
Der Cast der Serie in New York. Carrie natürlich in fragwürdigem Outfit.bild: hbo / craig blankenhorn
Meinung
Die neue Staffel "And Just Like That" startet am 30. Mai in Deutschland. Doch lohnt sich die Fortsetzung des "Sex and the City"-Spinoffs? Achtung, es folgen Spoiler.
30.05.2025, 10:5030.05.2025, 10:50
Als ich die erste Staffel von "And Just Like That" schaute, überwog häufig das Gefühl von Qual über Genuss. Erst in der fünften Folge der Fortsetzung von "Sex and the City" war es so weit: Carrie Bradshaw brachte mich wieder zum Lachen.
Aber diese Momente blieben rar, sowohl in der ersten, als auch der zweiten Staffel. Am 30. Mai erscheint die erste Folge der dritten Staffel in Deutschland. Automatisch stellt sich nun die Frage: Lohnt sich die Serie überhaupt noch? Oder zeigt sie nur das traurige Krepieren eines popkulturellen Dinosauriers aus den 90ern?
"And Just Like That": die dritte Staffel ist wenig relatable
Eigentlich, so scheint es, soll die tiefgründige Botschaft von "And Just Like That" sein, dass auch Frauen jenseits der 50 ein erfülltes Leben voller Höhen und Tiefen führen können. Sie sind erfolgreich, selbstbewusst, sexy, intelligent – und vor allem nicht perfekt.
Aber um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, muss man einiges überstehen – so auch in der neuen Staffel. Es dreht sich wieder um die drei Freundinnen Carrie (gespielt von Sarah Jessica Parker), Miranda (Cynthia Nixon) und Charlotte (Kristin Davis). Auch wieder mit dabei sind die im Spin-Off hinzugewonnenen Freundinnen Seema Patel (Sarita Choudhury) und Lisa Todd Wexley (Nicole Ari Parker).
Samantha Jones (Kim Catrall), die unangefochtene Königin über die Männerwelt in "Sex and the City", ist erneut nicht dabei. Stattdessen soll Seema die Lücke des reichen, toughen und sexuell selbstbestimmten Charakters füllen. Sarita Choudhury holt aus der Rolle raus, was herauszuholen ist. Aber auch die beste Schauspielerin kann eben keinen schlecht geschriebenen Charakter retten.

Seema Patel raucht gerne im Bett – und steckt so ihr Haus in Brand.bild: hbo / Craig Blankenhorn
Und auch sonst klaffen in der Fortsetzung einige schmerzliche Lücken. Mirandas non-binäre:r Expartner:in Che Diaz (gespielt von Sara Ramírez) wurde nach Staffel zwei aus dem Drehbuch gestrichen. Und Karen Pittman, die Columbia-Professorin Nya Wallace darstellte, hat sich freiwillig verabschiedet.
Ausgerechnet die beiden Figuren, die echte Reibung, Diversität und Nahbarkeit in die Serie brachten, fehlen damit. Man liebte Che, weil der Charakter auf unangenehme, aber ehrliche Weise mit sich selbst kämpfte. Und es brauchte Nya, weil sie endlich eine schwarze weibliche Perspektive lieferte – etwas, das im "Sex and the City"-Kosmos vorher praktisch nicht existierte.
Nyas Ausstieg soll nun offenbar durch die Dokumentarfilmerin Lisa Todd Wexley kompensiert werden. Doch in Folge eins ist von ihr kaum etwas zu sehen – und wenn, dann als wandelndes Klischee. Es wirkt bemüht. Und schmerzlich leblos.
"And Just Like That": Wenig Tiefe, viel Spott
Ein unerwarteter Lichtblick in der ersten Folge: Rosie O'Donnell spielt Mary, eine ältere Frau mit grauen Haaren, die – genau wie Miranda – eine der letzten Gäste in einer lesbischen Bar ist. Also tun sie das Naheliegende: Sie schlafen miteinander. Schnell wird klar: Mary verehrt Miranda glühend und träumt von mehr als einer Nacht. Miranda hingegen fühlt sich sichtlich unwohl.

Die Jungfrau Mary, dargestellt von Rosie O'Donnell.bild: hbo / Craig Blankenhorn
Eine ehrliche, potenziell berührende Dynamik, wie sie beim Dating eben oft vorkommt – doch statt Tiefe gibt’s Spott. Denn Mary ist natürlich nicht nur Jungfrau, sondern auch Nonne. Und – Überraschung – sie ist auch noch eine extrem nervige Touristin. Eine Person, die im oberflächlichen "And Just Like That"-Universum nicht standhält – also wird sie ganz klassisch zur Lachnummer degradiert. Chance vertan.
Carrie Bradshaw lebt in einer New Yorker Welt voller Klischees – aua
Die Hauptcharaktere nämlich sind alle reich, privilegiert. Damit ist diese Welt dem Untergang geweiht, denn "And Just Like That" schafft es nicht – und versucht es nicht mal – Identifikationsmomente für "Normalos" zu schaffen. In "Sex and the City" wurden einst Tabus offen gezeigt, debattiert und beseitigt. In "And Just Like That" wird sich nur noch über sie lustig gemacht.
Ein weiteres Beispiel: Nachdem Carries Ex Aidan am Ende der zweiten Staffel wieder aufs Land gezogen ist, bleibt sie allein in einem absurd riesigen, beinahe palastartigen Townhouse zurück. Dort schlägt sie sich mit nervenden Fehlalarmen ihrer Alarmanlage herum. Beim Versuch, diesen auszumachen, rennt sie minutenlang durch ihren Palast und rutscht – natürlich – auch noch aus, bevor sie den Notruf stoppen kann.

Carrie Bradshaw in ihrem Luxus-Townhouse in New York.bild: hbo / Craig Blankenhorn
Die einst so emanzipierte – und jetzt geradezu pervers reiche – Carrie ist klar überfordert mit ihrem neuen Leben. Bricht man damit Tabus? Oder erfüllt man damit nicht viel eher ein Klischee? Apropos Klischee: natürlich gibt es Ratten im Innenhof. "Willkommen in New York."
Und damit zum nächsten Griff ins Klischeeregal: die Gen Z. Eigentlich eine Chance, neue Zielgruppen zu gewinnen. Stattdessen wird Rock, Charlottes non-binäres Kind, zur Karikatur der "woken" Jugend. Klimakrise? Feminismus? Queerness? Alles wird der Lächerlichkeit preisgegeben. Ein Feigenblatt für Diversität, ohne echte inhaltliche Auseinandersetzung.
Wenige Szenen reichen, um einen Drang zum Abschalten auszulösen. Die Gen Z ist so schlecht geschrieben, dass es wirkt, als stammten die Charaktere aus den Federn von ChatGPT.
"And Just Like That" ist das Ende der Ära "Sex and the City"
Warum also tun sich Menschen diese Serie an? Die Antwort ist simpel: Nostalgie. Nicht loslassen wollen. Die Hoffnung, noch einmal einen Hauch des früheren Glanzes zu erhaschen.
Aber von der Carrie, die einst eine Sexkolumne schrieb und sich furchtlos in das Chaos der Großstadt stürzte, ist nur noch ihre Darstellerin Sarah Jessica Parker geblieben. Sogar die Sexkolumne musste weichen, Carrie schreibt jetzt an einem Historienroman – sinnbildlich für das, was aus der Serie geworden ist: eine ganz schön gestrige Darstellung des Frauenbilds in unserer Gesellschaft.
"And Just Like That" hat vieles versucht – und noch mehr verfehlt. Vielleicht ist es Zeit, den Autor:innen einen würdevollen Abschied zu gönnen – oder ihnen zumindest zu verbieten, Nostalgie weiter so schamlos zu entstellen.
Wer sich selbst überzeugen will, kann ab dem 30. Mai bis zum 15. August wöchentlich eine Folge auf Sky oder Wow schauen. Oder man spart sich die Mühe und streamt gleich ein paar Folgen der Originalserie – als Erinnerung daran, dass Carrie Bradshaw mal mehr war als nur eine reiche Frau mit First-World-Problems.
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