Am 20. November 2022 startet die stark umstrittene Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. DFB-Kapitän Manuel Neuer äußerte sich gegenüber der "Sports Illustrated" nun erstmals zur fehlenden Meinungsfreiheit im Wüstenemirat und der "One Love"-Binde, die vor allem europäische Kapitäne bei der Endrunde tragen wollen.
Sollten Spieler vor Ort in Katar kritische Fragen gestellt werden, sei das Wichtigste, "dass wir uns als meinungsstarke Spieler vor Ort in einem Interview nicht verstecken oder Angst haben". Jeder solle seine Meinung äußern, betonte Neuer.
Allerdings sollte nach Neuer auch die Freude am Sport nicht zu kurz kommen. "In erster Linie" solle es daher um die WM gehen. Dennoch denke er nicht, dass jemand mundtot gemacht wird, falls sich jemand kritisch äußert:
Außerdem bezog Manuel Neuer Stellung zu der Kritik an der "One Love"-Armbinde, die auch in diesem Jahr wieder auf dem Platz gezeigt werden soll. Besonders durch den Umstand, dass Homosexualität nach katarischem Recht mit bis zu fünf Jahren Haft und nach islamischem Recht sogar mit dem Tod bestraft werden kann, forderten viele Fans ein Zeichen gegen Homophobie.
Nachdem mehrere Fußballer während der EM 2021 eine Regenbogen-Binde am Arm getragen hatten, erwarteten einige, dass diese auch in Katar zum Einsatz kommen.
Doch anstatt des Regenbogens wird nun die "One Love"-Binde die Arme der Spieler zieren, die in den Augen vieler deutlich neutraler gehalten ist. Laut Neuer demonstriere die neue Binde dennoch "Vielfalt und Freiheit", weshalb sich niemand dahinter verstecke.
Anders betrachtete Neuer die WM in Katar jedoch aus Perspektive der Zuschauenden – allerdings wegen der Jahreszeit. So sei die Frage, ob er das Turnier als Zuschauer verfolgen würde, "sehr schwierig" für ihn zu beantworten, weil er Turniere mit dem Sommer assoziiere. Er habe Probleme, sich die WM nun "mit Glühweinparty und Punsch" oder Eisstockschießen vorzustellen. Er hoffe dennoch, "dass wir durch unser Spiel die Zuschauer catchen können und ein kleiner Hype entsteht".
All diese Probleme werden für Neuer zumindest als Nationalspieler womöglich zum letzten Mal in diesem Jahr aufkommen. Wie der 37-Jährige erklärte, glaube er, dass es sich bei der WM in Katar um seine letzte handeln wird. Zu hundert Prozent könne er das allerdings nicht sagen:
Womöglich auch gerade deshalb möchte er mit seiner Mannschaft in diesem Jahr Weltmeister werden. Angst davor, diesen Wunsch auszusprechen, habe er nicht, allerdings brauche das Team "das richtige Momentum".
Daran wird auch Trainer Hansi Flick beteiligt sein, zu dem Neuer schon lange einen guten Draht hat. Dem Torwart zufolge seien die beiden auch nach Flicks Zeit als Co-Trainer bei der Nationalmannschaft in Kontakt geblieben, um sich beruflich und privat auszutauschen.
Mittlerweile schätze Neuer an Flick, "dass ich kein Blatt vor den Mund nehmen muss, sondern ehrlich sein kann – auch wenn ich der Meinung bin, dass er etwas nicht so gut gemacht hat". Daher mache er auch keinen Unterschied zwischen Trainer und Spieler und sage seine Meinung ganz direkt.