Am Dienstagabend sorgte Xavier Naidoo für eine große Überraschung: Der Sänger veröffentlichte auf Instagram und Youtube ein Video, in dem er sich für "verstörende" und "provozierende" Aussagen aus der Vergangenheit entschuldigte.
In den vergangenen Jahren machte Naidoo nämlich weniger mit seiner Musik Schlagzeilen, sondern vielmehr mit Auftritten bei Reichsbürger-Veranstaltungen und seiner Nähe zur QAnon-Bewegung. Außerdem wurden einige seiner Liedtexte als antisemitisch kritisiert. Der Gipfel war ein Video, das im März 2020 im Netz aufgetaucht war, in dem er kryptisch über rechte Verschwörungstheorien sprach. Daraufhin wurde er als Juror von der RTL-Castingshow "Deutschland sucht den Superstar" entlassen.
Nun der Sinneswandel. In seinem Video erklärte der 50-Jährige: "Ich war von Verschwörungserzählungen geblendet und habe nicht hinterfragt. Nationalismus, Rassismus, Homophobie und Antisemitismus sind mit meinen Werten nicht vereinbar." Aber wie ist die Entschuldigung zu bewerten? Kommunikations-Coach Emanuel Pavel hat das Video für watson bewertet. Außerdem gibt er eine Einschätzung ab, wie es nun mit der Karriere von Xavier Naidoo weitergehen könnte und was er von dem Sänger erwartet.
Eine Sache fällt bei dem Video von Xavier Naidoo sofort auf: Der Singer-Songwriter spricht nicht frei, sondern liest einen vorbereiteten Text ab. Dazu sagt Emanuel Pavel: "In Anbetracht der Tragweite dessen, was er sagen will, ist es durchaus angebracht sich ein Script zurechtzulegen, um alle wichtigen Aspekte, die man erwähnen möchte auch wirklich drin zu haben." Für ihn wirke die Entschuldigung ehrlich, auch wenn man sehe, dass Naidoo den Text ablese.
Trotzdem äußert er auch einen Kritikpunkt an dem Entschuldigungsvideo:
Wiederum positiv bewertet Pavel die Länge des Videos, das knapp drei Minuten umfasst, denn: "Eine Entschuldigung muss gehört werden, damit sie wirkt." Man dürfe die Aufmerksamkeit der Zuhörer nicht überstrapazieren. Allerdings wirft der Experte ein, dass Naidoo die drei Minuten nicht gut gebraucht hätte. So bemängelt er, dass der Sänger die Zeit für eine Generalentschuldigung nutze, "die zwar die verschiedenen Aspekte seiner Fehler und Irrungen beleuchtet, auch Ursachen erklärt, aber er bleibt in den Details und Beispielen vage."
Das führe seiner Meinung dazu, dass das Publikum sich frage, ob er auch wirklich verstanden habe, was er falsch gemacht habe. Das werde wohl die Zukunft zeigen, führt Pavel aus und ergänzt:
"Und Xavier Naidoo wird den Rest seiner Karriere die Möglichkeit haben, zu bewiesen, ob er diese Entschuldigung wirklich ernst gemeint hat", so Pavel.
Was Naidoos Karriere betrifft – Pavel glaubt, dass der gebürtige Mannheimer noch einen langen Weg vor sich hat:
Die Sachen, die er in den vergangen Jahren öffentlich gesagt habe, hätten eine Wirkung, die nicht einfach abzustreifen sei, erklärt Pavel in diesem Zusammenhang. Und weiter: "Er ist nicht nur Sänger, sondern Künstler, der seine eigenen Ansichten zum Zentrum seiner öffentlichen und künstlerischen Person gemacht hat. Nun muss er kreative und künstlerische Wege finden, den Wandel, ja sogar die Transformation dieser Person zu zeigen."
Naidoo könne sein Weltbild nämlich nicht einfach von seiner Kunst trennen, "weil sein Weltbild die Quelle seiner Kunst ist", fügt Emanuel Pavel noch hinzu. Deshalb verlangt er eine Sache von Xavier Naidoo: "Sollte er ein neues Weltbild haben, dann sollte sich das in seiner zukünftigen Kunst auch klar wiederfinden. Daran wird ihn die Öffentlichkeit messen, und daran sollten auch die Entscheidungen in der Medienlandschaft getroffen werden." Pavel würde Naidoo jedoch davon abraten, wieder in die "DSDS"-Jury zu gehen. Als Begründung führt er an:
Für Naidoo sieht er einen anderen Weg im deutschen Fernsehen: "Viel interessanter wäre sein Beitrag in Talkshows wie 'Markus Lanz'. Man könnte auch Reportagen über die Querdenker-Szene drehen und ihn als Protagonisten nutzen, der erklären kann, was in diesen Menschen vorgeht."
Oder er könne erklären, wie genau er sich im Netz von Verschwörungserzählungen verfangen habe: "Damit kann er uns helfen, zu verstehen, wie wir wirkungsvoller andere Mitglieder der Gesellschaft vor diesen Gefahren schützen können und vielleicht gibt er damit auch anderen Verschwörungläubigen die Chance, ihre eigenen Überzeugungen sinnvoll zu hinterfragen." Das sei in seinen Augen auf jeden Fall viel mehr wert und hätte auch mehr Potential, als eine Rückkehr zu "DSDS" oder einer anderen Unterhaltungsshow.