Rhea Seehorn landete in "Bad Boys 4" ihre erste große Blockbuster-Rolle. Der Weg war weit.Bild: AP / Ashley Landis
Meinung
Am 5. Juni startet "Bad Boys 4" in den deutschen Kinos, der neue Teil der Action-Reihe mit Will Smith. Auf den Superstar sind auch jetzt alle Augen gerichtet. In seinem Schatten hat sich jedoch eine Schauspielerin in den Film gearbeitet, die eine der außergewöhnlichsten und zugleich unauffälligsten Karrieren der letzten Jahre hinlegte.
Rhea Seehorn spielt in dem Action-Blockbuster eine Polizistin, die sich an die Fersen von Matt Lowery (Will Smith) und Marcus Burnett (Martin Lawrence) heftet. Mit 53 Jahren wirkt sie erstmals an einem Blockbuster dieser Größenordnung mit und ist darin wohl trotzdem die talentierteste Schauspielerin.
Wenn überhaupt, dann kennt man Rhea Seehorn aus dem "Breaking Bad"-Spin-off "Better Call Saul", das in Deutschland bei Netflix lief, aber nie ganz an die Popularität ihrer Mutter-Serie heranreichte. Diese Tatsache verdeutlicht ein Negativ-Rekord.
"Bad Boys 4"-Star Rhea Seehorn: Zu gut für den wichtigsten TV-Preis
Es war eine aberwitzige "Bestmarke", die "Better Call Saul" Anfang des Jahres aufstellte. Bei den Emmys, dem wichtigsten TV-Preis der USA, ging die von Kritiker:innen gefeierte Crime-Serie schon wieder leer aus. Für sage und schreibe 53 Emmys wurde "Better Call Saul" seit seinem Start im Jahr 2015 nominiert. Die Serie gewann keinen einzigen der Preise, auch nicht mit ihrer letzten Staffel.
Das Branchen-Blatt "Variety" sprach von einem "Rekord", wobei sich dort offenbar niemand die Mühe gemacht hat, zu ermitteln, wer auf Platz zwei und drei der meisten nicht gewonnen Emmys steht. Die Dominanz von "Better Call Saul" in dieser Kategorie muss nicht weiter belegt werden.
"Better Call Saul" war schlicht zu gut für die Emmys, die gerne schnelllebige Hypes belohnen. Gewachsene, stabile Qualität geht oft unter. Kaum jemand symbolisiert die Niederlagen-Serie von "Better Call Saul" deshalb besser als Rhea Seehorn.
Rhea Seehorn als Anwältin Kim Wexler.Bild: AMC
Für ihre Rolle als Anwältin Kim Wexler wurde sie 2022 und 2023 in der Kategorie Beste Nebendarstellerin nominiert – natürlich deutlich zu selten, auf die erste Nominierung hat sie sechs Jahre warten müssen. Und Seehorn gewann, natürlich, keinen der Preise, obwohl sie wegen ihres nuancierten, konzentrierten Stils stets als eine der Favoritinnen ins Feld ging. Auch die Golden Globes ignorierten sie konsequent.
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"Better Call Saul"-Fans waren darüber aufgebrachter als Rhea Seehorn selbst. In einem Interview mit "AV Club" sagte sie 2022: "Ich habe noch nie über jemanden, der in meiner Kategorie nominiert war, gedacht: 'Das ist lächerlich!'" Und dennoch: "Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich mich nicht gefragt habe, wie es wohl sein würde, nominiert zu werden."
Rhea Seehorn kämpfte sich als Working Actor in "Bad Boys 4"
Jede:r wird gerne gesehen und anerkannt. Aber auf Aufmerksamkeit und Anerkennung musste Rhea Seehorn auch abseits von Preisverleihungen lange warten. Erst mit Anfang 40 erhielt sie die große Rolle in dem heißerwarteten "Breaking Bad"-Spin-off.
Viele Schauspieler:innen, vor allem Frauen, haben in dem Alter bereits die Hoffnung auf ihren Durchbruch aufgegeben.
Vor "Better Call Saul" verlief Rhea Seehorns Karriere in Splittern. Sie spielte entweder in kurzlebigen, weniger bekannten Serien mit oder hatte Auftritte in vereinzelten Episoden bekannterer Serien. Sie war praktisch unsichtbar, eine der vielen Working Actors, die im Schatten der Industrie von Job zu Job leben. Die vorderste Streikfront bei Hollywoods Doppelstreik letztes Jahr bestand aus eben diesen unsichtbaren Arbeiter:innen der Filmindustrie.
Unmittelbar vor dem Streik der Drehbuch-Autor:innen sagte Seehorn dem "Hollywood Reporter": "Es schmerzt mich, dass so viele Leute, sogar die Leute, die ich in der Öffentlichkeit treffe, sagen: 'Geht es darum, dass Autoren und Schauspieler eine Million Dollar bekommen, und jetzt wollen sie zwei Millionen Dollar pro Folge?'"
Rhea Seehorn mit ihrem Co-Star Bob Odenkirk in "Better Call Saul".Bild: ap / Greg Lewis
Aber so sieht das Leben von Schauspieler:innen wie Rhea Seehorn schon lange nicht mehr aus, so sah es teilweise noch nie aus. "Wir sind nicht alle in 'Friends' von vor 20 Jahren", sagt sie Anspielung auf die Einkommensverhältnisse, die sich für TV-Stars im Streaming-Zeitalter rasant verschlechterten.
Ist Rhea Seehorns Ausflug in die Blockbuster-Liga von Dauer?
Wenn man Rhea Seehorn 2014 erzählt hätte, sie würde in zehn Jahren als US-Marshal Will Smith und Martin Lawrence in "Bad Boys 4" jagen, hätte sie es nicht geglaubt. Diese Rolle ist das Ergebnis von beständiger Exzellenz, Geduld, Arbeit, aber eben auch Glück. Glück, das viele Schauspieler:innen in der Industrie nicht haben, die dort um ihre wirtschaftliche Existenz kämpfen. Hollywood ist hart und ungerecht.
Vielleicht bleibt es dabei und nach "Bad Boys 4" schlägt sich Rhea Seehorn weiter als TV-Schauspielerin durch. Viele Darsteller:innen landen nur einen einzigen Hit, mit dem sie Millionen Menschen berühren. Aber auch das ist mehr, als 99 Prozent der Schauspieler:innen von sich behaupten können.
Bei "The Masked Singer" geht es mittlerweile wohl nur noch darum, den Absturz einigermaßen abzubremsen. Die ProSieben-Show hat seit längerem Probleme, ihr Publikum zu halten. Dass der Sender den Abwärtstrend nicht tatenlos hinnimmt, zeigt sich in seinem Bemühen, das Format einigermaßen frisch zu halten.