Die 3:4-Niederlage des Hamburger SV beim Heimspiel gegen Hannover hat einen neuen Tiefpunkt der Mannschaft von Tim Walter markiert. Spiel-Kontrolle war eigentlich nicht vorhanden. Es ist nach dem 1:2 gegen Paderborn und dem 3:4 gegen Karlsruhe bereits die dritte Heimniederlage in Folge. Dass sich da unweigerlich auch die Trainerfrage stellt, ist die logische Folge.
Wie sehr es hinter den Kulissen nun brodelt, verdeutlichte sich am Freitagabend auch im Presseraum des Volksparkstadions. Klubchef Jonas Boldt saß mit undurchdringlicher Miene da, als der Coach versuchte, das Unerklärliche zu rechtfertigen. Ob und wie es mit Walter beim HSV weitergehen kann, dazu haben sich die Vereinsverantwortlichen sich noch nicht geäußert. Darum wird man in den kommenden Tagen jedoch nicht umhinkommen.
Dass die Aufstiegspflicht der Hamburger Mannschaft erfüllt werden kann, dafür hat es bei den letzten Spielen nur wenige Anhaltspunkte gegeben. Auch von der Stabilisierung der Defensive war keine Spur. Dabei war das der Hauptauftrag der Bosse an den Trainer. Acht Gegentreffer in nur zwei Spielen weisen eher auf das Gegenteil hin.
Offenbar bekommt Walter den HSV in der Verteidigung nicht dicht. Während der gemeinsamen zweieinhalb Jahre von Klub und Trainer gab es dieses Problem immer wieder. Da stellt sich die Frage, ob man den Weg gemeinsam weitergehen kann?
Was man Walter zugutehalten muss, ist die Mentalität seines Teams. Er betont etwa: "Wir stehen immer wieder auf". So weit, so gut. Das Problem ist das ständige Fallen. Langfristig reicht es eben nicht, nur wieder aufzustehen, sondern er muss die Mannschaft so leiten, dass sie auf den Beinen bleiben kann.
Stattdessen gibt es keine Anzeichen von einer Besserung der Defensivleistung im Kader. Vielmehr noch weist die Art der Fehlerketten in den letzten Spielen auf einen neuen Tiefpunkt hin. Die Abwehr wird schlechter und konfuser.
Zu den vier Gegentoren kamen am Freitag auch noch eine Rote Karte gegen László Bénes und eine Gelb-Rote-Karte gegen Dennis Hadžikadunić innerhalb nur einer Halbzeit. Die Erklärungen Walters können das Debakel auch nicht wiedergutmachen. Während nach dem Spiel gegen Karlsruhe noch die Menge an individuellen Fehlern für ihn eine Erklärung lieferte, sagt er diesmal schlicht: "Fehler passieren uns ja nicht jede Woche, sondern jede zweite Woche."
Das Urteil anderer ist niederschmetternder. Der defensive Mittelfeldspieler Jonas Meffert sagt etwa deutlich, wie der "Kicker" schreibt: "Wenn wir zweimal nacheinander zu Hause vier Gegentreffer bekommen, dann hat man ein, zwei Probleme mehr als nur ein Problem." Stürmer Robert Glatzel wettert ebenfalls:
Der Stürmer widerspricht auch der von Walter aufgestellten Aussage, Benes‘ Platzverweis kurz nach dem 3:3 sei der Schlüsselfaktor gewesen. "Wir können es auch mit zehn Mann besser verteidigen", sagt er. Der HSV aber könne es nicht einmal in voller Mannschaftsstärke. Dieser Meinung ist offenbar auch Boss Boldt. Gegenüber "Sky" sagte er, auch auf die Rolle des Trainers bezogen:
Klingt, als könnte es so nicht weiter gehen. Boldt hatte die Mannschafts-Besprechung verfolgt, Gespräche mit Einzelnen geführt, sich mit auch mit Walter besprochen.
Klar ist, dass nach dem Defensiv-Debakel auch der Sportvorstand bald eine Erklärung zur Walter-Frage abgeben muss. Dabei wird es auch um die Entscheidung gehen, ob der HSV mit dem Coach nach Rostock (17. Februar) fährt. Laut "Bild" dürfte die Entscheidung am Montag fallen, wo für den Nachmittag das nächste Training geplant ist.