Der Prozess gegen Gil Ofarim bestimmt seit rund einer Woche das öffentliche Interesse. Auch am dritten Prozesstag spielte sich einiges rund um die Verhandlungen des Musikers ab. Der 41-Jährige muss sich vor dem Leipziger Landgericht den Vorwürfen der Verleumdung, der falschen Verdächtigung und der falschen eidesstattlichen Versicherung stellen.
Er hatte in einem Instagram-Video vor rund zwei Jahren behauptet, dass ein Mitarbeiter eines Leipziger Hotels ihn antisemitisch beleidigt habe. Der Mann bestreitet die Vorwürfe und verklagte den Künstler deshalb vor Gericht wegen Verleumdung. Am dritten Verhandlungstag sagten nun mehrere Zeugen aus, die von einer Beleidigung Ofarims nichts mitbekommen haben wollen.
Vor allem die Verteidigung konfrontierte einen Zeugen mit brisanten früheren Aussagen. Und schon ganz zu Beginn des Verhandlungstages überraschte die Staatsanwaltschaft mit einer Ankündigung.
Grundsätzlich geht es um den Vorwurf Ofarims, er sei von einem Mitarbeiter des Hotels antisemitisch beleidigt worden. Der Vorwurf von Ofarim: Der Hotelmitarbeiter habe laut Ofarim, der zu diesem Zeitpunkt eine Halskette mit einem Davidsternanhänger getragen haben soll, "Pack deinen Stern ein!" gesagt.
Nun sagten mehrere Zeug:innen aus, sie hätten von dem Vorfall nichts mitbekommen. Sowohl ein Stammgast des Hotels, der in der Warteschlange stand, als auch ein weiterer Zeuge, dessen Kollege direkt mit Ofarim gesprochen hatte, sagte, dass er nicht gehört habe, wie der Hotelmitarbeiter Ofarim aufforderte, "seinen Stern einzupacken".
Ein dritter Zeuge, der direkt hinter Ofarim in der Schlange stand, sagte, dass er nicht gehört habe, was der Hotelmitarbeiter mit dem Künstler besprochen habe. Ofarims Verhalten beschrieb er allerdings als "aufbrausend und aggressiv". "Er war sauer und ist dann auf Konfrontation gegangen", sagte der Mann laut einem Bericht des "Focus". Zu Ofarims Instagram-Video ergänzte er: "Ich kann das nicht bestätigen, ich habe das anders wahrgenommen."
Der Zeuge hatte bereits vor internen Ermittlern des Hotels ausgesagt. Die Verteidiger von Ofarim konfrontierten ihn damit, dass er damals einen der Rechtsanwälte gefragt habe, wie Ofarims Verhalten juristisch zu bewerten sei.
Demnach wollte er wissen, ob der Vorwurf von Ofarim eine Art "Volksverhetzung" sei. "Nach meinem Gefühl ist das das gleiche, als wenn ich sagen würde 'Alle Juden müssen vergast werden'", soll der Zeuge damals gesagt haben. Dieser fühlte sich nun in einem "falschen Licht" dargestellt. Für ihn gebe es "nichts Schlimmeres als den Holocaust." Eine Kette an Ofarim will er nicht bemerkt haben.
Eine Zeugin, die Ofarim nach dem angeblichen Vorfall am Ausgang des Hotels gesehen hat, sagte aus, der Künstler habe "sehr verzweifelt" gewirkt. "Vielleicht ist jemand aus der Familie gestorben, dachte ich, oder seine Freundin hat ihn verlassen. Er hatte ein Handy in der Hand. Er tat mir leid. Er sah unglücklich aus." Eine Halskette mit einem Davidstern will sie an ihm aber nicht bemerkt haben.
Nachdem der Richter den Verhandlungstag bereits für beendet erklärt hatte, meldeten sich plötzlich Ofarims Verteidiger zu Wort. Sie wollten Daten auf einem USB-Stick als Beweismittel einbringen lassen. Der Stick solle in den kommenden Tagen ausgewertet werden, entschieden die Richter.
Während es an früheren Verhandlungstagen Probleme mit Mikrofonen gegeben hatte, die nicht funktionierten, funktionierte auch am dritten Prozesstag die Technik nicht wie erwartet. Als die Verteidigung von Ofarim einen Grundriss der Lobby auf eine Leinwand projizieren wollte, klappte das nicht wie gewünscht.
Und schon gleich zu Beginn des Verhandlungstages hatte es noch eine brisante Entwicklung gegeben: Ein neuer Zeuge hatte sich am Abend zuvor bei der Staatsanwaltschaft gemeldet. Der habe sich durch die Berichterstattung rund um den Prozess daran erinnert, dass er am Tag des mutmaßlichen Vorfalls in dem Hotel war und beim Check-in hinter Ofarim stand. Auch dieser Zeuge will von dem fraglichen Satz allerdings nichts mitbekommen haben.