletzter ohne Trainer und Manager – was Hoffnung macht
Borussia Mönchengladbach steckt im Chaos. Tabellenletzter nach fünf Spieltagen, zwölf Ligaspiele saisonübergreifend in Folge ohne Sieg, die Fans frustriert. Erst Gerardo Seoane entlassen, jetzt ist auch Sportchef Roland Virkus zurückgetreten. Das gaben die Fohlen am Dienstag bekannt.
Der Verein taumelt durch die Bundesliga. Dazu ein Spielstil, der seit Jahren eher für Ratlosigkeit als für Begeisterung sorgt.
Auf den ersten Blick wirkt die Lage fast aussichtslos. Doch es gibt klare Argumente, warum die Elf vom Niederrhein nicht absteigen wird.
Eugen Polanski: Der Richtige für den Moment
Seit Eugen Polanski die Mannschaft übernommen hat, ist trotz des Debakels gegen Frankfurt – bei dem man immerhin am Ende noch Moral zeigte – ein Ruck spürbar. Vizekapitän Rocco Reitz attestierte der Mannschaft seit der Entlassung von Gerardo Seoane einen "anderen Elan".
Auf die Frage, was Polanski anders mache, sagte er: "Eugen hat gar nicht so viele taktische Dinge verändert, sondern ist erstmal an den Menschen herangetreten. Er versucht, einen neuen Spirit ins Team zu kriegen."
Genau das ist es, was Gladbach in dieser Situation braucht. Kein verkopftes System, keine langwierigen Grundsatzdiskussionen, sondern einen Trainer, hinter dem die Mannschaft geschlossen steht. Punkte, die man bei Seonane vergeblich suchte.
Der späte Ausgleich in Leverkusen und auch die letzten 20 Minuten gegen Frankfurt, in denen die Borussia immerhin noch vier Tore erzielte, zeigten Kampfbereitschaft und Moral.
Eugen Polanski kennt den Verein wie kein Zweiter
Dass Polanski so gut ankommt, liegt auch an seiner engen Verbindung zu Borussia. Kaum einer kennt den Klub so wie er: Elf Jahre Jugendspieler, drei Jahre bei den Profis, seit 2019 Trainer in verschiedenen Nachwuchsteams. Er ist kein Fremder, sondern jemand, der den Verein verkörpert, und deshalb beliebt bei den Fans.
Das allein reicht natürlich nicht, um den Super-Gau zu verhindern und den Klassenerhalt zu schaffen. Entscheidend ist, dass Gladbach trotz aller Probleme eine Achse im Kader hat, die für Bundesliga-Niveau steht.
Gladbach: Qualität ist zu stark für den Abstieg
Mit Kapitän Tim Kleindienst kehrt spätestens im November ein Spieler zurück, der nicht nur Energie und Mentalität mitbringt, sondern auch Tore garantiert: 16 Treffer und neun Vorlagen in der vergangenen Saison sind eine klare Ansage. Gemeinsam mit Kevin Stöger, der bei Bochum zu den besten Spielmachern der Liga gehörte, könnte er das Gerüst für eine funktionierende Offensive bilden.
Dazu kommen Robin Hack und Franck Honorat als schnelle Flügelspieler mit Qualität oder Shuto Machino, der in Kiel seine Bundesliga-Tauglichkeit längst bewiesen hatte.
Und mit Gio Reyna steht ein technisch versierter Offensivspieler bereit, der schon in Dortmund gezeigt hat, welches Potenzial er hat. Wenn diese Spieler einen Rhythmus finden, dann hat Gladbach auf keinen Fall einen Kader für den Tabellenkeller.
Auch im Mittelfeld gibt es Qualität: Rocco Reitz ist längst mehr als ein Hoffnungsträger. Der 23-jährige Box-to-Box-Spieler trug mit Nick Woltemade die U21-Nationalmannschaft ins EM-Finale. Er weiß in der Bundesliga auf gutem Niveau zu überzeugen, ebenso wie Abwehr-Chef Nico Elvedi und Torwart Moritz Nicolas.
Daneben gibt es spannende Neuzugänge wie Florian Engelhardt – mit der Erfahrung aus 26 Serie-A-Einsätzen bei Como – und Spieler, die sich vom Niveau der anderen tragen lassen, wenn die Mannschaft mal ins Rollen kommt: etwa die Außenverteidiger Lucas Ullrich, Luca Netz oder Joe Scally.
In der Spitze stimmt das Level bei Gladbach, in der Breite ist ebenfalls Substanz vorhanden. Was fehlt, ist ein Trainer, der diese Bausteine zusammenführt.
Gladbach: Hoffnung liegt im Neuanfang
Mit dem Aus von Roland Virkus ist eine Diskussion beendet, die den Klub seit Monaten blockiert hat. Sein Abschied war überfällig: zu viele Fehler bei der Kaderplanung, zu langes Festhalten an Seoane, zu wenig Vision. Nun ist der Weg frei, um mit einem neuen Sportdirektor auch neue Strukturen zu schaffen.
Natürlich bleibt unklar, wie schnell der Verein eine neue Führung findet und ob diese die richtigen Entscheidungen trifft. Aber allein die Tatsache, dass die lähmende Dauer-Debatte um Virkus vorbei ist, bedeutet eine Chance: Die Fohlen können wieder nach vorn schauen.