Wenn am Mittwoch der neue Marvel-Blockbuster "Fantastic Four: First Steps" in den Kinos startet, wird kaum jemand über Ralph Ineson und Julia Garner sprechen. Die Stars des Films heißen Joesph Quinn ("Stranger Things"), Ebon Moss-Bachrach ("The Bear"), Vanessa Kirby ("Mission: Impossible") und natürlich Pedro Pascal, dessen virale Oberarme auch in dem Marvel-Film einen prominenten Auftritt erhalten. Die vier verkörpern das titelgebende Superhelden-Quartett.
Ralph Ineson und Julia Garner spielen das Schurk:innen-Doppel Galactus und Shalla-Bal alias Silver Surfer. Beide sind klassische Charakterdarsteller:innen. Ihr Handwerk sichert ihnen das Überleben in einer Industrie, die vor großen technischen Umwälzungen steht oder diese schon hinter sich hat.
"Fantastic Four: First Steps" umfasst alle Komponenten eines modernen Blockbusters. Der Dreh eines solchen Filmes bringt gewaltige Herausforderungen für Schauspieler:innen mit.
So treten Ralph Ineson und Julia Garner in digitalen Kostümen auf, ihre Körper wurden technisch erweitert, bisweilen verschleiert. Sie mussten sich in abstrakten Sets bewegen und dort funktionieren. Sie mussten ihr Handwerk an den Motion-Capture-Prozess anpassen.
Motion-Capture ist ein Verfahren, bei dem Bewegungen realer Personen mithilfe von Sensoren oder Markern erfasst und digitalisiert werden. Diese Daten übertragen sich auf virtuelle Figuren, um realistische Animationen in Film, Videospielen oder Forschung zu erzeugen.
watson hat sich mit Julia Garner und Ralph Ineson zum Interview getroffen, um über diesen komplizierten Dreh zu sprechen, natürlich digital per Videocall.
Das passt ganz gut, denn die Dreharbeiten von "Fantastic Four" müssen sich für Garner und Ineson auch irgendwie distanziert, leicht pandemisch angefühlt haben. Man habe sich "ein bisschen kennengelernt, aber nicht zu sehr", sagt Julia Garner. Ralph Ineson spricht von einem "einsamen Raum". Man habe praktisch "alles alleine gemacht".
Warum der Dreh derart isoliert war, wird im Laufe des Gesprächs klarer.
In dem Filmmaterial, das der deutschen Presse im Vorfeld des Interview-Tages gezeigt wurde, ist Julia Garner als silbernes Meta-Wesen zu sehen, ihre Gesichtszüge, ihre Mimik lassen sich gerade so erahnen. Garner spielte zum ersten Mal mithilfe der Motion-Capture-Technik. "Interessant und neu" sei das gewesen.
Sie wollte sich im Vorfeld Bewegungen antrainieren, um die fließende Surferinnen-"Statue" angemessen darzustellen.
Also übte sie zusätzlich "einige Tanz-Moves, weil es eine Eleganz hat, wie sie sich bewegt". So richtig haben ihr die Surf-Tipps nicht geholfen, zumal sie nicht selber surfen gehen wollte, weil sie "ein bisschen Angst vor dem Ozean" hat und außerdem, leicht pikiert, könne sie ja schauspielern.
Nun gut, aber wie sehr kann man wirklich schauspielern in so einem Setting? Ralph Ineson verfügt über die vielleicht basslastigste Stimme in Hollywood. (Mein Laptop vibrierte, als er sprach. Hier ist ein Beispiel, es lohnt sich.) Er spricht davon, seine "Galactus-Tonleiter" gefunden zu haben, besteht aber darauf, dass die Arbeit für "Fantatastic Four" nicht nur ein "Voice Job" war:
Dieses Material werde dann an die "CGI-Leute" weitergegeben und entsprechend bearbeitet. Aber: "Das bessere Zeug basiert mehr auf den echten Perfomances."
Julia Garner hakt an dieser Stelle ein. Ihr scheint es wichtig zu sein, darzulegen, wie aufwendig der Prozess tatsächlich ist. Das Motion-Capture verpflichtet zum ständigen Tragen von einer Art Helm, der wiederum mit einer Kamera ausgestattet ist, die auf das Gesicht der Schauspielerin gerichtet ist:
Drehen, relativiert Garner auf Nachfrage, sei immer stressig. Jeder Job ist anders. Motion-Capture aber kann für Schauspieler:innen eine besondere Herausforderung sein. Das hebt auch Ralph Ineson hervor, der mit der Technik mehr Erfahrung hat als seine Kollegin.
Befreiend? Inwiefern?
Ineson beschreibt eine Art totalen Theater-Effekt, der sich daraus ergibt. Und der könne für einen Schauspieler eben ziemlich befreiend sein.
An dieser Stelle läuft die Zeit aus. Man hat bei diesen sehr durchorganisierten Pressetag-Interviews in der Regel zehn Minuten Zeit mit den Filmmenschen und wenn die um sind, kann es auch mal vorkommen, dass die Verbindung von einer strengen Presseperson einfach ausgeknipst wird.
Das ist hier nicht passiert, aber die Situation, die Julia Garner schildert, ist derart kompliziert und abstrakt, ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob ich sie richtig verstanden habe. Und nachhaken konnte ich (das Zeitproblem) auch nicht mehr.
Deshalb hier, ungekürzt, Garners Anekdote, die sie auf die Frage schildert, was denn nun eigentlich die herausforderndste Szene des Films war:
Okay, vielleicht doch ein kleiner Cut. Offenbar musste Garner aus Sicherheitsgründen vom Rest der Crew isoliert werden, war aber via iPad und Motion-Capture dennoch mit dem Set verbunden und konnte drehen, wobei sie "die Vier", also die vier "Fantastic Four"-Darsteller:innen sah. Weiter geht's:
Es soll hier nicht der Eindruck entstehen, als sei dieser "Fantastic Four"-Dreh irgendwas bahnbrechend Neues. Im Gegenteil. Die "Avatar 2"-Produktion zum Beispiel war um ein Vielfaches entrückter. Nein, es ist vielmehr so: Ralph Ineson und Julia Garner haben vielleicht sowas wie eine neue Normalität des Blockbuster-Drehs beschrieben.