
Florian Wellbrock mit seiner Siegergeste nach dem gewonnen Rennen.Bild: AP / Jae C. Hong
Olympia 2024
Stolz und sichtlich erschöpft ließ sich Florian
Wellbrock nach seiner olympischen Machtdemonstration Richtung
Interview-Zone im Odaiba Marine Park fahren. Aus einem
überdimensionierten Golfcart heraus zeigte der Olympia-Champion im
Freiwasserschwimmen die Siegerfaust, nach dem Aussteigen wurde er von
seinen Teamkollegen in die Arme geschlossen.
Im Zehn-Kilometer-Rennen bestimmte der Doppel-Weltmeister vom Start
an eindrucksvoll das Geschehen und schwamm in der Nacht zum
Donnerstag zur ersten Olympia-Goldmedaille für den Deutschen
Schwimm-Verband seit 13 Jahren.
Florian Wellbrock wurde mit 25 Sekunden Vorsprung Erster
"Für mich persönlich ist das, glaub ich, mein Sommermärchen heute",
sagte Wellbrock. Im Zielbereich krabbelte er zunächst auf allen
vieren aus dem Wasser und ließ sich in der großen Hitze kaltes Wasser
und ein nasses Handtuch reichen. Dann spannte er stolz den starken
Bizeps an – die Geste passte am Tag seines bombastischen Auftritts.
"Ich bin begeistert", sagte Bundestrainer Bernd Berkhahn. Der
50-Jährige räumte auch gut anderthalb Stunden nach dem Triumph seines
Ausnahme-Athleten ein: "Das ist noch nicht wirklich angekommen. Dafür
war jetzt zu viel Spannung die vergangenen Tage und Wochen. Aber das
kommt schon noch."
Wellbrock hatte nach 1:48:33.7 Stunden mit über 25 Sekunden Vorsprung
vor dem Ungarn Kristof Rasovszky und dem Italiener Gregorio
Paltrinieri angeschlagen. "Florian war heute auf einem anderen
Planeten", sagte Paltrinieri voller Respekt vor Wellbrocks Leistung.
Wellbrocks Teamkollege Rob Muffels, immerhin WM-Dritter, kam
abgeschlagen als Elfter ins Ziel.
Auch Sarah Köhler holte eine Medaille im Schwimmen
Für die deutschen Schwimmer war es nach Bronze für Wellbrock und
dessen Verlobte Sarah Köhler im Becken über 1500 Meter Freistil die
dritte Medaille von Tokio. Erfolgreicher waren die Schwimmer zuletzt
2008 in Peking, als sich Britta Steffen zur Doppel-Olympiasiegerin
krönte und Rekordweltmeister Thomas Lurz im Freiwasser Bronze gewann.
Damals gab es insgesamt fünf Medaillen für den DSV.
Bei den Herren musste der Verband sogar seit dem Erfolg von
"Albatros" Michael Groß vor 33 Jahren auf einen Schwimm-Olympiasieg
warten. Damals gewann auch Uwe Daßler Gold für die DDR.
"Ich wusste: Es ist das letzte Rennen. Ich habe die Medaille für den
DSV schon geholt, es gibt nicht mehr allzu viel zu verlieren", sagte
Wellbrock. "Deswegen habe ich einfach nochmal alles reingeworfen und
wurde heute mit einem recht souveränen Rennen mit Gold belohnt. Das
fühlt sich unglaublich gut an."
Wellbrock machte von Anfang an Druck
Auch Weltrekordler Paul Biedermann gratulierte dem 23-Jährigen. "Er
hat Historisches geschafft mit dem ersten Olympiasieg im Freiwasser
für Deutschland. Eine Medaille im Becken und im Freiwasser zu
gewinnen, ist eine ganz eigene Liga und spricht für das
Ausnahmetalent Florian Wellbrock", sagte Biedermann.
Lurz hatte 2012 in London mit Silber die bis dato letzte olympische
Freiwasser-Medaille für Deutschland geholt. "Ein absolut gigantisches
Rennen. Außergewöhnlich stark, außergewöhnlich schnell", sagte er als
Eurosport-Experte. Der DSV war in Tokio mit drei Schwimmer- und zwei
Springer-Medaillen klar erfolgreicher als bei den Spielen in Rio 2016
und London 2012, als es jeweils nur eine Medaille für das gesamte
Team gab.
Wellbrock setzte gleich nach dem Start bei schon 29.2 Grad
Wassertemperatur in den frühen Morgenstunden in der Tokyo Bay ein
Zeichen. Er machte in seinem ersten olympischen Freiwasserrennen
sofort Druck und erarbeitete sich schnell einen Vorsprung auf das
Feld.
"Er konnte praktisch nicht langsamer schwimmen"
"Ich bin in der ersten Runde um die erste Boje rum, habe mich
umgeguckt und gedacht: Jungs, wollt ihr keinen Wettkampf schwimmen
heute?", sagte Wellbrock. "Ich glaube, viele waren von der
Wassertemperatur recht eingeschüchtert und ich habe beim Training in
den letzten Tagen schon gemerkt: So viel wärmer als ein Schwimmbecken
fühlt sich das nicht an." Berkhahn, der sich einen ruhigen Start von
Wellbrock gewünscht hatte, sagte: "Er konnte praktisch nicht
langsamer schwimmen." Zwar kamen die Konkurrenten zwischenzeitlich
noch einmal heran, doch Wellbrock war an diesem Tag einfach zu stark.
Er ließ sich vom Trubel um seine Person als größter
Medaillenhoffnungsträger der deutschen Schwimmer schon vor Olympia
nicht aus dem Konzept bringen. Der gebürtige Bremer, der in Magdeburg
bei Berkhahn trainiert, präsentierte sich in den Tagen von Tokio
hochkonzentriert und steckte auch einen ärgerlichen vierten Platz in
seinem ersten Finale weg. Über 800 Meter fehlten ihm nur 35
Hundertstelsekunden zu Bronze.
Er und Köhler, die bereits aus der japanischen Hauptstadt abgereist
ist und das Rennen mit Wellbrocks Eltern in Bremen verfolgte, waren
die Medaillengaranten für die deutschen Schwimmer. Auf den kurzen
Strecken erreichten einige Sportler – darunter auch frühere
Leistungsträger – nicht ihre Topform zum großen sportlichen
Höhepunkt.
(lfr/dpa)
Der FC Schalke 04 ist weiterhin auf der Suche nach einem neuen Sportvorstand. Nachdem der Klub im September 2024 die Trennung von Sportdirektor Marc Wilmots vollzogen hatte, übernahm zunächst Youri Mulder als Direktor Profifußball interimistisch die Verantwortung. Doch die langfristige Lösung bleibt offen. Statt eines Sportdirektors soll nun ein Sportvorstand das Ruder in der sportlichen Führung übernehmen.