Mario Barth hat Corona unterschätzt. Wie eigentlich alle. Das Problem ist nur: Bei ihm bekommt man jetzt den Stand von vor einigen Wochen zu sehen.
In der aufgezeichneten Sendung sitzt das gut gelaunte Publikum dicht an dicht im Studio, mit Karnevalshütchen. Fast wie im Karneval von Heinsberg, der als ein Ursprung der deutschen Corona-Epidemie gilt. Und Mario Barth reißt Klopapierwitze. Nun wurden auch schon einige andere Shows gesendet, die noch vor Live-Publikum aufgezeichnet wurden.
Aber die Empörungscomedy "Mario Barth deckt auf" setzt eigentlich auf Aktualität. Und sie wurde erst aufgezeichnet und dann aufgrund der Corona-Programmänderungen bei RTL auch schon zwei Wochen lang verschoben.
"Wir haben zu feiern: 2020 ist ein ganz besonders Jahr", sagt Barth zu Beginn seiner Show. "Neue Folge" steht oben in der Ecke. Und man weiß nicht, ob das Werbung sein soll oder Klarstellung von RTL.
"Wir haben momentan ein bisschen Probleme", führt der Comedian sein Eröffnungs-Stand-up aus. "Corona, Corona, Corona – wir haben schlagartig keine laktoseintoleranten Menschen mehr. Ist das Wahnsinn", sagt er. Normale Milch sei weggehamstert, laktosefreie hingegen noch überall zu haben. "Kannst dich totsaufen."
Dann uninspirierte Klopapierwitze, mit denen man vor einem Monat vielleicht noch ein Lächeln erreichen konnte. "Wenn man so 'ne Rolle frisst, kriegt man den Virus nicht mehr." Oder nee, ach nee: "Wenn Du eine Palette Dosenravioli frisst, hast du Durchfall." Aber er habe "für 'nen Fan immer noch eine Rolle da." Das gute Vierlagige, das man zu zwei Rollen Zweilagigem auseinanderfriemeln könne.
RTL blendet dauerhaft #WirBleibenZuhause und immer mal wieder "Diese Sendung wurde vor dem Corona-Ausbruch aufgezeichnet" ein, Mario Barth sagt zweimal nach der Werbung:
Na gut, es geht ja eigentlich auch um Steuerverschwendung. Erster Punkt ist das Lieblingsthema des gebürtigen Berliners: die Flughafenbaustelle BER. Am 31. Oktober 2020 soll er eröffnen.
Aber das war, bevor einer der TÜV-Prüfer Corona-positiv getestet wurde, was Barth natürlich zum Aufzeichnungspunkt auch noch nicht weiß. Nach 13 Jahren Bauzeit sei der Bau im Oktober fertig, frohlockt Barth. "Ich dachte, ich komme erst mit dem Rollator rein."
Weil er keinen Drehtermin vom BER bekommt, schickt Barth unangemeldet eine funkferngesteuerte Kamera, die als Stein getarnt ist, auf Fahrt in die BER-Halle – lustige Idee, Erkenntnisgewinn aber eher gering.
Mario Barth spricht noch mit einem Berliner Taxifahrer, der am BER zwar Passagiere abliefern darf, aber leer in die Stadt zurückfahren muss – umgekehrt gilt es für die Fahrer aus Brandenburg. Die Taxi-Innungen der beiden Bundesländer konnten sich nicht einigen. Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler, mutmaßt: "Wir wissen immer noch nicht, als was es aufmacht, ob es ein Flughafen wird." Das klingt in Zeiten des stillliegenden Flugverkehrs allerdings erschreckend aktuell.
Als nächstes schaut sich Joachim Llambi die Autobahn A36 in Sachsen-Anhalt an, die früher die B6 war und eigentlich nur umbenannt wurde. Der neue Name soll den "Harz-Highway" touristisch interessanter machen. Insgesamt 7,7 Millionen Euro hat das gekostet. Denn die Autobahnschilder sind größer und schwerer und brauchen stärkere Ständer.
Die Hoffnung ist, dass die Umbenennung in Autobahn den Tourismus fördert. Allerdings mussten diverse touristische Hinweisschilder, die an Bundesstraßen erlaubt, sind nach der Umdeklarierung zur Autobahn entfernt werden. Schneller fahren darf man übrigens auch nicht.
Ex-CDU-Politiker Wolfgang Bosbach schaut sich für Barth den Landtag in Hannover an. Der Bau musste saniert werden, wurde aber quasi neu gebaut. Aus 20 Millionen Kosten wurden am Ende 60. Und dabei wird der Plenarsaal nur dreimal im Monat benutzt. Das Lokal im Haus ist bei Bosbachs Besuch komplett leer. 1,5 Millionen Euro Betriebskosten pro Jahr gehen allerdings auch zu Lasten der Steuerzahler.
Und dann gibt es noch die weniger spektakulären Fälle zum Kopfschütteln: Comedian Martin Klempnow besucht die hessischen Forstwirte. Bei einem Anfangsgehalt von 1500 Euro müssen sie drei Kettensägen für insgesamt 4500 Euro als Arbeitsgerät selber kaufen – historisch bedingt ist die Regelung, nach der die Arbeiter selbst für ihr Werkzeug sorgen. Die Landesregierung zahlt den Forstwirten darum pro Jahr insgesamt 1 Million Euro. Würde das Land die Sägen zentral mit Rabatt kaufen, könnte man pro Jahr eine Viertelmillion sparen im Jahr, so heißt es in der Sendung.
Dann noch eine Wasserfirma aus Parchim in Bayern, die in 188 Metern Tiefe gefördertes Wasser für 18,10 Euro pro 681 Milliliterflasche verkaufen möchte. Wassersommeliers schwärmen vom "wunderbaren Silberspiegel" und der "besonderen Weichheit". Die Stadt ist mit 30 Prozent am Gewinn der Firma beteiligt. Leider auch an den Verlusten. Und betragen bisher 600.000 Euro.
Moderatorin Ilka Eßmüller besucht die Ruine des Michaelberg-Gymnasiums in Eislingen. Es wurde saniert, war danach aber kaputter als vorher und einsturzgefährdet. Die Schüler lernen nun teilweise in Behelfscontainern.
In Villingen-Schwennigen steht eine 25.000 Euro teure Sonnenuhr, die eigentlich nur ein schiefer Mast ist und die niemand kennt.
Und zum Schluss nochmal Barths Heimatstadt Berlin: Für 77 Millionen Euro soll ein Teil der Spree zu einem Naturbad ausgebaut werden. Marion Barth rät dringend ab – die Berliner Bäder hätten ohnehin schon einen Sanierungsstau von 200 Millionen Euro.
Am Ende zieht er Bilanz. Über eine Milliarde hätte man einsparen können bei den fehlgeplanten Projekten allein dieser Sendung. "Das könnten wir gut gebrauchen", sagt Barth. Bei der Aufzeichnung dachte Barth zum Beispiel an Toilettensanierungen in Berliner Schulen, wie er sagt. Corona war da noch so fern.