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Mitte September hat Stefan Raab seine 2015 selbst gewählte TV-Abstinenz beendet. Und überraschend angekündigt, seine wöchentliche Sendung "Du gewinnst hier nicht die Million" beim Streamingdienst RTL+ zu moderieren. Das sorgte für Rekordzugriffszahlen. Anfangs zumindest.
Doch mit wachsender Laufzeit schwächelte die Quote. Immer wieder gibt es wechselnde Moderatoren für den Spiele-Teil der Sendung, die eine Mischung aus "TV Total", "Wer wird Millionär" und "Schlag den Star" ist. Nach Elton, Jan Köppen, Sophia Thomalla, Frauke Ludowig und dem ehemaligen Fußballer und Sport-Experten Erik Meijer war in der achten Ausgabe ein ganz besonderer Moderator an der Reihe.
"Nicht nur eine kleine, sondern eine große Sensation", kündigt Stefan Raab ihn an. Es werde eine "Mördersendung", denn der Moderator heißt Thomas Gottschalk.
Gottschalk hat mit "Wetten, dass..?" Legendenstatus erreicht, ist 74 Jahre alt und hat gerade seine Biografie "Ungefiltert: Bekenntnisse von einem, der den Mund nicht halten kann" veröffentlicht. "Für sie nur das Beste – ist doch klar", sagt Raab zu seinen Zuschauern. Um dann doch klarzustellen, dass Gottschalk "der zweitbeste Entertainer Deutschlands" sei. Natürlich nach ihm selbst.
Aber vorher witzelt sich Raab durchs Stand-up. Er habe schon alle Geschenke für Weihnachten, behauptet er. In der RTL-Familie würden sie immer sagen: "Wir schenken uns nichts". Und er halte sich dran, als einziger.
Raab bekennt, dass er Fan von Weihnachtsmärkten sei und dem besonderen Geruch von "Glühwein, Mandeln und frisch Erbrochenem". Und auf die 1-Euro-Glühwein-Weihnachtsmarkt, den Aldi auf einigen seiner Parkplätze angekündigt hat, freue sich einer schon ganz besonders: "Til Schweiger steht schon in den Startlöchern." Der Schauspieler erregte schon mehrfach mit seinem Alkoholkonsum Aufmerksamkeit.
Einen weiteren Häme-Schwerpunkt setzt Raab dann bei "My Style rocks". In der Sendung auf Sport 1 präsentieren Kandidatinnen ihren Style einer Jury unter anderem mit Harald Glööckler. Der Modeschöpfer betritt zu Beginn der von Gülcan Kamps moderierten Show die Bühne seltsam hüfteschwingend und mit den Armen tanzend. Raab stellt fest:
"Ich kenne Menschen, die von 50 Hornissen gleichzeitig gestochen wurden und die hatten weniger Gesicht als Harald Glööckler", urteilt Raab weiter über den Modeschöpfer, der viele Schönheitsoperationen sichtlich auch im Gesicht hat durchführen lassen.
Glööckler fasziniert Raab. Vor allem seinen Tanz. Der Moderator erzählt, dass er ihn ausprobiert hat und lässt sich mehrfach vom Publikum bitten, ihn zu zeigen, ziert sich aber künstlich und sagt, er würde nur tanzen, wenn die Moderatorin der Show, Gülcan Kamps, ihn ansagen würde. "Aber das macht sie nicht, weil sie Angst hat, dass sie sonst bei Glööckler rausfliegt."
Und dann tritt, ganz zufällig, Gülcan Kamps aus den Kulissen. Raab zieht sich um und kommt als Glööckler-Karikatur auf die Bühne: mit tiefschwarzer Perücke, Bart und aufgeklebten Dick-Lippen. Schwarze Weste auf nacktem Oberkörper.
Ein weiteres Witze-Opfer: Modern-Talking-Sänger Thomas Anders, der in einer Sendung seine neue Gewürzreihe "Anders würzen" vorstellt. Geschmacksrichtungen unter anderem "Brathähnchen Mediterraneo" oder "Pommes Riviera". Raab schlägt ihm weitere, an Songs angelehnte Gewürzrichtungen vor: "Curry Curry Lady" oder "Geronimo‘s Schweinemett" angelehnt an die Titel von Modern-Talking-Hits.
Die US-Wahl handelt Raab hingegen mit kurzen Witzclips von Wrestling bis Halloween und Ausschnitten von der Wahlberichterstattung ab, inklusive Ingo Zamperonis "Donald Duck ... Trump"-Versprecher. Und er wirbt noch für die Teilnahme am Vorentscheid für den deutschen ESC-Teilnehmer, den er wieder organisiert.
Und dann kommt Thomas Gottschalk. "Er ist ein Newcomer, geben wir ihm eine Chance", schwört Raab seine Zuschauer scherzhaft auf den Altmeister ein. Mit Schlaghosen, blauem, jeansartigem Outfit kommt er, schüttelt die Hände stehender Zuschauer im Vorbeigehen. "Setzt euch wieder hin, Mensch."
Es ist ein Treffen der Entertainment-Alphas. Raab ist nur überraschende 17 Jahre jünger, wie er selbst feststellt. Raab: "Herzlich willkommen." Gottschalk: "Schön, dass ich da bin."
Gottschalk hat in letzter Zeit immer wieder klargemacht, dass er mit deutlich jüngeren Unterhaltern und Influencern wenig am Hut hat. Anfangs schießt er gleich gegen Gülcan Kamps. "Einmal in derselben Show wie Gülcan Kamps auftreten – mir graust es vor gar nichts mehr.“ Insgesamt findet er: Heute könne man vielleicht zu schnell Erfolg haben, auch wenn man eigentlich nichts könne.
Und dann schießt er gegen Gastgeber Raab, der sich mittlerweile von seinem Glööckler-Outfit wieder in seine normalen Klamotten geworfen hat: aufgeknöpftes Hemd mit T-Shirt und Jeans. "Ich habe noch nie erlebt, dass sich jemand im Fernsehen umzieht und dann so aussieht", spottet Gottschalk. "Bei Klamotten schlage ich Dich nicht", gibt Raab ziemlich defensiv zu und Gottschalk legt nach, indem er über Raabs legendär künstlich wirkendes Gebiss lästert:
Während Gottschalk mit dem Heute hadert, wo jeder auf X, vormals Twitter, einen Shitstorm anzetteln könne, findet Raab: "Ich habe das Gefühl, wir leben in einer Zeit, die besser nie gewesen ist."
Jeder könne alles veröffentlichen in den sozialen Medien, einen Fernsehsender brauche man dafür nicht mehr. Ein nachdenklicher Gottschalk gibt zu, dass er vielleicht das "Herrschaftsmodell" vermisse, wo nur ausgewählte Leute wie er einen Kanal hatten: "Scheiße, heute darf jeder."
Nach diesen nostalgischen Überlegungen kommen die Kandidaten und der Spiele-Teil der Sendung beginnt. Erste Kandidatin wird Tamara, 31, aus Leverkusen, Vertriebsleiterin bei einer Bankengesellschaft. Sie sammelt japanische Pokémonkarten, geht auf Helene-Fischer-Konzerte, schraubt an Autos herum und hat zwei Katzen. Sie kennt die Länge eines Marathons und weiß, dass die derzeit angesagte Süßigkeit Dubai Schokolade heißt.
Sie schafft es so von der Fragerunde ins erste Spiel, das dann Gottschalk moderiert. Gezeigt werden alte Fotos von Bands, das bekannteste Mitglied ist herausretouschiert. Bei Queen fehlt zum Beispiel Freddie Mercury, bei Coldplay Chris Martin und bei den Beatles Paul McCartney. Die Studio-Band spielt die "Wetten, dass...?"-Melodie, Gottschalk grinst.
Am Ende gewinnt Stefan Raab knapp und es geht zum nächsten Kandidaten. Mark, 37, Lebensmitteltechniker aus Essen. Er weiß, dass man die Goldene Hochzeit nach 50 Jahren feiert und dass die mexikanische Währung Peso heißt. Und so tritt er im "Cornhole" gegen Raab an. Beide werfen also Sandsäckchen auf ein Loch in einer Rampe.
Gottschalk kündigt an, dass bei diesem Spiel Kommentator Corni Küpper nicht allzu viel zu sagen haben werde, er übernehme das. "Aber er kann mal jemanden grüßen", kanzelt er den jungen Kollegen frech ab. Der spielt mit und grüßt tatsächlich "Meine Mama, Papa Hansi und Tante Rita."
Als sich das Spiel hinzieht, scherzt Gottschalk, der für maßloses Überziehen der Sendezeit bekannt ist: "Da siehste, wie schnell man überziehen kann." Raab kontert: "Das ist hier egal, das ist Streaming, da kannst Du vorspulen – das gab es damals noch nicht." Aber am Ende gewinnt Raab gegen den Kandidaten noch in den normalen anderthalb Stunden Sendezeit.
(Ark)
