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Fifa 22: Wie die Gamers Academy den Blick auf eSport verändern will

FIFA eNations Cup 2019 - Maidstone Studios. Germany's Mohammed 'MoAuba' Harkous (left) and Michael 'Megabit' Bittner (right) during the FIFA eNations Cup 2019 at Maidstone Stu ...
MoAuba (l.) ist Coach bei der Gamer Academy und wird auch beim DFB-ePokal teilnehmen.Bild: PA Wire / Gareth Fuller
Reportage

"Daddeln mit Konzept": Wie die Gamers Academy den Blick auf Fifa-eSports ändern will

05.03.2022, 14:57
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"Verteidige nur mit Sidesteps! Einfach normal dran bleiben. Jetzt schieb weiter raus...und zack, hast du den Ball." Kaum hab ich diesen Gedanken umgesetzt, folgt die nächste Anweisung.

"Bleib ruhig! Halt den Ball in den eigenen Reihen. Lass ihn laufen! Einfach von der einen auf die andere Seite und dann kommt die Lücke."

Kurzzeitig fühlt es sich für mich an, als würde ich an einem gewöhnlichen Sonntag auf dem Fußballplatz stehen und Anweisungen von meinem Trainer erhalten. Der Unterschied: Ich sitze in München in einem einen kleinen dunklen Raum und erhalte ein Coaching in Fifa 22.

"Es war interessant für uns zu lernen, dass viele Eltern sagen: 'Wenn daddeln, dann mit einem Konzept dahinter'".
Gamers-Academy-Chef Philipp Walter

Denn das ist es, was die Gamers Academy sich zur Aufgabe gemacht hat – weniger bis mittelmäßig begabte Fifa-Spieler besser zu machen.

"Es lohnt sich nicht, 600 Euro für bessere Spieler bei Ultimate Team zu investieren. Fünf einfache Kniffe reichen, um ein besserer Spieler zu werden", erklärt mein Coach Patrick. Einige dieser Tricks kannte ich bereits, andere waren für mich als einigermaßen erfahrener Fifa-Spieler auch neu.

Der Hype um die Videospielreihe nahm auch während der Corona-Krise nicht ab. Allein Fifa 22 wurde innerhalb des ersten Monats nach der Veröffentlichung Ende September in Deutschland über 500.000 Mal verkauft.

Watson Redakteur Lukas (r.) beim Coaching mit Gamers-Academy-Trainer Patrick.
Watson Redakteur Lukas (r.) beim Coaching mit Gamers-Academy-Trainer Patrick. bild: Gamers academy

DFB-ePokal als Chance für Amateur-Fifa-Spieler

Nicht verwunderlich, dass auch der Deutsche Fußball-Bund immer mehr Chancen im Gamingbereich sieht. Neben der Virtuellen Bundesliga (VBL) gibt es mittlerweile auch zum zweiten Mal den DFB-ePokal – eben die elektronische Variante des DFB-Pokals.

Und wie im echten DFB-Pokal können auch hier die "Kleinen" den großen Favoriten schlagen. Für die Vorrunde, die am Samstag startet, konnten sich auch Amateur-Fifa-Teams durch verschiedene Qualifikationsmodi ihre Teilnahme erspielen.

Gaming-Sucht betrifft immer jüngere Menschen

Dass die Spieler dabei immer jünger werden, beobachtet Gamers-Academy-Chef Philipp Walter teilweise. Einerseits gäbe es dort die 14 bis 16-jährigen, die sich enorm für die Tipps und Tricks der Academy auf Social Media interessieren und von einer Karriere als eSportler träumen.

Andererseits ist der Altersschnitt an Spielern, die tatsächlich ein Training in Anspruch nehmen, eher bei über 30 Jahren. "Am Ende ist es eine finanzielle Sache, ob du dir einen Coach gönnst oder nicht", erzählt er im Gespräch mit watson.

"Früher war es Zeitungsaustragen oder Mathe-Nachhilfe geben, heute eben Fifa-Coach."
Gamers-Academy-Chef Philipp Walter

Kinder- und Jugendpsychiater Rainer Thomasius erlebt hingegen, dass die Erkrankungen bei jungen Menschen auch vom stundenlangen Gaming beeinflusst werden. Seine Patienten am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, die süchtig nach Computerspielen sind, werden immer jünger.

"Vor zehn Jahren waren die Jugendlichen 16 bis 18, am Übergang zum Erwachsenenalter. Und wir kommen doch immer häufiger mit 12-, 13-Jährigen jetzt in therapeutische Kontakte", sagte er Anfang November dem ZDF.

Gamers Academy: "Eltern wollen daddeln mit Konzept fördern"

Dennoch sieht auch Academy-Gründer Walter die Gefahren einer erhöhten Spielsucht als eine Auswirkung der Corona-Pandemie.

Daher will sich die Gamers Academy nicht mehr nur auf ein reines Fifa-Coaching beschränken, sondern sich auf gesunde Ernährung und Mental- und Fitnesscoaching vor und nach dem Spielen fokussieren. "Wir finden im Rahmen des Coachings Gehör bei den jungen Leuten und haben eine Verantwortung", sagt auch Walter.

Gerade bei den jüngeren Spielern merkt Walter aber auch ein gesteigertes Verantwortungsbewusstsein der Eltern. "Es war interessant für uns zu lernen, dass viele Eltern sagen: 'Wenn daddeln, dann mit einem Konzept dahinter'". Und so das Coaching aktiv unterstützen würden.

Adeyemi, Kehrer und Co: Verbindungen zu Stars auf dem Rasen

Und der Hype um das Videospiel kann in Zeiten, in denen Fußballer fast schon größere Stars auf Streamingplattformen als auf dem Rasen sind, immer größer werden.

"Bei Fifa gibt es einfach eine riesige Schnittmenge zum realen Fußball. Die Zielgruppe interessiert sich einerseits für den analogen als auch für den elektronischen Fußball. Die Jungs vom Rasen sitzen auch oft vor der Konsole und so kommt alles zusammen."

Neben Stars der Fifa-Szene gehören mit Thilo Kherer und Karim Adeyemi auch zwei aktuelle deutsche Nationalspieler zu engen Partnern der Gamers Academy. Ihre Trikots hängen in den Räumen in München mit Unterschriften an der Wand.

Gamers-Academy-Chef mit Erfahrungen bei Adidas und Under Armour

Doch den Anfang würde Gründer Walter vor allem als "Achterbahnfahrt" beschreiben. Der 44-Jährige arbeitete zuvor fünf Jahre im Marketing von Adidas und Head of Marketing für den Sportartikelhersteller Under Armour in Deutschland, Österreich und der Schweiz. So konnte er auch gute Kontakte in den realen Fußball knüpfen.

Seit 2019 gibt es die Gamers-Academy im Zentrum Münchens. Doch das meiste Coaching läuft digital. Dabei bekommen die Spieler Unterstützung vom amtierenden Fifa Weltmeister "MoAuba", "Stylo", der unter anderem auch das DFB eFootball coacht, oder "Mike LaBelle", der mehrfacher nationaler Fifa Champion in den USA ist.

Zwischen 50 und 80 Trainer in ganz Deutschland versuchen, das Spiel der Zocker auf ein neues Level zu heben. Philipp Walter vergleicht es mit einem normalen Schüler- oder Studentenjob. Früher war es Zeitungsaustragen oder Mathe-Nachhilfe geben, heute eben Fifa-Coach.

Und vielleicht schaffen es die Schüler dann auch, am DFB-ePokal teilzunehmen. "Wenn es in Richtung Profi-Sein geht, braucht es aber nochmal eine viel krassere Betreuung", sagt auch Academy-Chef Walter.

Trotz der "Akademie" im Namen hat das Münchner Start-Up nicht den Fokus darauf, die kommende eSports-Elite auszubilden – zumindest noch nicht.

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