TV-Shows haben in Zeiten der Corona-Pandemie natürlich schlechte Karten. Am Mittwoch hatte "Sat.1-Frühstücksfernsehen"-Moderator Chris Wackert im Interview mit watson berichtet, wie schwer es sei, die Abstands- und Hygiene-Regeln vor und hinter der Kamera einzuhalten.
Für eine Show wie "Let's Dance" gilt das noch viel mehr. Schließlich ist in der RTL-Sendung enger Körperkontakt ein Grundbestandteil. Zu welchen problematischen Szenen das führt, wurde am Freitagabend deutlich.
Zwar gibt es bei "Let's Dance" derzeit kein Studiopublikum, Maskenbildner und Friseure trügen Handschuhe und Mundschutz, so RTL vor kurzem in einem Statement gegenüber watson. Zudem seien Maske und Styling freiwillig, "alle Beteiligten dürfen sich auch selbst schminken".
Dennoch missachtet RTL bei "Let's Dance" andere wichtige Grundregeln im Umgang mit dem Coronavirus. Daran hat sich auch in der Sendung am Freitagabend nichts geändert.
Im Gegenteil, zu den ohnehin schon bedenklichen Paartänzen kam nun auch noch ein Teamtanz dazu. Die Juroren Jochen Llambi, Jorge Gonzalez und Motsi Mabuse trainierten dabei Teams, die aus drei beziehungsweise zwei Teilnehmern bestanden. Mabuse holte sogar noch ihren Ehemann Evgenij zu den Tanzpaaren hinzu, während Gonzales und Llambi jeweils eine fremde Tanztrainerin einluden.
Statt Kontakte zu reduzieren, wurden die Kontakte im Teamtanz weiter erhöht. Eine bedenkliche Einlage. Ein Corona-Experte sieht die Sendung ohnehin kritisch.
Der Berliner Epidemiologe Timo Ulrichs hatte gegenüber watson schon anlässlich der Sendung zuvor angemerkt, dass der Mindestabstand von Promis und Profi-Tänzern nicht eingehalten werde. Er erklärte: "Bei intensivem Training sind beide Tanzpartner so eng zusammen wie in Haushalten Familienmitglieder – hier sollte darauf geachtet werden, welche weiteren Kontakte während des Trainings und in den Zeiten dazwischen stattfinden und wie möglicherweise Testungen erfolgen."
Außerdem sagte er: "Dessen ungeachtet ist die Sendung ein schlechtes Vorbild für die Zuschauerinnen und Zuschauer und wirft zumindest die Frage auf, warum in diesem Sendeformat geht, was im Alltag für alle anderen durch die rigiden Maßnahmen unterbunden wird."
Mehrmalige Nachfragen von watson, ob es dahingehende Sicherheitsmaßnahmen gebe, ließ RTL bis dato unbeantwortet.
Die Teamtanz-Einlage jedenfalls lässt eine Schutzmaßnahme in der Sendung dann auch überflüssig erscheinen: Zwischen den Juroren wurde vergangenen Freitag zum ersten Mal eine Plexiglas-Scheibe installiert. Zuvor waren sie auseinandergesetzt worden, nun hat sie der Sender wieder zusammen- und eine Barriere angebracht. Das Robert-Koch-Institut empfiehlt einen Mindestabstand von 1,5 bis zwei Metern.
So hat das Urteil von Ulrichs weiterhin Bestand: Die Sendung wird zu keinem Zeitpunkt ihrer Vorbildfunktion gerecht.
(om)