Von links nach rechts: Luke Mockridge, Nizar und Shayan. Bild: imago images / Wirestock
Meinung
12.09.2024, 15:0712.09.2024, 16:32
Irgendwie schien Luke Mockridge ja unverwundbar. Ablehnung bekam er (völlig gerechtfertigt) häufiger zu spüren, doch reale Konsequenzen hatte sein Gebabbel nicht. Bühnen gab es weiterhin, Mikrofone bekam er ebenfalls, Leute kauften Tickets zu seiner Show, völlig egal, was er so von sich gab. Und jetzt: Tour abgesagt, Show eingestampft, Mann am Boden!
Dafür hat es nur zwei ableistische Sprüche beim Podcast "Die Deutschen" gebraucht, die zu tippen schwerfällt, weil sie gebräuchlichen Tastaturen zu blöd sind. Luke setzte bereits ein reumütiges Statement ab, aber die beiden Betreiber des Podcasts waren ruhig. Bis Mittwochabend. Und ja, es ist sehr lehrreich.
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Mockridge-Irrsinn: Comedy darf alles?
In rund zwölf Minuten erklären die beiden Possenreißer Nizar Akremi und Shayan Garcia, warum sie sich von der "woken Cancel Culture" nicht unterkriegen lassen. "Wir werden uns nicht bei daadkjda", pardon, die Tastatur verweigert wieder den Dienst. Es funktioniert aber auch ohne direkte Zitate.
Im Grunde wollen sich die beiden nicht entschuldigen, also nicht bei der Cancel Culture, wie sie nicht müde werden zu betonen. Sie sprechen von einer diffusen Truppe, die moralinsaure Pfeile auf ihre Leiber richtet und Luke Mockridge bereits niedergestreckt hat. Dabei würden sie mit ihren Witzen keine Minderheit ausgrenzen. Das sei wahre Inklusion.
Zusammengefasst: Comedy darf alles und sie lassen sich nicht mundtot machen. Beim ersten Punkt möchte man ihnen fast recht geben. Denn ja, Comedy darf, zumindest innerhalb eines rechtlichen Rahmens (Volksverhetzung und so weiter), wirklich alles. Luke Mockridge sitzt ja nicht in Haft, ein Comeback wird es (sehr wahrscheinlich) ebenfalls geben.
Nizar und Shayan haben zwar Sponsoren für ihren Podcast verloren, spielen aber weiter ihre Tour. Dass die beiden das als kämpferisch verkaufen, ist natürlich Etikettenschwindel. Sie stehen nicht auf einem Diskussionspodium, sie spielen vor einem Publikum, das sie, aus welchen Gründen auch immer, lustig findet.
Und trotzdem: Wenn Comedy alles darf, warum entscheiden sich die drei dann ausgerechnet für flache bis menschenfeindliche Jokes gegen Minderheiten? Vielleicht fehlt für andere Ziele das komödiantische Gespür, vielleicht die Cleverness, vielleicht ist es auch nur Bequemlichkeit. Schließlich sammeln sie ihre Pointen auf der Streuobstwiese. Da sind sie aber nicht mit allein.
Die Deutschen und das Problem mit Comedy
Es ist ein grundsätzliches Problem bei den meisten Comedians, sich nur auf die billigsten Sprüche zu konzentrieren, ohne Rücksicht auf andere. Gibt es Kritik, folgt nur ein schnippisches "Ich lass mir nicht den Mund verbieten". Es besteht die Anspruchshaltung, alles zu sagen, nur weil man auf der Bühne steht und ein paar Deppen lachen.
Und diese Deppen sind dann in der Regel nicht einmal Ziel der Pointen. Stattdessen schießen die Sprüche gegen alles, was von einer angeblichen Norm abweicht. Gerade deshalb lachen die Deppen ja, denn sie denken nach der Show: "Gott sei Dank bin ich normal!" Dabei ist Comedy doch gerade dann interessant, wenn sie sich darüber lustig macht, dass es überhaupt sowas wie eine Norm gibt, statt diese zu verteidigen.
Aber hey! Immerhin haben Nizar und Shayan noch Menschen mit Behinderung zu ihrer Show eingeladen, um mal zu quatschen. Bedingung ist nur, dass sie sich ein Ticket kaufen. Zu der Nummer gibt es bestimmt einen guten Witz zu erzählen, aber bei dem vergifteten Angebot versagt mal wieder die Tastatur.
Millionen Menschen schalten regelmäßig ein, wenn am Sonntag eine neue Folge vom "Tatort" kommt. Die ARD-Krimireihe zählt zu den erfolgreichsten Formaten im deutschen Fernsehen. Die jüngste Folge schauten laut Branchenportal "Dwdl" im Schnitt fast acht Millionen Menschen. Hier verabschiedete sich auch Dagmar Manzel von ihrer Rolle als Kriminalhauptkommissarin Paula Ringelhahn.