In Deutschland wird dieser Tage und Wochen aus allerlei Gründen gestreikt, protestiert und demonstriert und davon ist auch der Fußball nicht gefeit. Was die Agrar-Subvention für Bauern, die Wochenstunden für Lokführer:innen oder der Rechtsextremismus für Freund:innen der Demokratie ist, das ist der geplante Investoreneinstieg bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) für Fußball-Fans.
Über 30 Minuten war die Partie zwischen Hertha BSC und dem Hamburger SV am Samstagabend unterbrochen, weil Tennisbälle auf das Feld geworfen wurden. Gleichermaßen beharrlich wie beständig katapultierte die Berliner Anhängerschaft die Geschosse auf den Rasen und sorgte somit für den bislang größten Aufstand gegen die unliebsamen Pläne der DFL.
Am 11. Dezember vergangenen Jahres verabschiedeten die 36 Erst- und Zweitligisten mit der notwendigen Zweidrittel-Mehrheit von 24 Stimmen das Unterfangen. Für eine prozentuale Beteiligung an den TV-Erlösen der Liga soll ein Finanzinvestor eine Milliarde Euro zahlen. Seit Monaten kritisieren Fans aller Vereine das Vorhaben. Sie sehen darin eine Gefährdung der Traditionen und eine weiter fortschreitende Kommerzialisierung.
Nicht alle haben für derlei Proteste wie am Samstagabend Verständnis, Pál Dárdai und Tim Walter, die Trainer beider Vereine schüttelten währenddessen nur mit dem Kopf. Ähnlich ging es Hansi Küpper, der die Partie für Sky kommentierte.
"Ihr habt euch mit dem, was ihr jetzt hier veranstaltet habt, keine Freunde gemacht", meinte Küpper in der Übertragung in Richtung der Protestierenden. "Ihr tut euren Zielen, dem Kampf gegen zu viel Kommerzialisierung, gegen Investoren im Fußball, mit dem, was ihr hier gemacht habt, keinen Gefallen. Im Gegenteil."
Viel mehr würden sie, und ab der Stelle wurde es etwas konfus, die Gegenseite stark machen, "weil den Fußball, für den ihr jetzt gerade steht, den Fußball will auch keiner. Weil es ist ja kein Fußball mehr".
Auf Social Media wurde Küpper für seine Aussagen daraufhin vielfach kritisiert. Auf X schrieb etwa ein User: "Also, damit hat der Typ wirklich den Vogel abgeschossen. Auf Ernst, wie kann man so verblödet sein wie Hansi Küpper." Philipp Köster, Chefredakteur des Fußballmagazins "11Freunde", kommentierte, Küpper habe "offenbar in seinem ganzen Leben noch nichts Schlimmeres gesehen als eine fünfzehnminütige Spielunterbrechung".
Erst nachdem Schiedsrichter Daniel Schlager die Spieler vom Feld geschickt hatte, ließen die Tennisball-Würfe nach. "Kein Schiedsrichter und kein Vereinsverantwortlicher will, dass deswegen ein Spiel abgebrochen wird. Letztendlich müssen wir irgendwann das Spiel fortsetzen", sagte Schlager bei Sport1. "Wenn das dann nicht möglich ist, muss man am Ende auch zur letzten Konsequenz greifen – das wäre der Spielabbruch gewesen. Theoretisch möglich gewesen war es heute definitiv."
Auch bei anderen Spielen am Samstag kam es zu Unterbrechungen aufgrund von Protestaktionen, für die kommenden Wochen werden weitere Proteste erwartet. Das erklärten unter anderem die Hertha-Fans nach dem Spiel den Berliner Profis.
"Wir sind die Basis des Fußballs", sagte ein Hertha-Fan über ein Megafon. "Diese Abstimmung mit der Zustimmung, dass ein Investor in die Liga einsteigen kann, ist total falsch. Und wir müssen irgendwie versuchen, uns dagegen zu wehren."
Kritisiert wurde, dass es bereits die zweite Abstimmung über einen Investoreneinstieg gewesen ist, nachdem die erforderliche Mehrheit bei dem ersten Vorstoß nicht zustande gekommen war. Die Fans wurden nicht in die Entscheidung miteinbezogen, zudem sorgte der Prozess für Unverständnis.
Die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit ist auf die Stimme genau erreicht worden. Für Fragen sorgte dabei das Abstimmungsverhalten von Martin Kind für Hannover 96, der vom Stammverein angewiesen war, dagegen zu sein, womöglich aber doch für einen Einstieg gestimmt hat.
Das Live-Spiel habe man nutzen wollen, sagte der Hertha-Fan weiter, um darauf aufmerksam zu machen, wo das Problem liegt. "Und deswegen wäre es uns auch egal gewesen, wenn der Schiedsrichter das Spiel abgebrochen hätte."