RTL und das Raab-Problem: Auch die neue Show ist ein Reinfall
2024 war der Jubel groß, als feststand, dass Stefan Raab, für viele ein TV-Held der 90er, mit einer neuen Show zurückkehrt. Dass RTL sich mit einem Millionenvertrag sofort langfristig an ihn bindet, verblüffte kaum jemanden. Die Rechnung konnte ja nur aufgehen. Oder nicht?
Schon ein Jahr später war der Katzenjammer groß. Bei RTL+ begann "Du gewinnst hier nicht die Million" vielversprechend, allerdings verpuffte der Hype schnell. Für den Genickbruch des Formats sorgte die Beförderung ins lineare Programm.
Doch RTL muss seinen Entertainer trotzdem weiter beschäftigen. Das neueste Format ist nach Raab benannt, schon dadurch wird auf dicke Hose gemacht. Wie mickrig das Ergebnis ist, überrascht dann doch.
"Die Stefan Raab Show": Aufdringlicher geht's nicht
Damit auch absolut niemand die "Stefan Raab Show" verpasst, zieht RTL ein besonders penetrantes Konzept auf. In dieser Woche läuft die Sendung täglich (!) ab 20.15 Uhr, gleichwohl nur für 15 Minuten. Dann folgt das reguläre Primetime-Programm.
Wer gestern also wie gewohnt "Wer wird Millionär?" schauen wollte, musste erstmal mit Raab vorliebnehmen, heute Abend dann sollen die "Sommerhaus"-Fans länger ausharren.
Das alles erinnert ein wenig an "RTL Direkt", mit dem am späten Abend monatelang immer wieder die populärsten Shows unterbrochen wurden. Für RTL war diese Sandwich-Methode ein probates Mittel, um die Quoten des Nachrichtenformats künstlich in die Höhe zu treiben. Oh Wunder: In diesem Sommer wurde der News-Quickie eingestellt.
Beim neuen Raab-Experiment geht es dagegen vor allem um Promo. Ab der nächsten Woche läuft das Format nur noch am Mittwoch, dafür in vernünftiger Show-Länge.
Stefan Raab und RTL haben nichts gelernt
Das alles wäre freilich verschmerzbar, würde "Die Stefan Raab Show" inhaltlich neue Akzente setzen. Tut sie aber nicht. Für diese Erkenntnis reicht der 15-minütige Vorgeschmack am Montag.
Zur Erinnerung: RTL räumte ein, dass "Du gewinnst hier nicht die Million" als Show-Hybrid irgendwo zwischen "Schlag den Star" und "TV total" auch an seinem Konzept gescheitert war. Warum ist "Die Stefan Raab Show" dann auch irgendwie so wie "TV total"?
Zugegeben: In einer Viertelstunde hat Raab nicht wirklich viel Spielraum. Dennoch ist offensichtlich, dass der Showmaster sich garantiert nicht neu erfinden wird. Der Vorspann suggeriert einen klassischen Late-Night-Talk, der nicht geliefert wird.
Erst veralbert Raab eine Szene aus "GZSZ", indem er den Stars falsche Worte in den Mund legt (höhö!), dann geht es um eine mögliche Nationalhymne – ein Thema, das kürzlich der Linken-Politiker Bodo Ramelow anstieß.
Raab schießt mit Gag ein Eigentor
Raabs Lösung: Er belässt den Text der deutschen Hymne, verhunzt aber alles mit dem überbordenden Einsatz von Autotune, also automatischer Tonhöhenkorrektur. Ein Grinsen lässt sich dabei tatsächlich nur schwer unterdrücken, wobei das nichts mit Raabs mutmaßlicher Brillanz zu tun hat.
Vielmehr denke ich eher daran, dass sein eigener diesjähriger ESC-Act Abor & Tynna ebenfalls deutlich hörbar Autotune nutzt und zwischenzeitlich sogar diskutiert wurde, wie das alles überhaupt beim Wettbewerb zulässig sein kann.
Wirklich etwas gerissen haben Abor & Tynna beim ESC 2025 nicht und gleiches gilt für Raabs Karriere bei RTL. Seine Show hat die lahmsten Gags der Welt und lässt einen einfach nur ratlos zurück. Und nein: Auch Bully, der auf den letzten Drücker noch vorbeischaute, kann daran nichts ändern.
Zwar rühmt man sich zum Auftakt mit einem Gesamt-Marktanteil von 14,4 Prozent, ein Erfolg ist damit aber noch lange nicht erzielt. Das ist erstmal nur der Premieren-Effekt.
Während RTL in der Promo-Phase Stefan Raab quasi als neuen Sender-Chef inszeniert, könnte die Realität kaum düsterer aussehen. "Der Raab-Deal ist das smarteste, was ich in meinem Leben gemacht habe", sagte Chief Content Officer Inga Leschek noch 2024 – dieses Zitat ist rückblickend definitiv lustiger als das neueste Format.