Anlässlich der Beerdigung von Prinz Philip kommen die Royals auf dem Gelände von Schloss Windsor zusammen. Am 9. April starb der Mann der Queen wenige Monate vor seinem 100. Geburtstag. Auch Harry nimmt an der Trauerfeier teil und reiste dafür aus den USA an.
Die Stimmung wird wohl nicht zuletzt wegen des traurigen Anlasses unterkühlt sein. Die Beziehung zwischen Harry und den Royals gilt aufgrund des Enthüllungsinterviews mit Oprah Winfrey als äußerst angespannt. Darin erhoben er und Meghan schwere Vorwürfe gegen das Königshaus und warfen mangelnde Unterstützung vor. Das erste Aufeinandertreffen zwischen dem 36-Jährigen und seiner Familie seit dem Megxit findet ohne seine Frau statt. Meghan blieb auf Anraten ihres Arztes zu Hause.
Der renommierte Adelsexperte Jürgen Worlitz ist in der Vergangenheit immer mal wieder Royals wie Prinz Philip persönlich begegnet. Das letzte Mal sah er ihn im Jahr 2005 bei einem Staatsbesuch in Berlin. Im Interview mit watson erklärt Worlitz, was der Tod von Prinz Philip für die Familie bedeutet, sagt, welche Rolle Harrys Erscheinen auf der Trauerfeier spielt und gibt an, warum nicht davon auszugehen ist, dass sich der Prinz nun wieder mit Bruder William versöhnt.
watson: Am Samstag findet die Beerdigung mit 30 ausgewählten Nahestehenden und Mitgliedern der Königsfamilie statt. Wäre so eine kleine Trauerfeier im Interesse von Philip gewesen?
Jürgen Worlitz: Prinz Philip hat sich selbst eine kleine, würdige Feier gewünscht. Er hat ausdrücklich gesagt, er möchte kein Staatsbegräbnis. Das bedeutet, dass er seine Person absichtlich nicht so wichtig genommen haben will. Corona hat diese Trauerfeier noch einmal durcheinandergewirbelt. Dass die Situation nicht schön und unangenehm ist, das ist nun mal nicht von der Hand zu weisen. In welcher Trauerfeier sitzen denn die Menschen mit Maske auseinander da? Das ist alles so gequält und aus diesem Grund glaube ich, eine gequälte Trauerfeier hätte er sich nun auch nicht gewünscht.
Was bedeutet Philips Ableben für die Royals?
Man muss bedenken, dass Prinz Philip so gut wie 100 geworden ist. Das heißt, dass auch die gesamten Royals das kommen gesehen haben. Sie werden sich wohl über jedes Jahr gefreut haben, in dem Philip noch unter ihnen ist. Aber sie werden auch gewusst haben, dass das Leben zu Ende gehen muss – genauso wie bei der Queen in absehbaren Jahren. Von daher trifft man auch innerlich eine Vorkehrung und wird sich seelisch darauf einstellen, dass man mit der Situation fertig wird, wenn morgens auf einmal einer nicht mehr da ist, weil er in der Nacht eingeschlafen ist.
Besonders die Queen muss weiter ihren Pflichten nachgehen.
So sehen wir auch bei der Queen, dass sie schon wieder eine königliche Pflicht erfüllt hat, indem sie einen Mitarbeiter verabschiedete. Sie macht einfach weiter. Man muss auch bedenken, dass Philip schon vor Jahren seine königlichen Pflichten aufgegeben hatte, sich weitgehend zurückzog und kaum noch auftrat. Gerade jetzt, als er aus dem Krankenhaus kam, dachte man sich: Hoffentlich schafft er noch seinen 100. Geburtstag. Ich glaube aber auch, dass er sich nach wie vor ein Fünkchen wohlgefühlt hat, weil er noch selber gehen konnte. Das ist für alte Offiziere etwas ganz Wichtiges, dass sie noch aufrecht gehen können und nicht getragen werden müssen.
Wie gehen die Briten mit Philips Tod um? Es gab auch Beschwerden an einen britischen Fernsehsender aufgrund der ausführlichen Berichterstattung zu seinem Tod.
Das ist aufgezwungene Trauer. Es gibt überall Menschen, die normal weiterleben möchten und nicht beeinträchtigt werden wollen. Da sehe ich eine ganz normale Reaktion, die nicht überzubewerten ist. Das bedeutet nicht, dass es keine Wertschätzung für Prinz Philip gibt. Übertriebene, aufgezwungene Wertschätzung erzeugt immer Widerstand.
Wie haben die Briten ihn wahrgenommen?
Bei Prinz Philip ist ein interessanter Wandel festzustellen. Die Briten waren ihm gegenüber insofern positiv eingestellt, weil er einfach ein schöner, gutaussehender und durchtrainierter Mann war. Er war ein gutes Aushängeschild. Negativ war eher die Vergangenheit von Prinz Philip und die Herkunft, weil es bei ihm in erheblicher Art deutsche Wurzeln gibt. Das war anfangs sicherlich nicht unbedingt einfach, aber dann hat man gesehen, dass er sich in seine Pflicht hervorragend eingefügt hat. Er war standesgemäß und wusste von vornherein als königlicher Prinz, was ihn erwartet und wenn er die Aufgabe annimmt, dann stellt er sich der.
Diesen Eindruck vermittelte er bis zum Schluss an der Seite der Queen.
Von daher ist er geradlinig gegangen. Dass er nebenbei durch seine gewöhnungsbedürftigen Witze, die er ab und zu gemacht hat, eine spleenige Rolle zugeschrieben bekam, ist natürlich nicht außer Acht zu lassen. Gleichzeitig haben die Briten das natürlich geliebt. Die Queen musste damit fertig werden. Aber das war der Zeitgeist, das war damals so, da hat jeder darüber gelacht. Die Witze werden heute immer noch erzählt. Heute fragt man sich: Wie konnte das damals durchgehen? Aber es ist durchgegangen.
Immer wieder wird sein spitzer Humor in den Mittelpunkt gerückt. Für welche Werte stand er, die jetzt besonders fehlen?
Die Queen hat ihn selbst als Fels in der Brandung bezeichnet, als ihr Fels. Sie wusste, dass auf ihn 100 Prozent Verlass ist. Er war eine Säule, eine Stütze hinter ihr. Ganz egal, was passiert, Philip ist immer da gewesen. Das ist etwas, was ihn ausgezeichnet hat. Er hat wirklich in dem Punkt seine Pflicht erfüllt. Dieser Wandel war deutlich zu sehen, als es ihm zum Schluss nicht mehr ganz so gut ging. Er ist trotzdem beim Kirchgang oder bei kleinen Terminen aufgetaucht. Da haben die Leute ihn echt frenetisch beklatscht und bejubelt. Sie wollten ihm damit zeigen: Wir lieben ihn.
Prinz Harry ist für seine Beerdigung aus den USA nach England angereist.
Wenn Harry nicht gekommen wäre, wäre das ein Skandal gewesen – außer Corona hätte ihn darin gehindert. Man wusste auch zunächst gar nicht, wie er sich mit Blick auf die Quarantäne verhalten wird. Das sind Sachen, die konnte wirklich vorher keiner wissen. Aber natürlich ist Prinz Harry zur Beisetzung und zur Trauerfeier seines Großvaters angereist. Er wäre vermutlich auch zum 100. Geburtstag gekommen.
Wie wird die Familie auf ihn reagieren?
Der Wunschtraum vieler bunter Medien ist die große Versöhnung am Grabe des Großvaters. Das ist natürlich etwas, was überhaupt nicht funktioniert und noch nie irgendwo funktioniert hat. Erstmal wussten sie alle, dass ihr uralter Großvater irgendwann sterben würde, also hätten sie sich vielleicht noch vorher versöhnen können. Das hätte ihn dann noch erfreut. Das andere ist natürlich, dass hier völlig gegensätzliche Lebensvisionen aufeinanderprallen. Das bedeutet, hier sind William und Kate auf der einen Seite, die das Werk der Krone fortsetzen werden, unbeirrt geradeaus gehen und ihre Pflichten erfüllen wollen.
Harry hat diese Verpflichtungen nicht.
Und dann gibt es jemanden in Amerika, der durch Filme, Dokus, Talkshows Geld verdienen möchte beziehungsweise auch muss und sich dort in der High-Society bewegen will. Gleichzeitig mokiert er sich mit seiner Frau über das Gewesene, ohne zu begreifen, dass auch Meghan nur durch die Verbindung zur britischen Monarchie drüben heute so angesehen wird. Denn sonst wäre sie eine für amerikanische Verhältnisse eher kleine Schauspielerin. Vielleicht wäre sie auch in der Versenkung verschwunden.
Meghan bleibt während dieser Zeit mit ihrem Sohn Archie in den USA. Ist das für Sie verwunderlich?
Meghan hat den Vorteil, dass sie eine Gewinnerin der Corona-Krise ist. Sie konnte Corona und die Schwangerschaft glaubhaft als Gründe anführen, nicht nach Großbritannien zu fliegen. Ob es vorgeschoben ist, muss man ihr überlassen, das wissen wir nicht. Aber dadurch ist es völlig klar, dass sie jetzt nicht dafür kritisiert werden kann, nicht da zu sein. Ich persönliche sage, es ist sogar besser, dass sie nicht da ist, weil das sonst ein sogenanntes Show-Stehlen gewesen wäre. Es wäre nämlich so gewesen, dass sie im Mittelpunkt gestanden hätte. Also das wäre ein einziges Fokussieren auf diese beiden jungen Paare gewesen und hätte zu einem visuellen Konflikt mit der älteren Generation geführt. Das konnte dadurch vermieden werden.
Wie reagiert die Queen auf die zwischenmenschlichen Probleme im Königshaus?
Die Queen ist sicherlich durch die vielen Turbulenzen im öffentlichen wie im privaten Leben altersmilde geworden, sodass sie heute alles abgeklärter sieht als mit 50 Jahren. Sie hat auch eine völlige Veränderung der Weltverhältnisse erlebt. Großbritannien war eine weitaus bedeutendere Großmacht als es heute der Fall ist. Dann hat sie auch miterleben müssen, wie sich der Prunk und Protz in den Palästen auf der ganzen Welt verändert. Das heißt, sie musste auf einmal Steuern zahlen, musste sich aus Geldgründen von Objekten wie Flugzeugen oder der königlichen Yacht trennen. Da ist schon einiges, was sie in ihrem Umfeld verkraften muss.
Prinzessin Eugenie soll die erste Person gewesen sein, mit der Harry in Kontakt trat.
Es wird gesagt, dass Eugenie und Harry immer in Kontakt geblieben sind. Das ist aber nicht verwunderlich. Es ist eine Generation, die etwas verbindet, nämlich ein problematisches Elternhaus. Eugenie kommt aus einer Scheidungsfamilie, hat einen Vater, der im Moment sehr in der Kritik steht und bei Harry wissen wir, dass auch er aus einem zerrütteten Elternhaus kommt. Dort war die Kindheit und die Jugend geprägt durch die Eheturbulenzen. Das war für Eugenie und Beatrice genauso schwierig.
Gehen Sie davon aus, dass sich Harry und William nun wieder versöhnen?
Nein, die können sich in dem Sinne nicht versöhnen, weil die Probleme bleiben. Wenn William in England ein ernstzunehmender König werden will, dann hat er einen anderen Lebensweg vor sich, als jemand, der in der Showbranche Karriere machen will – und das ohne jede Vorbildung. Neulich soll Harry einen Job als Coach angenommen haben, er braucht aber selber einen Coach. Er hat Aufträge für Dokus, hat aber nicht die geringste Ahnung davon. Das heißt, er wird hoffentlich irgendwann begreifen, dass man erstmal nur seinen Namen nimmt, um für irgendein Projekt Aufmerksamkeit zu erhaschen. Die beiden könnten Werbung für jedes Produkt machen, nur dadurch, dass sie präsent sind. Ob es glaubwürdig ist oder nicht, es würde trotzdem erstmal in den USA zum Leben reichen.
Wie wirkt sich insgesamt Harrys Erscheinen auf die Stimmung innerhalb der Familie aus?
Ich bin fest davon überzeugt, dass man das als ganz normal annimmt, dass die Enkel natürlich kommen. Außerdem ist er auch ein Enkel gewesen, der gut mit Prinz Philip klarkam. Es ist nichts Negatives vorher bekannt gewesen. Die haben gemeinsam Sport gemacht, sind zur Jagd gegangen, haben die Vorliebe für das Militär miteinander geteilt. Also es ist jetzt nicht so, dass da irgendwelche Konflikte waren. Erst seit der Ehe mit Meghan tauchten die Probleme im Königshaus auf.
Nach dem Enthüllungsinterview: Können Sie sich eine dauerhafte Aussöhnung der Königsfamilie vorstellen?
Ich bin der Meinung, dass es keine Aussöhnung geben kann, weil Harry und Meghan in den USA bei jeder Gelegenheit auf die Situation mit der Familie angesprochen werden und sich dadurch davor nicht entziehen können. Sie werden das wohl publicitymäßig nutzen, auch wenn es in irgendeiner Weise vielleicht mal nervt, aber ich denke, das ist auch ein Geschäftszweig.
Bei der Beerdigung werden trotzdem alle Augen auf Harry und William gerichtet sein.
Es ist im Grunde genommen ein Schaulaufen für die Medien. Es sind nur wenige Meter von der einen Kapelle zur anderen. Das ist das, was man zu sehen bekommt, alles andere ist Interpretation. Die Queen geht nicht mit, sie wird schon in der Kapelle warten. Dann nehmen die anderen Platz, das Musikprogramm läuft und die Predigten wie sonst auch. Danach wird man nicht noch groß etwas zu sehen bekommen.
Harry wird sich sicherlich noch mal mit seiner Familie austauschen.
Das ist richtig. Davon gehe ich aus, das ist ganz normal. Es ist nur die Frage, mit welcher Zielsetzung das passiert. Was will man denn erreichen? Das Ziel könnte doch nur sein, Harry auszubremsen. Alles andere geht ja seinen normalen Gang. Also weder Charles noch Camilla stellen sich hin und hetzen gegen Harry, sondern die machen gar nichts in der Richtung. Es kann eigentlich nur bedeuten, dass sich Harry und Meghan zurücknehmen sollen. Das ist natürlich im Moment schwierig, weil sie in ihrer geschäftlichen Aufbauphase sind. Sie werden bei jeder Gelegenheit darauf angesprochen und irgendwann entgleitet ihnen ein kleiner Satz und schon geht es wieder los.
Über ein Jahr hat Harry seine Familie nicht gesehen...
Das ist aber auch coronabedingt. Wenn es jetzt kein Corona gegeben hätte und Philip wäre gestorben, dann wäre er natürlich auch gekommen. Da wäre nur die Frage gewesen, wann. Jetzt ist es tatsächlich ein Problem. Die Queen ist 94, selbst wenn sie geimpft ist, sollte sie trotzdem nicht angehustet werden. Umgekehrt möchte Harry auch nicht infiziert in den Babyhaushalt zurückkommen. Das ist für ihn jetzt keine Urlaubsreise, sondern sozusagen ein Termin. Ich weiß auch nicht, ob es Meghan so toll findet, dass er jetzt die alleinige Aufmerksamkeit hat.
Harry hätte auch die Zeit nutzen können, um sich einmal auszusprechen.
Da wird keiner sagen, lass uns an die Hand nehmen, wir müssen jetzt als Familie eng zusammenhalten. Warum haben sie es vorher nicht gemacht? Was noch interessant ist: Prinz Philip wird ein Testament über sein persönliches Erbe, Vermögen hinterlassen haben. Da wäre es noch mal spannend zu wissen, wie Harry da zum Beispiel bedacht worden ist.