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"Rebel Moon": Netflix fährt seine größte Sci-Fi-Reihe komplett an die Wand

Netflix ist mit "Rebel Moon" auf die Nase gefallen. Wie konnte das passieren?
Netflix ist mit "Rebel Moon" auf die Nase gefallen. Wie konnte das passieren?Bild: Netflix
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Netflix fährt riesige Sci-Fi-Reihe an die Wand: Wie "Rebel Moon" grandios scheiterte

30.04.2024, 07:13
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Für Netflix war der Start von "Rebel Moon" nicht irgendein Start. Der Streaming-Dienst veröffentlichte den Sci-Fi-Blockbuster letztes Jahr kurz vor Weihnachten – allerdings nicht morgens (wie üblich), sondern um 19 Uhr nordamerikanischer Zeit. Also zur Primetime. Zudem erhielt Zack Snyders Werk eine digitale Plakatwand direkt auf der Startseite von Netflix, sodass es ein paar Tage lang schlicht unmöglich war, den Film zu ignorieren. Er sprang dir ins Gesicht.

Warum das alles? Nun, Netflix hatte einen dicken Fisch am Haken, zumindest in der Theorie:

  • Der für bildgewaltige Blockbuster-Stoffe bekannte Zack Snyder ("Batman v Superman") inszenierte "Rebel Moon". Von vielen Film-Fans wird er verehrt.
  • Snyder erhielt von Netflix viele Freiheiten, um seine Ideen umzusetzen, und ein Budget von insgesamt angeblich 166 Millionen US-Dollar.
  • Damit finanzierte er gleich zwei "Rebel Moon"-Teile, die im Abstand weniger Monate exklusiv bei Netflix erschienen ...
  • ... und er stellte noch mehr Teile in Aussicht – ein ganzes "Rebel Moon"-Universum.
  • Passend dazu machte das Detail die Runde, Snyder hätte die "Rebel Moon"-Geschichte einst als "Star Wars"-Film eingereicht.

Alles an "Rebel Moon" schrie "Event". Nur die Qualität des Films selbst nicht. Vor wenigen Tagen erschien mit "Rebel Moon 2" der vorläufige Abschluss der Reihe. Die Fortsetzung vollendet ein Netflix-Fiasko, das in seiner Gesamtheit erstaunlich ist. Netflix verfolgt den Anspruch, eine Alternative zu Blockbustern von Traditionsstudios wie Disney zu bieten. Nie zuvor kollidierte diese Ambition derart brachial mit der Realität.

Die "Rebel Moon"-Reihe von Netflix zerschellt an der Kritik

In "Rebel Moon" geht es um den Mond Veldt, der irgendwo am Rande einer fiktiven Galaxie existiert. Die Menschen dort leben friedlich von der Landwirtschaft. Das Volk wird jedoch von dem Tyrannen Admiral Atticus Noble (Ed Skrein) attackiert, der für die "Mutterwelt" Getreide einsammeln soll. Die Kriegerin Kora (Sofia Boutella) stellt eine Truppe kompetenter Kämpfer:innen zusammen, die Veldt gegen den nächsten Angriff verteidigen sollen.

Die Geschichte ist nicht neu, sie wurde so ähnlich schon in den Klassikern "Die sieben Samurai" und "Die glorreichen Sieben" erzählt. Sie nochmal zu recyceln und in eine weit entfernte Galaxis zu versetzen, ist kein Verbrechen.

Ein Verbrechen ist es aber sehr wohl, diese Geschichte auf über vier Stunden auszuwalzen. Der erste Teil "Rebel Moon: Kind des Feuers" beschäftigt sich komplett mit der Zusammenstellung des Teams, in zweiten Teil folgt die lang angekündigte Schlacht. Und dazwischen: mit trägen Dialogen und gar nicht mal so hübschen Bildern gefüllter Stillstand. Ich hatte große Mühe, den zweiten Film zu Ende zu schauen.

Egal, was Zack Snyder hier vorhatte. So erschafft man keine vibrierende Welt, die ein Franchise nach "Star Wars"-Vorbild beheimaten soll – was der langfristige Plan ist.

Die Quittung waren desaströse Kritiken und Publikumsreaktionen: Bei dem Bewertungsportal "Rotten Tomatoes" erhielt Teil eins nur 57 Prozent positive Wertungen. Teil zwei sackte auf 52 Prozent ab. Bei dem Kritiken-Portal "Meta Critic" sieht es nicht besser aus: Beide Teile landeten im tiefroten Alarm-Bereich.

Netflix verkalkuliert sich mit dem "Snyder-Cut" von "Rebel Moon"

Wären die "Director's Cuts" von "Rebel Moon" eins und zwei besser gewesen? Die Frage steht breitbeinig im Raum, weil Snyder lange vor dem Release des ersten Teils die Veröffentlichung einer Fassung angekündigt hatte, die "fast ein anderer Film" sei – härter, blutiger, erwachsener und so weiter. Dasselbe gelte für Teil zwei. Diese Strategie wurde mit Snyder abgestimmt, mit den zahmeren Versionen wollte man ein größeres Publikum erreichen.

"Rebel Moon" sieht (manchmal) tatsächlich aus wie das Epos, das es sein will.
"Rebel Moon" sieht (manchmal) tatsächlich aus wie das Epos, das es sein will.Bild: Netflix

Diese härteren, ultimativen Versionen liegen fertig bei Snyder in der Schublade, er wird nicht müde, das zu betonen. All das erinnert an den Hype um den "Snyder-Cut" von "Justice League", den Fans jahrelang herbeigesehnt hatten, nachdem der Regisseur den DC-Blockbuster aufgrund privater Probleme nicht selber hatte fertigstellen können. Jahre später erschien die vierstündige Snyder-Version als Stream.

Wollten er und Netflix den Kult um den "Snyder-Justice-League-Cut" mit einem "Snyder-Rebel-Moon-Cut" etwa künstlich reproduzieren? Falls ja, ist der Schuss heftig nach hinten losgegangen.

Auch die Zahlen blieben hinter den Erwartungen zurück

Einmal die Woche veröffentlicht Netflix Charts mit den erfolgreichsten Filmen und Serien der Plattform. "Rebel Moon 1" kam auf circa 90 Millionen Zugriffe, was erstmal viel klingt. Allerdings muss man diese Zahlen in Relation zu anderen Netflix-Großproduktionen sehen.

So schaffte es "Rebel Moon" nicht in die All-Time-Top-10 des Streaming-Dienstes, er verpasste sie wahrscheinlich sogar deutlich. Auf Platz zehn steht dort der Chris Hemsworth-Actioner "Extraction" mit 135,7 Millionen Zugriffen. Und nochmal zur Erinnerung: Netflix rollte für "Rebel Moon" einen riesigen roten Teppich aus.

Jeder, der über die Weihnachtsfeiertage Netflix ansteuerte (und das sind mehr als zu jeder anderen Zeit des Jahres), sollte diesen Film zumindest mal anspielen. Solche Event-Filme setzt Netflix ganz bewusst. "Glass Onion: A Knives Out Mystery", "Don't Look Up" und "Bird Box" sind ebenfalls "Weihnachtsfilme" von Netflix und sie alle übertrafen "Rebel Moon" um Längen.

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In der ersten Woche lockte "Rebel Moon 1" 23,9 Millionen Haushalte an. Für Teil zwei kehrten in der ersten Woche nur noch 21,4 Millionen Haushalte zurück. Bereits auf diese Fortsetzung hat wohl kaum jemand gewartet. Was soll bloß mit den anderen Teilen passieren, an die Zack Snyder fest glaubt?

Vier Teile geplant? "Rebel Moon" hat wohl keine Zukunft bei Netflix

Comics, eine VR-Experience, ein Videospiel, Fortsetzungen – all das ist um "Rebel Moon" geplant oder existiert bereits, sagte Zack Snyder "Entertainment Weekly". "Ich schätze, vier Filme würden Sinn ergeben", erklärte er in einem anderen Interview. "Rebel Moon 2" endete auf einem Cliffhanger.

Noch haben die Fortsetzungen kein grünes Licht erhalten. Ob die jemals zustandekommen, ist nun mehr als fraglich. Es sind Luftschlösser, die schnell in sich zusammenfallen können.

Netflix verfolgt gerade einen Sparkurs, auch günstigere und beliebtere Reihen und Serien wurden zuletzt abgesägt. Snyder redet viel über "Rebel Moon". Netflix hüllt sich in Schweigen, was selten ein gutes Zeichen ist.

Es passt irgendwie: Das "Rebel Moon"-Projekt entstand unter dem alten Film-Chef Scott Stuber, es liegt in einem Sandwich zwischen zwei Amtszeiten. Letzte Woche beschrieb Dan Lin, der neue Film-Chef von Netflix, seine Strategie: Er will weniger Action-Filme produzieren. Aber vor allem will er die grundsätzliche Qualität der Netflix-Filme verbessern. Der Netflix-CEO bekräftigte diese Ambition wenige Tage später.

Der Zeitpunkt der Strategie-Verkündung ist wahrscheinlich Zufall, aber irgendwie schwang in diesen stolz vorgetragenen Zielen der Halbsatz "zumindest besser als 'Rebel Moon'" mit.

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