Unterhaltung
Interview

Neue ARD-Sendung von Eva Schulz: Wie man Innovation in ein altes System bringt

Eva Schulz hat ihre Karriere bei Funk gestartet, dem Online-Content-Netzwerk von ARD und ZDF.
Eva Schulz hat ihre Karriere bei Funk gestartet, dem Online-Content-Netzwerk von ARD und ZDF.null / Paula Winkler
Interview

Eva Schulz über ihr neues Format "Deutschland 3000" und Innovation bei der ARD

16.03.2023, 16:51
Mehr «Unterhaltung»

Eva Schulz ist eines der bekanntesten jungen Gesichter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Bekannt wurde sie vor allem mit ihrem Format "Deutschland 3000", das sich von einem kurzen Social-Media-Format zum Podcast "Deutschland 3000 – 'ne gute Stunde mit Eva Schulz" entwickelte. Inzwischen gibt es den Podcast auch als Sendung in der ARD Mediathek.

Watson sprach mit Eva über ihre neue Sendung "Deutschland 3000 – Die Woche mit Eva Schulz", die ab 16. März in der ARD Mediathek abrufbar ist. Aber auch über den Druck zur Meinungsbildung in einer zunehmend komplexen Welt und ihre Rolle als junge, innovative Journalistin im konservativen Umfeld des öffentlich-rechtlichen Fernsehens.

Neu: dein Watson-Update
Jetzt nur auf Instagram: dein watson-Update! Hier findest du unseren Broadcast-Channel, in dem wir dich mit den watson-Highlights versorgen. Und zwar nur einmal pro Tag – kein Spam und kein Blabla, versprochen! Probiert es jetzt aus. Und folgt uns natürlich gerne hier auch auf Instagram.

Watson: Eva, kannst du uns schon verraten, um was es in deiner neuen Show gehen wird?

Eva Schulz: Klar! Ich lade jeden Donnerstag zwei kluge, meinungsstarke Gäste ein und spreche mit ihnen über die wichtigsten Nachrichten und Themen der Woche. Der Grundgedanke ist derselbe, den es schon ganz lange bei "Deutschland 3000" gibt: Die Leute, die uns und mir folgen, kriegen wahrscheinlich grob mit, was alles passiert in Deutschland und der Welt, aber haben alle Jobs und oder Familie und generell viel zu tun. Und am Ende der Woche fragen sie sich: "Wie stehe ich denn überhaupt zu allem, was gerade passiert ist?" Genau hier wollen wir ansetzen und den Leuten mit verschiedenen Perspektiven helfen.

Aber muss man denn zu allem eine Meinung haben? Die Tendenz heutzutage ist ja eher, viel zu schnell und uninformiert eine Meinung zu haben, oder haben zu müssen ...

Social Media und das Internet haben dazu beigetragen, dass dieser Druck entsteht. Weil eben auch jeder und jede die Möglichkeit hat, seine/ihre Meinung zu äußern und sich in die Diskussion zu begeben. Das ist eigentlich etwas Gutes!

"Es ist völlig okay, zu einzelnen Dingen keine Meinung zu haben."

Was wir uns wieder antrainieren müssen: dass es völlig okay ist, zu einzelnen Dingen keine Meinung zu haben. Es sollte eher darum gehen, zu den Themen, die mich besonders bewegen oder von denen ich viel mitbekomme, gute und vielfältige Informationen zu finden. Man sollte das Gefühl haben, auf Augenhöhe abgeholt zu werden mit seinem Informationsbedürfnis.

An welchen Medien orientierst du dich, wenn du dir eine Meinung bilden willst?

Ich liebe den Deutschlandfunk. Den höre ich wirklich jeden Morgen, weil ich finde, dass die Redaktion mich exzellent informiert. Wie sie mich zum Teil auf Themen bringen, von denen ich noch gar nichts mitbekommen habe, für die ich dann sensibilisiert werde. Und sie überraschen mich mit ihren sehr guten Interviews und ihren unerwarteten Interview-Gesprächspartnerinnen und -partnern. Natürlich sind auch soziale Netzwerke für mich wichtige Informationskanäle. Aber auch Twitter ist so eine Art "Perspektiven-Maschine". Wenn etwas passiert, bekommt man schnell die verschiedenen Pole des Meinungsspektrums mit und kann sich so einen groben Überblick verschaffen.

"Schockierend wird es eher, wenn man aus Funk rauswächst und in den Rest der ARD reinkommt."

Deine neue Show wird bei der ARD laufen. Was hat dich am meisten geschockt, als du zu den Öffentlich-Rechtlichen gekommen bist?

Ich bin ja zu Funk gekommen und Funk war genau das Gegenteil von Schock. Das war ein großes Privileg, weil wir da diese Innovationsinsel aufgeschüttet haben und ganz viel rumexperimentieren und erst mal Wissen aufbauen durften. Schockierend wird es eher, wenn man aus Funk rauswächst und in den Rest der ARD reinkommt. Darauf war ich aber auch gefasst.

Ich habe 2013 eine Abschlussarbeit über Innovationsverhinderung bei den Öffentlich-Rechtlichen geschrieben. Inzwischen sehe ich an vielen Stellen, dass dieser Innovationsgeist, der bei Funk gelebt wird, immer weiter in andere Anstalten getragen wird. Die sind jetzt experimentierfreudiger und haben vielleicht auch ein anderes Verhältnis zum Scheitern und dazu, was man im Digitalen so alles machen kann. Deswegen bin ich da zuversichtlich.

Du bist sehr experimentierfreudig. In deiner Show "Der Raum", hast du Menschen mit verschiedenen Meinungen in einen Raum gesperrt. Sie können sich nur befreien, wenn sie zusammenarbeiten, statt zu streiten. Wie schaffst du es, beim Öffentlich-Rechtlichen deine Ideen durchzusetzen?

Es ist schon so, dass man im öffentlich-rechtlichen System einzelne Anwältinnen und Anwälte finden muss, die an die Idee glauben und auch die Macht haben, sie durchzusetzen. Diese Macht besteht einerseits darin, dass sie in der Position sein müssen, solche Dinge zu entscheiden und buchstäblich programmieren zu können. Und sie müssen auch die Budgets haben.

"Mein Arbeitsumfeld ist auf jeden Fall eines, wo man Geduld mitbringen muss."

Bei meiner neuen Sendung ist der SWR federführend, aber auch NDR und RBB sind involviert und das ist gut. So steht sie auf einer breiten Basis in der ARD. Aber es ist nicht immer leicht und man stößt oft mit innovativen Ideen an gläserne Decken. Und auch "Der Raum", auf den ich nach wie vor sehr stolz bin, wurde nach zwei Folgen nicht fortgesetzt. Das tut natürlich weh.

Hattest du schon mal Ideen für eine Sendung, die abgelehnt wurden?

Von mir konkret jetzt nicht. Mein Arbeitsumfeld ist auf jeden Fall eines, wo man Geduld mitbringen muss, was ich gerade auch im letzten Jahr gelernt habe. Die Öffentlich-Rechtlichen sind wahrscheinlich deutlich träger in der Umsetzung als Private. Umso glücklicher bin ich, dass wir mit der neuen Show jetzt endlich loslegen können und auch erst mal bis August Woche für Woche für unsere Community da sein werden.

Du willst junge Menschen für Politik und Gesellschaft interessieren. Ab wann würdest du selbst sagen: jetzt bin ich zu alt dafür?

Das Format, das wir jetzt machen, richtet sich auch schon an eine etwas ältere Zielgruppe. Ich bin ja selbst Anfang 30 und wachse quasi mit den Inhalten aus Funk heraus. Bei dem neuen Format wollen wir Leuten so um die 30 zeigen: "Es gibt neben Netflix und Amazon Prime auch noch einen Streaming-Service, für den ihr die Abogebühren schon bezahlt, nämlich die ARD Mediathek." Und da sind so viele gute Inhalte!

Das muss man vielen Leuten, gerade in unserer Generation, erst noch bewusst machen. Auch deshalb kommt die Show, die ich jetzt mache, exklusiv in der ARD Mediathek. Damit Leute bestenfalls sagen: "Die Schulz hat da was Neues gemacht, das gucke ich mir mal an" – und dann stoßen sie am Rande vielleicht auch noch auf eine richtig gute Doku oder eine Comedy-Show.

Also wirst du als nächsten Karriereschritt nicht die "Tagesschau" moderieren?

Die "Tagesschau" ist, ehrlich gesagt, nicht der Kern der journalistischen Arbeit, die mich am meisten interessiert. Ich bin ein großer Fan der Tagesschau, aber als Journalistin reizen mich andere Jobs noch mehr: Ich möchte gerne rausgehen, ich möchte Leute treffen und mit ihnen sprechen. Ich liebe es, Interviews zu führen, spannende Menschen zu treffen oder Orte zu erkunden. Das Tollste an diesem Beruf ist doch, dass man so viele verschiedene Dinge miterlebt und dann schaut: Was habe ich dabei gelernt, das ich für ein Publikum aufbereiten kann? Wir haben übrigens in der ersten Sendung meine Kollegin Aline Abboud zu Gast, die ja die Tagesthemen moderiert – vielleicht überzeugt sie mich ja, doch zu den Nachrichten zu gehen.

Joko und Klaas übernehmen ProSieben: Sendeplan irritiert

In der jüngsten Ausgabe von "Joko und Klaas gegen ProSieben" ist den beiden titelgebenden Showmastern der große Coup geglückt: Sie gewannen gegen ihren Heimsender und dürfen nun 24 Stunden lang das Programm bestimmen. Am 21. April 2024 haben sie von 0 Uhr bis 23.59 Uhr freie Hand.

Zur Story