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WM 2022

WM 2022: Wie kritisch Fußball-Fans den DFB und die Nationalmannschaft sehen

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Nach dem 4:2-Sieg gegen Costa Rica waren die Deutschland-Fans enttäuscht, weil das DFB-Team erneut in der Gruppenphase der WM ausschied.Bild: www.imago-images.de / imago images
WM 2022

WM 2022: "Unterirdisch" – wie kritisch Fußball-Fans den DFB und die Nationalmannschaft sehen

12.12.2022, 15:1828.01.2023, 09:20
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Am morgigen Dienstag hat der DFB um 12 Uhr eine Pressekonferenz anberaumt, in der sich Präsident Bernd Neuendorf erstmals nach dem Abflug aus Doha öffentlich zur WM äußern wird. Da die wichtigsten Personalentscheidungen bereits getroffen sind (Bierhoff geht/Flick bleibt) werden wir gespannt zuhören und hoffen, dass der DFB Boss auch eine überzeugende Analyse vorlegt.

Für den Fall, dass dabei etwas vergessen wird, präsentieren wir bereits an dieser Stelle fünf Punkte, die sich aus unserer umfangreichen Studie zur Katar Analyse aus Sicht der Fans ergeben haben. Das Interesse an dieser differenzierten Studie (20 Fragen) war gewaltig.

Kolumnist Harald Lange
Fanforscher Harald LangeBild: uni würzburg / uni würzburg
Über den Autor
Harald Lange ist seit 2009 Professor für Sportwissenschaft an der Universität Würzburg. Er leitet den Projektzusammenhang "Fan- und Fußballforschung" und gilt als einer der bekanntesten Sportforscher in Deutschland. Der 55-Jährige schreibt und spricht täglich über Fußball, auch in seinem Seminar "Welchen Fußball wollen wir?"

Um die Stimmung während der Phase der Personalentscheidungen verlässlich einzufangen, haben wir den Fragebogen lediglich 43 Stunden online gelassen. Trotzdem nahmen an unserer Studie 3588 Fans teil und geben daher ein klares Bild zum "Ist-Zustand" des Verbandes. So viel vorab: Wer die Fans zurückholen will, der sollte ihnen zuhören.

Einbruch der emotionalen Bindung

Während der Einbruch in der Einschaltquote in der Öffentlichkeit vorwiegend als Konsequenz eines zumeist moralisch begründeten (Menschenrechte) Boykotts diskutiert wird, konnten wir einen ausgeprägten Verlust der emotionalen Bindung zum Fußball der Nationalmannschaft nachweisen.

67,2 Prozent der Befragten gaben an, dass ihre emotionale Begeisterung bei den Vorrundenspielen der WM etwas bzw. viel schlechter gewesen sei als bei vorangegangenen Weltmeisterschaften.

DFB als Stimmungsdämpfer

Das Verhalten des DFB (49 Prozent) wird noch vor dem Austragungszeitpunkt der WM im Winter (48 Prozent) und dem Verhalten der Fifa (47 Prozent) als führender "Dämpfer" der Stimmung empfunden. Hierfür trägt nicht allein Oliver Bierhoff die Verantwortung, denn der DFB war mit einer Delegation an Funktionären nach Katar gereist und hatte die WM seit dem Sommer auch systematisch mit gesellschaftspolitischen Themen und Kampagnen vorbereitet.

Nun sind die Imagewerte schwächer als die der Fifa! Wenn man bedenkt, wie unterirdisch das Ansehen der Fifa ist, wird klar, wie groß der Handlungs- und Reformbedarf im DFB, dem größten Sportverband der Welt, sein müsste!

Leistung der Mannschaft

Dass die Fans die Leistung der Mannschaft als schwach beurteilen, überrascht niemanden (1,93 von 5 möglichen Sternen). Mit Blick auf die weiteren Ergebnisse unserer Studie lässt sich jedoch ein atmosphärisches Problem im DFB-Team nachweisen, das seine Ursachen in der DFB-Führung hat. Eine erfolgreiche Mannschaft ist mehr als die Summe der Leistungsfähigkeit ihrer Spieler! Knapp 60 Prozent der Fans glauben, dass sich die Diskussion um die "One Love"-Kapitänsbinde negativ auf die Leistung der Mannschaft ausgewirkt hat. Demgegenüber halten lediglich ca. 30 Prozent den Einfluss für gering.

"One Love"-Kampagne

Die Fans haben erkannt, dass die DFB-Führung die Mannschaft für sportpolitische Kampagnen instrumentalisiert hat. 68,9 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass der Verband an dieser Stelle seine Verantwortung einfach auf die Spieler abgewälzt hat.

Deshalb muss der Verband seine gesellschaftliche Ausrichtung neu orientieren. Fehlende Visionen und Konzepte lassen sich nicht durch aufgesetzte PR-Kampagnen kompensieren!

Gesellschaftliche Verantwortung

Die DFB-Basis-Studie aus dem Februar 2022 hatte gezeigt, dass der Imageverlust des DFB schon zu Beginn des Jahres enorm gewesen ist. Mit dieser WM ist es den Verantwortlichen tatsächlich gelungen, die unterirdischen Imagewerte nochmals nach unten zu drücken. Die Fans trauen dem DFB im Hinblick auf die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung gar nichts mehr zu.

Der DFB-Präsident sprach bei seinem letzten öffentlichen Auftritt vor der Abreise aus Katar davon, dass er ein geordnetes Verfahren für die Auswertung der WM und die daran gebundene Neuausrichtung des Verbandes einleiten werde. Wir dürfen gespannt sein, ob in der morgen stattfindenden Pressekonferenz auch ernstzunehmende und faktenbasierte Selbstkritik vorkommen wird. Die Meinung der Fans liegt vor und kann dementsprechend genutzt werden.

New-York-Trainer Sandro Schwarz erklärt Besonderheiten im US-Fußball

Im April 2023 musste Sandro Schwarz bei Hertha BSC seinen Hut nehmen, ein Jahr später mischt er als Trainer der New York Red Bulls die US-amerikanische MLS auf. Nach neun Spieltagen steht seine Mannschaft auf dem zweiten Platz der Eastern Conference. Mit watson hat der Coach über seinen Wechsel in die USA, den Austausch zwischen den RB-Klubs und Kay Bernstein gesprochen.

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