Der 37- Jährige Tobias Hansch konnte die erste Frage des Abends am schnellsten beantworten, nur 4,22 Sekunden brauchte er für die richtige Sortierung des Silvesterdatums 31.12. Aber die Freude darüber währte kaum fünf Minuten, denn kurz nachdem er auf dem Stuhl gegenüber von Günther Jauch Platz nahm, musste er ihn auch schon wieder verlassen. Die 100-Euro-Frage, was einem in Dithmarschen buchstäblich auf jeden Fall begegnen könnte, beantwortete der Elektrotechniker und Betriebsrat beherzt falsch.
Die Antwortmöglichkeiten A) Drecksack, B) Arsch, C) Schweinehund oder D) Wichser ließen den Patchwork-Papa von fünf Kindern darüber nachdenken, dass es nur die Schweinehunde sein können, weil in der Region ja recht viel Schweinezucht betrieben wird. Dass es darum ging nach dem Wortbestandteil zu gucken, darauf kam er nicht.
Jauch fragte, nachdem er die Antwort einloggte, noch recht irritiert: "Wo sind Sie denn unterwegs?", aber da war das Kind selbstverständlich schon in den Brunnen gefallen. Günther Jauch, sowieso nicht für große Emotionen bekannt, gab sich recht schmallippig. Es gäbe "schlimmere Schicksale", als mit 0 Euro nach Hause zu gehen, obwohl das "nach langer Zeit" mal wieder der Fall gewesen sei.
Aber, so Jauch, "betreutes Gewinnen ist es bei uns nicht!". Den restlichen Abend verwies der Moderator immer wieder auch Tobias Hansch und seine O-Euro-Pleite, was irgendwie an ungutes Nachtreten erinnerte.
Das betrieb auch Kandidatin Sylvia Kooymans. Schon bevor die erste Frage gestellt wurde, klagte sie Günther Jauch ihr Leid darüber, dass sie vier Söhne aber "zum Glück nur eine Tochter" hat. "Ja, meine Tochter Julia ist sehr nett und lieb, aber eben auch anstrengend, wie Mädchen halt so sind", sagte Kooymans ungerührt und stellte Behauptungen auf, die wie aus längst überwunden geglaubten Zeiten klingen, als Frauen vor allem sittsam und unanstrengend zu sein hatten.
Es bleibt die Frage, wieso Eltern glauben, auf diese Art in der Öffentlichkeit über ihre Kinder sprechen zu müssen. Vermutlich findet die Tochter das Leben mit einer Mutter, die sie als "anstrengend" bezeichnet, weil sich das Kind, wie die Mutter berichtete, nicht einfach nur Klamotten anziehen ließ, wie die Brüder, auch nicht immer ganz einfach. Sylvia Kooymans berichtete im Laufe der Sendung auch, dass eine einjährige Auszeit als die Tochter in den USA war, die Beziehung etwas verbessert hätte.
Nach der Geburt der inzwischen 20-jährigen Julia hätte Kooymans noch einen Sohn bekommen, und beglückwünschte sich dazu, dass es eben nur das eine Mädchen bei ihr zuhause gäbe. Ihre Begleitung, ihr zweite Mann, der sei für die Tochter "verantwortlich". Das irritierte kurz, denn es sollte davon ausgegangen werden, dass der Sohn, der danach geboren wurde, wohl auch von eben diesem Vater sei.
Für Kooymans war das nicht so wichtig wie das Rumreiten darauf, wie furchtbar es sei, dass ihre Tochter weiterhin zuhause leben würde und ihren Vater "im Griff" hätte. Man möchte hoffen, dass diese zur Schau gestellte fragwürdige Mütterlichkeit eher der Aufregung vor der Sendung geschuldet ist.
Immerhin, für den Telefonjoker zweite Wahl hat es dann doch noch gereicht. Auf die Frage, wie das neue Udo Lindenberg Album heißt, wusste der eigentlich gewählte Telefonjoker nicht die richtige Antwort. Als Kooymans sich entschied, dann nicht zu zocken sondern aufzuhören, bot Günther Jauch an, doch mal die Tochter anzurufen, nur fürs Gespräch, denn die Fragerunde war ja bereits beendet. "Ich hätte jetzt gern eine Familienaufstellung gemacht", meinte der Moderator und Kooymans wies sofort daraufhin, dass ihre Tochter genau Bescheid wisse, wie die Mutter über die Tochter denkt.
Übrigens, nach der Show meldete sich Kandidatin Kooymans im Gespräch mit der "Bild" zu Wort und bekräftigte, dass zwischen ihr und Tochter Julia alles in Ordnung sei: "Wir wissen beide, wie wir sind. Wenn ich meiner Tochter mal sage, dass sie schwierig ist, dann sagt sie, dass das stimmt. Und ich ja wissen muss, woher sie das hat."
Als Telefonjoker Julia dann ans Telefon ging, legte Jauch direkt nach und meinte, dass die Mutter ja "ein richtiger Fan von Ihnen" sei. Die Meinung über den Ehemann scheint aber auch nicht viel besser zu sein, den hatte sie nicht als Telefonjoker sondern als Begleitung mitgenommen, weil "der hat ja von nix ne Ahnung". Die schließlich erratenen 16.000 Euro wollte Kooymans zunächst unter den Familienmitgliedern aufteilen, überlegte dann aber, ob es nicht doch sinnvoller in die Hausrenovierung investiert sei. Immerhin würden bei der Heizungsreparatur ja alle profitieren.
Apropos Renovierung, da schienen Jauch und die Frau aus Höxter ein gemeinsames Thema gefunden zu haben, minutenlang fachsimpelten sie über Ölheizungen und Instandhaltungen. "Wir müssen die Baustelle mal zusammen abgehen und Mängel rügen", bot er daher an. Überhaupt war er bei den Frauen in der Sendung deutlich nachlässiger. Während der erste Kandidat mit 0 Euro nach Hause gehen musste, half er bei Manuela Buhmann deutlich mehr nach, als sie auf dem Schlauch stand. Vielleicht, weil sie wirklich unsicher wirkte und dazu noch so aufgeregt, dass sie nach einem Schnaps verlangte.
Die Antwortmöglichkeiten auf die Frage, was eine flippige Freundin am Telefon antworten würde, wenn man sie nach ihrer aktuellen Haarfarbe fragen würde, führten zu Irritationen bei der Kandidatin. A. Ju gendstil, B. Bie dermeier, C. His tourismus oder D. Grün. Sie spielte anschließend mit Jauch das Telefonat nach und kam trotzdem nicht auf die richtige Antwort.
An der Stelle zeigte sich dann aber auch mal wieder, wie gut der Moderator die absurden Antworten vortragen kann, dass die Ratenden nicht auf die Lösung kommen. Als Jauch dann fragte, ob Jugendstil denn eine Farbe sei, dämmerte es bei der Chemielaboratin. "Ach, ist das grün?", fragte sie und erntete damit große Lacher aus dem Publikum. Die 300-Euro-Frage war damit also richtig beantwortet.
Bis zur 8000-Euro-Frage kam Buhmann ganz gut durch, aber dann zockte sie, ohne die Antwort zu kennen. Sie lag falsch und fiel zurück auf 500 Euro. Bei der Abmoderation lobte Jauch sie dennoch, "Tobias Hansch hat 0 Euro gewonnen, bitte, da sehen Sie doch noch gut aus."
Die anderen beiden Kandidaten gewannen 16.000 Euro bzw. 64.000 Euro und zeigten: Es wäre mehr drin gewesen. Aber so kamen in dieser "Wer wird Millionär"- Ausgabe zur Abwechslung mal fünf der sechs Kandidaten und Kandidatinnen auf den Stuhl und konnten mit unterschiedlichem Erfolg ihr Wissen und ihren Charme unter Beweis stellen. Hilft nicht beim Raten und meistens auch nicht bei Günther Jauch, ist aber im Zweifelsfall ganz gut fürs eigene Wohlbefinden und fürs Karma, nicht über Partner, Partnerinnen oder Kinder zu lästern.