80.000 Menschen bekamen am Montag, dem 26. Juli, ihre erste Impfung gegen das Corona-Virus. An einem Wochentag ist das seit Monaten die geringste Zahl. Es zeigt deutlich den Trend der letzten Wochen: Das Impf-Tempo verlangsamt sich. Gleichzeitig steigt die Inzidenz. Von einer erhofften Herden-Immunität bei 80 bis 85 Prozent geimpfter Menschen ist Deutschland noch weit entfernt.
Auch deshalb organisieren viele Bundesliga-Vereine nun Impfaktionen. In Zusammenarbeit mit der jeweiligen Stadt und dem Roten Kreuz stehen bei Spielen Impf-Busse am Stadion. Die Angebote sind oft niedrigschwellig, selten wird eine Anmeldung benötigt. So gab es beispielsweise beim Testspiel des FC Bayern München gegen Borussia Mönchengladbach (0:2) die Impf-Premiere an der Allianz-Arena.
Vor Anpfiff konnten sich zwischen 15 und 18 Uhr die Fans den Piks gegen Corona abholen. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Jan-Christian Dreesen erklärt zu der Aktion: "Wir freuen uns, dass der FC Bayern das Impfangebot der Stadt München unterstützen kann. Unsere Gesellschaft wird diese Pandemie nur mit hoher Impfbereitschaft überwinden, denn nur so können wir alle wieder zügig in unser altes Leben zurückkehren. Es ist schön, dass es diese niedrigschwellige Option für unsere Fans gibt und wir hoffen, dass viele dieses Angebot nutzen." Auch bei der offiziellen Team-Präsentation am heutigen 4. August besteht wieder die Möglichkeit, sich an der Allianz Arena impfen zu lassen.
Aber nicht nur der FC Bayern führt solche Aktionen durch, bei Borussia Dortmund wird das Stadion sogar kurzerhand selbst zum Impfzentrum. Zwischen dem 22. und 31. Juli wurde dort geimpft. Als Bonus konnten Geimpfte anschließend einen kostenlosen Stadionspaziergang machen und ein Erinnerungsfoto mit dem DFB-Pokal schießen. Allein am ersten Tag ließen sich über 300 Menschen impfen, insgesamt könnten täglich 700 Fans einen Impfstoff von Biontech oder Johnson & Johnson erhalten.
BVB-Geschäftsführer Carsten Cramer sagt: "Ich freue mich, dass diese tolle Idee aus der Belegschaft entstanden ist und so schnell umgesetzt wurde. Es war uns wichtig, einmal mehr unserer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden und einen direkten Beitrag für die Bekämpfung der Pandemie leisten zu können."
Der Großteil der anderen Bundesliga-Vereine bietet ähnliche Aktionen an. So gab es sowohl beim Freundschaftsspiel des VfB Stuttgart gegen Barcelona als auch beim Hoffenheim-Test gegen Stade Reims eine Impf-Station. Ähnliche Angebote soll es auch in Zukunft unter anderem bei Eintracht Frankfurt, dem FC Augsburg, dem 1. FC Köln, dem FSV Mainz 05, Arminia Bielefeld, Union Berlin, Greuther Fürth, Hoffenheim, dem VfB Stuttgart oder Bayer 04 Leverkusen geben. Überlegungen zu Impf-Aktionen gibt es auch bei Hertha BSC und RB Leipzig.
Besondere Anreize haben sich der VfL Bochum und Borussia Mönchengladbach für ihre Fans ausgedacht. Wer sich in Bochum zwischen dem 2. und 5. August im Impfzentrum neben dem Ruhrstadion gegen das Virus impfen lässt, erhält einen Gutschein über 18,48 Euro (Gründungsjahr des Vereins) für den Online-Shop. Ilja Kaenzig, Sprecher der Geschäftsführung des VfL Bochum erklärt: "Wir hoffen, dass wir diejenigen unter unseren Fans, die bislang noch nicht geimpft wurden, dazu ermutigen können. So können wir zusammen die Pandemie bekämpfen."
In Gladbach wiederum nimmt jeder, der sich im städtischen Impfzentrum impfen lässt, automatisch an einer Verlosung teil. Zu gewinnen gibt es insgesamt 50 Borussia-Trikots und eine Einladung für zwei Personen in die Vereinsloge zum ersten Bundesliga-Heimspiel gegen Arminia Bielefeld.
Wie sind die Rückmeldungen an die Vereine? Der VfL Bochum teilt gegenüber watson mit: "Beim polarisierenden Thema 'Impfkampagne' kann man nicht nur Applaus erwarten, jedoch ist das öffentliche Feedback bis hierhin zunächst einmal positiv."
Grundsätzlich scheint sich der Fußball seiner gesellschaftlichen Verantwortung in diesem Thema bewusst. Klar ist auch: Von einer hohen Impfquote könnten die Vereine aber natürlich auch selbst profitieren. Sollten im Herbst beispielsweise Einschränkungen ausschließlich für nicht geimpfte Menschen kommen, könnten die Profi-Klubs dennoch auf Zuschauer hoffen, wenn die Impfquote hoch ist. Und das ist für die Bundesliga-Vereine enorm wichtig.
Frankfurts Sportvorstand Markus Krösche schrieb zuletzt in einem "Kicker"-Gastbeitrag: "Die Klubs als Wirtschaftsunternehmen haben schon jetzt teilweise schwerwiegende finanzielle Probleme und direkte sowie indirekte Arbeitsplätze sind akut gefährdet. Daher ist sehr zeitnah eine Vollauslastung der Stadien von existenzieller Bedeutung für alle Vereine." Eine hohe Impfquote könnte helfen, eine Voll- oder Teil-Auslastung zu erreichen oder weiterhin aufrechtzuerhalten.
Klar ist: Durch leere Stadien würden den Vereinen wieder Einnahmen in Millionen-Höhe fehlen. Alleine Bayern München macht pro Geisterspiel ein Minus von 4 Millionen Euro.
(Mit Material von dpa)